Abgeordnetenhaus von Berlin - 10. Wahlperiode
62. Sitzung vom 12. November 1987
Hoffmann
(A) prozeß für die Saarbrücker Stadtwerke zu erreichen; es ist nicht
primär darauf angelegt, wie Sie es uns hier unterschieben wol
len, Energieeinsparungen zu erreichen.
[Kapek (AL): Quatsch, was Sie da sagen!].
Das muß man mit anderen Methoden machen, mit Methoden, die
der Senat anwendet und auch die Bundesregierung.
Dann zum letzten Antrag, zu dem Antrag mit dem Kraftwerk
bau: Auch dieser Antrag ist so richtig schön vordergründig. Was
machen Sie eigentlich, wenn Sie ein Kraftwerk, das heute so um
weltschädigend arbeitet, ersetzen müssen? - Würden wir den
Antrag annehmen, könnte die Bewag so etwas nicht mehr tun;
sie konnte es noch nicht mal andenken. Das ist aber die ent
scheidende Frage. Wir brauchen hier eine Offenheit im Anden
ken von Problemlösungen für die Energieversorgung in Berlin,
übrigens auch bei einem zukünftigen überregionalen Verbund.
Auch dann - das ist hier schon richtig ausgeführt worden -
braucht man vorgehaltene Kraftwerkskapazität. Aber es gibt na
türlich verschiedene Denkrichtungen. Es gibt die eine Richtung,
die möglichst große Blöcke haben will, weil sie angeblich wirt
schaftlicher arbeiten, und es gibt auch andere Konzepte, zum
Beispiel dezentrale Konzepte, Konzepte der Kraft-Wärme-Kopp
lung und ähnliches. Wir möchten, daß alle vorhandenen Kon
zepte frei angedacht werden können in einer möglichen Planung
und dann klar nach wirtschaftlichen, nach Umweltgesichtspunk
ten, nach energiepolitischen Gesichtspunkten im Einzelfall ent
schieden wird. Wir wollen aber nicht eine einzige mögliche Lö
sung von vornherein festlegen oder unterbinden. Das träte aber
ein, wenn wir hier so einen Antrag annähmen. Es ist ganz klar, Sie
sind gegen Offenheit, Herr Kapek; das müssen Sie vor Ihren
Wählern vertreten. Man kann mit einem Brett vor dem Kopf durch
die Gegend laufen, damit wird man aber nie die Probleme dieser
Zeit lösen.
[Beifall bei der F.D.P. und der CDU]
(B)
Stellv. Präsidentin Wiechatzek: Sie gestatten eine Zwi
schenfrage? - Bitte, Herr Kapek!
Kapek (AL): Herr Hoffmann, Sie sagen immer, Sie wollen sich
alle Möglichkeiten offenhalten. Aber wann wollen Sie sich denn
für eine Lösung hier in Berlin entscheiden?
Hoffmann (F.D.P.): Herr Kapek, das ist doch gerade Ihr Pro
blem: Es gibt nicht die eine Lösung für alle Zeiten in Berlin. Die
technologische Entwicklung geht weiter, es entstehen neue
Möglichkeiten, und auch die Erfordernisse in Berlin entwickeln
sich weiter. Zum jeweiligen Entscheidungszeitpunkt muß die
jeweils beste Lösung eingebracht werden. Nur dann kann im
Sinne der Bürger etwas Vernünftiges erreicht werden.
[Beifall bei der F.D.P. und der CDU]
Wir lehnen deshalb auch diesen Antrag ab. Es bleibt im Aus
schuß noch viel zu tun, in der Debatte um ein Energiekonzept,
das der Senat sicherlich hat.
[Kapek (AL): Wissen Sie denn, ob er eins hat?]
Wenn Herr Behrendt hier sagt, der Senat habe auf Energiepolitik
verzichtet, dann ist das doch schlicht unwahr. Stellen Sie doch
nicht so etwas in den Raum! Denken Sie doch nicht, der Bürger
glaubt so etwas! Der Bürger sieht doch, daß der Senat verant
wortlich handelt und daß die Koalitionsparteien an einer Politik
arbeiten, die in der Tat im Sinne der Bürger ist, die nach Lösun
gen sucht, die uns voranbringen, auch im Sinne von Umwelfent
lastungen, Energieeinsparungen und vernünftigem wirtschaft
lichem Umgehen mit den Ressourcen, die uns hier zur Verfügung
stehen.
[Beifall bei der F.D.P. und der CDU]
Stellv. Präsidentin Wiechatzek: Das Wort hat Herr Sena
tor Pieroth.
Pieroth, Senator für Wirtschaft und Arbeit: Frau Präsidentin!
Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich nach den verantwor
tungsbewußten Reden der Herren Palm und Hoffmann nur noch
eine kurze Feststellung machen. Die richte ich aber nicht an die
Adresse von Herrn Kapek; er hat wieder einmal die Gelegenheit
benutzt, Lebensgrundlagen Berlins in Frage zu stellen. Ich will
aber noch einmal das Wort an Herrn Behrendt richten.
Wir betreiben umweltschutzorientierte Energiepolitik; wir brin
gen alle Energiesparmaßnahmen, die Sinn haben, voran. Wir
haben Erdgas in der Stadt und verhandeln über Fremdstrom
bezug, aber trotzdem müssen wir doch die Vorsorge, die Zukunft
der Energie Versorgung in Berlin planen. Das heißt nicht und
muß n ; cht heißen: Ein neues Kraftwerk - aber Zubauten in Ver
folg von Modernisierungen alter Kraftwerkstandorte. Und wenn
Sie, Herr Behrendt, sogar die Vorsorgeplanung ablehnen: Kön
nen Sie das denn intellektuell redlich tun? Entweder äußern Sie
sich populistisch aus vordergründigen Motiven, weil keiner gern
etwas von einem neuen Kraftwerk hört - was wir ja gar nicht wol
len -, dann handeln Sie schlicht unwahr, oder Sie meinen das so,
wie Sie es sagen, dann ist das unverantwortlich. Das hat dann
mit Politik nichts zu tun.
[Beifall bei der CDU]
Stellv. Präsidentin Wiechatzek: Das Wort hat jetzt der
Abgeordnete Wagner.
Wagner, Jürgen (SPD): Frau Präsidentin! Meine Damen und
Herren! So wie Sie, Herr Senator, es eben Herrn Behrendt ge
ben wollten, kann ich das zurückgeben. Unser Antrag ist nicht
entstanden aus irgendwelcher purer Luftschlösser-Bauerei, son
dern aus der Erfahrung, daß die Bewag eine Planung für ein zu
sätzliches Kraftwerk hat. Dieses wollen wir nicht. Daß alte Kraft
werke ausgetauscht werden müssen, erneuert werden müssen,
daß sie, wenn sie umweltschädlich, umweltverschmutzend ge
worden sind, verändert werden müssen, das ist doch selbstver
ständlich. Wer will sich denn dagegen wehren?
[Unruhe bei der CDU]
Die ganze Debatte zeigt mir, wie wenig sensibel besonders
die Seite der Koalition auf den Umgang mit Energiespartechnik
eingeht. Alles das, was zuvor bei der Großen Anfrage zu hören
war, war nur Kosmetik, Da war zu hören, daß bei Pintsch der
Boden saniert wird - als ob das alles wäre, was in Berlin an
Bodensanierung zu passieren hat. Genauso ist das mit der Ener
giespa rtechnik.
Herr Palm, Sie sagten, die Bewag könne nicht, weil die Bewag
in Berlin einen Lastenverlauf hat, der mit Saarbrücken oder an
deren Städten nicht vergleichbar ist.
[Palm (CDU): So ist es!]
Weshalb denn, Herr Palm? Weil die Bewag auch jetzt noch zu
sätzlich Nachtspeicherstromöfen verkauft und deshalb die
Nachtspitzen abgebaut werden! Dann gibt es keine Nachtspif-
zen. Des halb haben wir in Berlin die eben nicht. Da haben an
dere Städte die neuen Einbauten von direktem Stromverbrauch
für Wärmeentwicklung eben untersagt!
Herr Palm möchte gern eine Zwischenfrage stellen.
Stellv. Präsidentin Wiechatzek: Ja, ich wollte Sie gerade
fragen. Es ist nett, daß Sie die Zwischenfrage schon vorher ge
nehmigen.
Palm (CDU): Herr Kollege, können Sie mir erklären, was Sie
eigentlich mit dem Strom machen, den Sie erzeugen müssen,
damit Sie die anderen mit der Fernwärme nachts überhaupt ver
sorgen können? - Da fällt nämlich Strom an.
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