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Volume Nr. 50, 29. April 1987

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1987, 10. Wahlperiode, Band IV, 50.-67. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 10. Wahlperiode 
50. Sitzung vom 29. April 1987 
(A) Kapek (AL): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die 
AL hatte beantragt, daß der Senat beauftragt wird, ein Land 
schafts- und Artenschutzprogramm für die Brachflächen in Berlin 
aufzustellen. Der Ausschuß für Stadtentwicklung und Umwelt 
schutz hat diesen Antrag mit der Begründung abgelehnt, daß 
über das Landschaftsschutzprogramm bzw. über die Arten 
schutzverordnung diesem Problem Rechnung getragen wird. 
Wir sehen dies nicht so, weil aus aller Erfahrung, die wir mit 
der Auslegung des Flächennutzungsplans und des Landschaffs 
schutzprogramms gemacht haben, wir ersehen können, daß hier 
der Ffächennufzungsplan als Leitplanung gesehen wird und das 
Landschaftsschutzprogramm nicht gleichberechtigt zum Flä 
chennutzungsplan ist. 
Das bedeutet in der Konsequenz, daß alle Freiflächen in West- 
Berlin - Brachflächen wie das Südgelände - eigentlich gefähr 
det sind. Es macht sich an dem Beispiel des südlichen Schi 
chauweges klar. Dieses Gebiet ist im Landschaftsschutzpro 
gramm als Grünfläche ausgewiesen, im Flächennutzungsplan 
nach wie vor aber als Industriefläche, obwohl sich die BVV lern- 
polhof einstimmig dafür ausgesprochen hat, obwohl sich das 
Bezirksamt Tempelhof einstimmig dafür ausgesprochen hat, 
obwohl sich viele Tempelhofer und Tempelhoferinnen für die 
Ausweisung als Grünfläche ausgesprochen haben. 
Der AL-Antrag beinhaltete lediglich, daß der Senat ein Pro 
gramm darüber vorlegen soll, was er da tun will. Mit der Ableh 
nung dieses Antrags sehen wir - besser gesagt: vermuten wir -, 
daß dort überhaupt keine Konzeption vorhanden ist. Wenn eine 
Konzeption da wäre, dann wäre es überhaupt kein Problem 
gewesen, diesem Antrag zuzustimmen. 
Ich beziehe es noch einmal auf das Südgelände: Auch mit 
dem Südgelände hat der Senat Pläne, die unseres Erachtens 
nicht mehrheitsfähig sind. Ich nenne noch die Nord-Süd-Verbin- 
dung und Teile mit der Ausweisung als Industriefläche bzw. 
Gewerbefläche. In diesem Gebiet haben wir seltene Pflanzen, 
(B) vom Aussterben bedrohte Pflanzen, seltene, vom Aussterben be 
drohte Tiere. Hier ist Handlungsbedarf, Diesem Handlungs 
bedarf wird mit der Ablehnung unseres Antrags nicht Rechnung 
getragen. 
Wir werden weiterhin auf dieses Problem hinweisen. Wir sind 
der festen Auffassung, daß wir damit die Mehrheit der Berlinerin 
nen und Berliner vertreten. Ich hoffe doch, daß der Senat auch 
endlich an diesem Punkt handeln wird. 
[Beifall bei der AL] 
Präsident Rebsch: Das Wort hat der Abgeordnete Liepelt. 
Liepelt (CDU): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen 
und Herren! Herr Kollege Kapek, dieser Antrag, den wir auch 
heute ablehnen wollen, ist fast wortgleich abgeschrieben von 
einem Antrag der AL-Fraktion aus dem Jahre 1984. Ich sage das 
nun nicht deswegen, weil ich zum Ausdruck bringen wollte, daß 
Ihnen nichts Neues mehr einfällt, sondern nur um deutlich zu 
machen, daß dem Senat seit 1984 etwas eingefallen ist, nämlich 
in der Tat die Weiterentwicklung des Landschaftsschutzpro 
gramms, das Sie ja auch begrüßen, und in der Tat auch die Wei 
terentwicklung des Flächennutzungsplans, über den wir alle 
noch in der nahen Zukunft zu diskutieren haben. 
In dem, was wir an Konzepten im Artenschutzprogramm und 
im Landschaflsschutzprogramm vorlegen, haben wir den Inten 
tionen entsprochen, die Sie damals hatten und die wir auch in 
den Zielsetzungen vertreten. Wir schützen in weitgehendem 
Maße die Brachflächen. In den Jahren seit 1 984 war es gerade 
der Senat, der sich bemüht hat, nicht nur die Außenfreiflächen, 
sondern im Grunde auch die Politik des Zurückholens des Grüns 
in die Innenstadt zu intensivieren. Das haben wir in der Zwi 
schenzeit auch erreicht, wir haben dem Rechnung getragen. 
Wenn wir Ihren unveränderten Antrag aus dem Jahr 1984 - 
jetzt nur neu aufgegossen - nun positiv beschließen würden, 
dann hieße ja dies nichts mehr und nichts weniger, daß wir 
diese Fortentwicklung ignorierten und damit über den wirklichen (C) 
Sachverhalt hinwegtäuschten. Faßten wir heute einen Beschluß 
in der Zielsetzung des Antrags, dann würden wir ja der Begrün 
dung auch nicht Rechnung tragen wollen, nämlich der Diskus 
sion um den Flächennutzungsplan. Selbst wenn der Senat heute 
noch einmal ein Programm aufstellte, was er ja schon getan hat, 
bekämen Sie dennoch die Ausweisung in dem Entwurf des Flä 
chennutzungsplans nicht weg. 
Kurzum: Das, was Sie fordern, ist schon gemacht. Was die 
Diskussion um die Felder in den Außenbereichen in der Fest 
legung durch einen neuen Flächennutzungsplan betrifft, so ist 
auch die CDU in ihrer Arbeit durchaus offen. Sie wissen, daß wir 
Vorschläge für intensivere Flächennutzungen vorgelegt haben 
und vorlegen werden, so daß also diese Diskussion auf uns noch 
zukommen wird. 
Insgesamt - muß man sagen - ist der Erhalt des Artenschut 
zes, der Erhalt von Grün- und Brachflächen in den Außenberei 
chen aber auch in der Innenstadt in den letzten Jahren fortgeführt 
worden. Wir haben im übrigen auch die freien Felder im Norden 
Berlins erhalten. Das ist ein Beispiel dafür, daß die Felderver 
nichtung, daß die Freiflächenvernichtung gestoppt worden ist. 
Insofern kann man sagen, daß der Senat weiter ist, als es der 
Antrag der AL hier vermuten läßt. Deshalb müssen wir den 
Antrag der AL ablehnen. - Vielen Dank! 
[Beifall bei der CDU] 
Präsident Rebsch; Das Wort hat noch einmal der Abgeord 
nete Kapek. 
Kapek (AL): Herr Kollege Liepelt, wenn das so einfach wäre, 
würde ich mich ja freuen, aber es ist doch nicht so. Die Erfahrung 
mit der Auslegung zeigt doch, daß alles dem FNP untergeordnet 
wird, auch das Landschaftsschutzprogramm, und daß Land- ..... 
Schaftsschutz und Artenschutz den Interessen von Senator ' ' 
Pieroth untergeordnet werden. Erklären Sie mir doch bitte in 
dem Zusammenhang, wenn mit dem Landschaftsschutz und 
dem Artenschutz alles so in Ordnung ist, warum wir dann in der 
nächsten Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und 
Umweltschutz diesen Antrag von CDU und F.D.P. beraten, daß 
der Natur- und Landschaftsschutz jetzt noch einmal zusätzlich im 
Bebauungsplanverfahren verankert werden soll! Dahinter steckt 
doch nur das Ziel - unabhängig davon, daß man diesen Antrag 
rechtlich von seiner Systematik her auseinandernehmen kann, 
denn Ihnen ist ja sicher auch die Stellungnahme der IHK dazu $ 
bekannt -, das jetzt noch in das Bebauungsplanverfahren abzu- 
drängen. Was dahinter steht, ist doch, daß Sie keine richtigen 
und vernünftigen Landschaftspläne aufstellen wollen, das, was 
unter das Berliner Naturschutzgesetz fällt, entweder in den Flä 
chennutzungsplan abzudrängen oder aber mit Ihrem Antrag, den 
wir ja noch zu beraten haben, in den Bebauungsplan. Deshalb 
hat unser Antrag eine Notwendigkeit, einfach um einen Eck 
pfeiler oder einen Pflock einzuschlagen, damit Landschafts- und 
Artenschutz in unserer Stadt gewährleistet sind. 
[Beifall bei der AL] 
Präsident Rebsch: Das Wort hat nunmehr der Abgeordnete 
Dr, Rüter. 
Dr. Rüter (SPD): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! 
Nach den Worten von Herrn Kapek kann ich mich eigentlich kurz 
fassen. Auch für uns ist es unverständlich, daß dieser Antrag 
nicht angenommen worden ist. Der Flächennutzungsplan soll 
beschlossen werden, er steht nicht in Übereinstimmung mit dem 
Landschaftsprogramm bzw. mit all dem, was parallel zum Flä 
chennutzungsplan läuft. Hier wäre eine Gelegenheit gewesen, 
auf konkrete Art und Weise einen Beschluß zu fassen und die 
Biotope in Berlin in der Weise zu schützen, wie es vorgeschla 
gen worden ist. 
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