Abgeordnetenhaus von Berlin - 10. Wahlperiode
63. Sitzung vom 26. November 1987
Dr. Lehmann-Brauns
5. Die Diskussion um das neue Mietrecht wird fort
geführt, Den Mietern soll geholfen werden durch, ich
zitiere, durch „enge Kooperation mit der BVV“.
Wegen der Fehlbelegungsabgabe rennen Sie offene
Türen ein; ich erinnere an die Beschlußempfehlung des
Hauptausschusses vom 19. November aufgrund eines
Antrags meiner Fraktion.
(m übrigen wird eine öffentliche Gebäudeüberwa
chung beantragt zur „Kontrolle des Instandhaltungs
zustandes“. Hier empfiehlt sich eine auch sprachliche
Überarbeitung, um entstehende Ähnlichkeiten mit autori
tären Gesellschaftsformen zu vermeiden.
6. Was die Forderungen für den Schulbereich an-
gehen, empfehlen wir die Lektüre unseres Entschlie
ßungsantrages und die viel genauere, kiezbezogene
Analyse unserer zur Schulsituation in Kreuzberg erarbei
teten Papiere. Die Berliner Problemgebiete werden durch
folgenden Satz nicht gebessert:
Gemeinwesenarbeit in den Schulalltag zu integrie
ren und die Schule für Kooperationen mit Einrichtun
gen vor Ort und neuen Aufgaben zu öffnen.
7. Im gesundheitspolitischen Teil fällt den Sozialdemo
kraten nichts weiter ein, als den Senat aufzufordern,
seinerseits „konkrete Vorstellungen vorzulegen“.
8. Der Kulturteil des Antrages ist offenbar ohne Zusam
menarbeit mit den Kulturverantwortlichen der Sozial
demokraten geschrieben worden. Wenn etwa vorge
schlagen wird, „Kulturwerkstätten zu betreiben, deren
Aufgabe es ist, aktivierende Anforderungen und Ange
bote zu entwickeln sowie das Bürgerrecht auf Kultur zu
realisieren“, so steckt nichts anderes dahinter als eine
sich hinter abstrakten Leerworten verbergende Hilflosig
keit.
Insgesamt kann sich niemand dagegen wehren, daß
der Antrag in die jeweils zuständigen Ausschüsse über
wiesen wird. Dann bleibt Zeit für die Antragsteller, ihre
Vorstellung weiter zu konkretisieren und mit der Realität
der Stadt in Einklang zu bringen.
Gibt es weitere Wortmeldungen? - Herr Seiler!
Seiler (AL): Meine Damen und Herren, ich will Sie kurz vor
Schluß hier noch drei Minuten aufhalten, um ein paar Anmerkun
gen zu dem zu machen,
[Glocke des Präsidenten]
was die SPD-Fraktion als Antrag eingebracht hat.
Das Programm zur Stärkung der Stadtstruktur entpuppt sich ja
sehr schnell als Kiez-Programm; so ist es gemeint, Sie nennen
es dann „Programm zur Stärkung der innerstädtischen Misch
gebiete“ - der Gemengelage, wie das so schön bei Ihnen heißt.
Nun gibt es sicherlich ganz spezifische Kiez-Probleme in den
innerstädtischen Gebieten, aber die sind von überregionalen
Problemen überlagert; und beim Lesen Ihres Programms hat
man ein wenig den Eindruck, daß Sie den Problemen dort ganz
ausschließlich mit kiezspezifischen Lösungen zu Leibe rücken
wollen - jedenfalls sieht es in der Formulierung so aus. Das ist
ein bißchen zu hoch gegriffen. Wenn die Probleme, die sich
gerade in SO 36 so gravierend gezeigt haben, gelöst werden
können, dann nur im Zusammenwirken überregionaler und kiez
spezifischer Ansätze, jedenfalls nicht allein durch ein Kiez-Pro-
gramm.
Wenn Sie aber schon einmal so eines vorlegen, dann will ich
dazu ganz kurz Stellung nehmen.
Wir sind der Auffassung, daß dieses Programm in einigen
Punkten - sagen wir einmal - etwas riskant ist, weil es nämlich
Programmpunkte beinhaltet, mit denen man in der Vergangen
heit nicht sehr gute Erfahrungen gemacht hat. In dem Bereich
der Arbeifsmarktpolitik bedeutet das, was Sie vorschlagen, über
wiegend eine Ausdehnung dessen, was man „zweiter Arbeits
markt“ nennt. Nun ist aber der „zweite Arbeitsmarkt“ in Berlin
schon groß genug und hat eher Löcher gestopft anstatt Pro
bleme gelöst, deshalb wäre an diesem Punkt zunächst einmal ein
großes Fragezeichen anzubringen.
Das gleiche gilt für den Bereich der Kultur- und Sozialpolitik.
Dort sind Sie überwiegend mit einer Ausdehnung des öffent
lichen Dienstleistungsangebots zugange; da fehlen uns ein
wenig die Punkte, die auf die Organisation der Betroffenen
selbst hinführen. Da wird man mit öffentlichen Maßnahmen in
Form von klassischen Dienstleistungen wahrscheinlich so sehr
weit nicht kommen.
Einen dritten Punkt will ich noch ansprechen: Das ist der
Bereich der Mieten- und Wohnungspolitik. Da haben wir Zweifel,
ob die traditionellen Instrumente sowohl der Gewerbeförderung
- sprich: Gewerbeförderungsanstalt - als auch des Wohnungs
baues - sprich: sozialer Wohnungsbau - bei diesen kiezspezifi
schen Problemen greifen. Wir sind eher der Auffassung, daß
ganz andere Formen sowohl der Eigentumsbildung als auch der
Lösung von Gewerbeproblemen angepackt werden müssen.
Ich vermute, daß alle anderen Fraktionen dieses Hauses zu
just diesem Problem, das Sie ansprechen wollen, auch Pro
gramme einbringen werden.
[Dr. Lehmann-Brauns (CDU): So ist es!]
Es gibt allenthalben Kommissionen und Gutachten; und wir wer
den in den Beratungen in den Ausschüssen und in der abschlie
ßenden Schlußberatung hier im Haus sehen, wo die Gemein
samkeiten und die Unterschiede liegen. - Danke schön!
[Beifall bei der AL]
Stellv. Präsident Longolius: Es liegen keine weiteren Wort
meldungen vor. Insgesamt sind vier Überweisungen beantragt
worden, und zwar an den Ausschuß für Stadtentwicklung und
Umweltschutz, der die Federführung erhalten soll, an den Aus
schuß für Wirtschaft und Arbeit, an den Ausschuß für Jugend
und Familie sowie an den Hauptausschuß. Wenn Sie dem folgen
wollen, dann bitte ich um Ihr Handzeichen. - Gegenprobe! -
Enthaltungen? - So beschlossen!
Lfd. Nr. 20, Drucksache 10/1846:
Antrag der Fraktion der SPD über Ideenwett
bewerb für das Parkhaus der TFH und das anlie
gende Wohnquartier
Wortmeldungen liegen nicht vor. Hier wird die Überweisung an
den Ausschuß für Stadtentwicklung und Umweltschutz - feder
führend - und an den Ausschuß für Verkehr und Betriebe emp
fohlen. Wenn Sie das auch wünschen, dann bitte ich um Ihr
Handzeichen. - Danke, so beschlossen!
Lfd. Nr. 21, Drucksache 10/1847:
Antrag der Fraktion der SPD Uber Schutz für asyl
suchende Frauen
Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Der Ältestenrat empfiehlt die
Überweisung an den Ausschuß für Frauenfragen - federfüh
rend - und an den Ausschuß für Ausländerfragen. Wenn Sie
dem folgen, dann bitte ich um Ihr Handzeichen. - Danke, auch
das ist so beschlossen.
Lfd. Nr. 22, Drucksache 10/1848:
Antrag der Fraktion der SPD über Leitlinien zur
zukünftigen Wohnungsbauförderung in Berlin
Es gibt keine Wortmeldungen. Hier wird die Überweisung an
den Ausschuß für Bau- und Wohnungswesen und an den Haupt-