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Volume Nr. 63, 26. November 1987

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1987, 10. Wahlperiode, Band IV, 50.-67. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 10. Wahlperiode 
63. Sitzung vom 26. November 1987 
Landowsky 
- Herr Kollege Wagner! Warum gelingt es Ihnen eigentlich nicht, 
mir so ruhig zuzuhören, wie wir Ihnen zugehört haben? Ihre 
Sprache war viel unangemessener als die meine! 
[Beifall bei der CDU und der F.D.P. - Protestrufe 
von der SPD und der AL] 
Wir werden die Debatte der Arbeitsplatzentwicklung - das An 
gebot mache ich Ihnen -, diese Debatte zu den Arbeitsplätzen 
genau in zwei Wochen führen, wenn wir die Haushaltsdebatte 
hier in diesem Hause haben. Wir werden lange und nicht nur in 
Fünf-Minuten-Abständen mit Ihnen darüber reden können. Wir 
werden Ihnen auch sagen - Sie haben die Presseerklärung eben 
gelesen -, daß durch das Engagement unserer Senatsmitglieder 
und durch ein letztes Gespräch des Regierenden Bürgermei 
sters mit Herrn Stoltenberg von heute vormittag der Abbau der 
Berlinförderung auf 800 Millionen DM vermindert werden 
konnte. 
[Momper (SPD) Auf 800 Millionen, ein Skandal! 
Es ist ungeheuer, das für einen Erfolg zu verkaufen!] 
- Genau, Herr Kollege Momper! Das ist ein Erfolg, wenn man die 
Diskussion kennt. Und schauen Sie einmal in Ihre eigene Frak 
tion! Wo sind denn die großen Förderer der Sozialdemokratie für 
die Wirtschaftsförderung? 
[Unruhe - Glocke des Präsidenten - anhaltende Zurufe - 
starke Unruhe bei der SPD und der AL] 
- Herr Präsident! Wenn die Hälfte der Begründung meiner Zeit 
durch die Zwischenrufe — 
[Anhaltende Unruhe - Glocke des Präsidenten] 
Präsident Rebsch: Meine Damen und Herren! Ich bitte nun 
mehr, den Abgeordneten Landowsky gegen die Aktualität der 
anderen Themen für eine Aktuelle Stunde sprechen zu lassen. 
Landowsky (CDU): Ich habe Ihnen das Angebot gemacht, 
ein Thema, das wir als sehr wichtig empfinden, in 14 Tagen wäh 
rend der Haushaltsdebatte ausführlich zu diskutieren, und zwar 
nicht nur in Stichworten, wie Sie das heute wollen, um heute das 
Thema diskutieren, mit dem Sie monatelang Horrorszenen an die 
Wand gemalt haben, nämlich die Altbaumieten-Entwicklung in 
der Stadt. 
[Beifall bei der CDU und der F.D.P.] 
Da haben Sie sich einen Kampagnenbeauftragten geleistet, 
Hunderttausende von Menschen verrückt gemacht, 
[Zurufe von der AL] 
und dann ist das Sensationelle passiert: 
[Erregte Zurufe von der SPD und der AL - 
Glocke des Präsidenten] 
Vermieter, Senat und Mieterverbände haben sich auf einen 
Mietspiegei geeinigt! Und das, meinen Sie, sei nicht aktuell, ob 
wohl in fünf Wochen dieser Mietenspiegel wirksam wird! 
[Zurufe des Abg. Goryanoff (AL)] 
Sie geben sogar noch Geld aus für Telefonberatung! Entweder 
ist die Sache aktuell, dann müssen wir sie heute diskutieren, 
oder sie ist nicht aktuell, 
[Goryanoff (AL): Sie haben von der Sache 
keine Ahnung!] 
- Schreien Sie doch nicht so herum! -, dann können Sie Ihre 
Kampagne einstellen. 
[Beifall bei der CDU und der F.D.P.] 
Also, lange Rede, kurzer Sinn: Wir wollen beides! 
[Zurufe von der AL und der SPD] 
- Und warum lachen Sie dabei? - Wir wollen beides! 
[Zuruf von der SPD: Sie lachen auch!] 
Wir wollen über die Arbeitsplatzentwicklung in Berlin reden - 
in 14 Tagen, wenn wir die lange Haushaltsdebatte haben, und 
wir wollen heute endlich zu einer Klarstellung kommen, damit 
diese Horrorszenen über den Mietspiegel aus der Welt sind, 
denn die Mieter müssen nach der heutigen Sitzung wissen, daß 
auch ab 1. Januar oder 1. April die Altbaumieten bezahlbar blei 
ben. Das sind wir den Altbaumietern schuldig, und Sie haben 
monatelang darum gebeten, diese Diskussion zu führen. Jetzt 
liegt der Mietspiegel vor, und nun bekommen Sie die Diskussion, 
und nun wollen wir sie auch haben. 
[Beifall bei der CDU und der F.D.P.] 
Präsident Rebsch: Das Wort hat nunmehr der Abgeordnete 
Seiler. 
Seiler (AL): Meine Damen und Herren! Herr Landowsky, Sie 
wissen, daß Ihr Angebot, in zwei Wochen über die ökonomische 
Situation in der Stadt hier zu sprechen, keines ist. Erstens wis 
sen Sie genauso wie jedes andere Mitglied dieses Hauses auch, 
daß die Haushaltsdebatte auch über die gegenwärtigen ökono 
mischen Situation breit geführt werden wird. Und zweitens ist 
Ihre Einladung, sozusagen eine ökonomische Debatte im Rah 
men der Haushaltsberatung zu führen, gar nicht notwendig, denn 
auf dieses Thema, da können Sie Gift nehmen, werden wir 
sowieso zu sprechen kommen. 
[Beifall bei der AL und der SPD - 
Dr. Lehmann-Brauns (CDU); Er nimmt aber kein Gift!] 
Und wenn Sie sagen, die CDU lasse sich in ihrer Fürsorge für die 
Arbeitnehmerschaft in dieser Stadt von niemandem übertreffen, 
dann muß ich doch zumindest feststellen, daß Sie das berechtig 
te Interesse der Beschäftigten von SEL, der Beschäftigten von 
Siemens, der Beschäftigten von DeTeWe und, und heute hier 
über deren Zukunft zu sprechen, über deren Arbeitsplätze, daß 
Sie dieses berechtigte Interesse mit Füßen treten. 
[Beifall bei der AL und der SPD - 
Dr. Lehmann-Brauns (CDU): Und die Mieter?] 
Sie wollen statt dessen den Mietspiegel diskutieren. 
[Landowsky (CDU): Aber das ist aktuell!] 
Wir haben über Mietpreisbindung in diesem Haus in den ver 
gangenen Wochen und Monaten wiederholt gesprochen, und 
das Aktuelle am Mietspiegel ist nicht etwa, daß er vorliegt - da 
gibt es keine Aktualität. Das Interessante am Mielspiegel ist, ob 
er sich in der Zukunft als tragfähig erweisen wird! Das ist aber 
Spekulation, und das ist keine Aktualität. 
[ Beifall bei der AL] 
Aktuell in dieser Debatte sind die heraufziehenden ökonomi 
schen Mißerfolge dieses Senats, und von dieser Debatte wollen 
Sie mit dem Mietspiegel ablenken. An diesen ökonomischen 
Mißerfolgen tragen vor allem zwei Punkte die Schuld. 
1. Die Innovationspolitik des Senats ist auf die Wirtschafts 
struktur nicht durchgeschlagen. Es hat Vorzeigeprojekte gege 
ben mit TIP, mit BIG und mit INPRO und, und, aber der Funke ist 
nicht übergesprungen; die Berliner Wirtschaft ist nach wie vor 
eine verlängerte Werkbank. Und wenn die Post auf neue Tele 
kommunikation umsteigt, krachen hier die Arbeitsplätze weg. 
Das ist die Grundsubstanz dieser Wirtschaftpolitik, eben ihr 
Mißerfolg. 
Und der zweite Punkt des Mißerfolgs - und das sollte hier zur 
Sprache kommen -, ist, daß die Großunternehmen wie Siemens 
und SEL und andere diese Stadt nach wie vor nicht mögen. Sie 
mögen sie nicht wegen ihrer geographisch-politischen Nach 
teile, und zwar genauso wie in den 50er, den 60er und den 70er 
Jahren. Und an dieser Version der Großunternehmen gegen Ber 
lin hat das noch so bunte und grelle Licht, in das der Senat diese 
Stadt tauchen wollte, nichts geändert, nichts geändert I Ansteht 
die Umstrukturierung, weg von den Großunternehmen, weg von 
denen, die in dieser Stadt wirklich regieren, im Gegensatz zu den 
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