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Volume Nr. 62, 12. November 1987

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1987, 10. Wahlperiode, Band IV, 50.-67. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 10. Wahlperiode 
62. Sitzung vom 12. November 1987 
Sen Dr. Starnick 
(A) Zu Ihrer zweiten Frage; Eine Stellungnahme dieser Art ist von 
der Textilreiniger-Innung bisher an den Senat nicht herangetra 
gen worden. Der Senat wird Selbstbedienungsreinigungen im 
Hinblick auf den Nachbarschutz in gleicher Weise wie andere 
chemische Reinigungen behandeln. Soweit es um den speziel 
len Aspekt des Schutzes der Benutzer geht, verweist der Senat 
auf die Beantwortung - den Zwischenbericht - der Fragen 2, 3 
und 6 Ihrer Kleinen Anfrage Nr. 3894. Der Senat bemüht sich bei 
den zuständigen Bundesbehörden insbesondere um eine Klä 
rung der Frage, wie die kurzzeitigen Einwirkungen von Perchlor 
ethylen einzuschätzen sind. 
Präsident Rebsch: Nächste Zusatzfrage - Dr. Franz! 
Dr. Franz (CDU): Herr Senator Starnick, ein Wort zur 
üblichen Panikmache der Alternativen Liste in der Umweltproble 
matik; Können Sie bestätigen, daß die wissenschaftliche Diskus 
sion zur Wirkung von Perchlorethylen absolut in vollem Gange 
ist, keinesfalls abgeschlossen ist, sowohl im nationalen wie im in 
ternationalen Maßstab, und daß der Bundesminister für Umwelt 
durchaus zu Recht das Bundesgesundheitsamt angewiesen hat, 
künftig mit allzu voreiligen Stellungnahmen zu der Problematik 
zurückhaltend zu sein? 
Stellv. Präsidentin Wiechatzek: Erste Zusatzfrage - der 
Frau Kollegin Nitz-Spatz! 
Frau Nitz-Spatz (AL): Wie rechtfertigt der Senat den von 
ihm festgelegten Eingreifswert von 25 mg pro Kubikmeter Luft? 
Stellv. Präsidentin Wiechatzek: Herr Senator! 
Dr. Starnick, Senator für Stadtentwicklung und Umwelt 
schutz: Das Bundesgesundheitsamt hat im Hearing in Bonn 
Ende Oktober dargelegt und in einer Presseerklärung noch ein 
mal bestätigt, daß ab Werten von 5 mg Perchlorethylen pro 
Kubikmeter Luft mit einer Gesundheitsgefährdung zu rechnen 
ist. Ich habe daraufhin veranlaßt, daß die Abteilung Umwelt 
schutz bei allen denjenigen chemischen Reinigungen eingreift, 
bei denen wir in den umgebenden Räumen oder umgebenden 
Wohnungen Werte festgestellt haben, die größer sind als 5 mg 
pro Kubikmeter Luft, und diesen Reinigungen Bescheide auf der 
Grundlage des § 24 Bundesimissionsschutzgesetz zuleitet - 
das heißt Auflagen zur Änderung des Betriebes. Ich habe dar 
über hinaus der Abteilung Umweltschutz aufgegeben, daß in den 
Fällen, in denen Konzentrationen festgestellt worden sind, die 
über 25 mg pro Kubikmeter Luft liegen, neben dem Bescheid 
nach § 24 hier auch ein Bescheid nach § 25 zu erwägen und 
erteilen, der besagt, daß eine solche chemische Reinigung 
wegen akuter Gesundheitsgefährdung zu schließen ist. 
Präsident Rebsch: Herr Senator! 
Dr. Starnick, Senator für Stadtentwicklung und Umwelt 
schutz: Ich kann Ihnen bestätigen, daß der Diskussionsprozeß 
über die Wirkung von Perchlorethylen im menschlichen Körper 
noch in vollem Gange ist. Es gibt eine Veröffentlichung in der 
amerikanischen Literatur, in der die Behauptung aufgesfellt wird, 
das Perchlorethylen sei krebserzeugend. Dieses stützt sich bis 
her auf Tierversuche. Es gibt bisher keine unmittelbare Übertra 
gung dieses Verdachts auf Menschen. 
Das Bundesgesundheitsamt hat aber neben dieser Literatur 
eine Reihe anderer Untersuchungen durchgeführt und entspre 
chende Literatur studiert, die es veranlaßt haben, zumindest war 
nend den Finger zu heben bei all den Fällen, in denen höhere 
Konzentrationen festgestellt worden sind, nämlich mehr als fünf 
Milligramm pro Kubikmeter in der Luft der umgebenden Wohn- 
räume. Daneben muß man natürlich noch sehen, daß die Werte 
in der Arbeitsstätten-Verordnung und die darin festgelegten 
maximalen Konzentrationen am Arbeitsplatz als Maßstab zur 
Beurteilung herangezogen werden müssen und diese Werte 
wesentlich höher liegen, nämlich bei 135 Milligramm pro Kubik 
meter Luft. 
Präsident Rebsch; Nächste Zusatzfrage - Dr. Meisneri 
Dr. Meisner (SPD): Herr Senator, ich frage Sie: Wie wollen 
Sie dem entgegenwirken, daß mehr und mehr Reinigungen von 
dem Mittel Perchlorethylen auf Fluorkohlenwasserstoffe umstel 
len, also einen Stoff, der bekanntlich die Ozonschicht angreift? 
Präsident Rebsch: Bitte sehr, Frau Kollegin Nitz-Spatz, die 
nächste Zusatzfrage! 
Frau Nitz-Spatz (AL): Sie haben in der Antwort auf die 
Kleine Anfrage ausgeführt, daß die vorgenommenen Lebensmit 
telmessungen ergeben haben, daß über die Hälfte der über che 
mische Reinigungen gezogenen Proben über dem Grenzwert 
von 25 Milligramm pro Kubikmeter Luft liegen. Welche Konse 
quenzen wollen Sie aus dem von Ihnen festgelegten Eingreifwert 
von 25 mg pro Kubikmeter Luft ziehen? 
Präsident Rebsch: Herr Senator! 
Dr. Starnick, Senator für Stadtentwicklung und Umwelt 
schutz: Die Konsequenz habe ich deutlich gemacht: In dem Fall, 
in dem über 25 Milligramm pro Kubikmeter Luft festgestellt 
wurden oder mehr als ein Milligramm pro Kilogramm in Nah 
rungsmitteln - das ist ein paralleler Wert dazu -, werden wir, 
wenn wir dieses für notwendig halten, wegen akuter Gesund 
heitsgefährdung oder wegen des Verdachts einer akuten 
Gesundheitsgefährdung eine chemische Reinigung schließen. 
In allen anderen Fällen ist an der Anlage der chemischen 
Reinigung zu prüfen, welche Verbesserungsmaßnahmen not 
wendig sind, welche ergriffen werden können und welche natür 
lich auch zur frühestmöglichen Abstellung eventueller Mängel 
führen. Dieses ist dann aber immer eine Einzelfallprüfung. 
Präsident Rebsch: Herr Senator! 
Dr. Starnick, Senator für Stadtentwicklung und Umwelt 
schutz: Herr Abgeordneter Meisner, da haben Sie tatsächlich 
einen wunden Punkt in der ganzen Diskussion um Perchlorethy 
len angesprochen. Die Gefahr ist tatsächlich als real einzuschät 
zen, daß bei Verbot von Perchlorethylen dann fluorierte Kohlen 
wasserstoffe als Substitute verwendet werden. Das wäre mög 
lich nach der 2. BlmschVO. Ich habe daraufhin in der Diskussion, 
die ich ja schon im September mit dem Bundesumweltminister 
Töpfer zu diesem Problem geführt habe, darauf hingewiesen, 
daß in der 2. BlmschVO Regelungen eingebaut werden müssen, 
die diese Ausweichmöglichkeit verhindern. 
Präsident Rebsch: Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor, 
Die Fragestunde ist damit beendet. Alle Fragen, die heute nicht 
mündlich gestellt werden konnten, werden wie immer schnell 
stens schriftlich beantwortet. 
Wir kommen nunmehr zur 
Aktuellen Stunde 
zum Thema „Die Morde an den beiden Frankfurter 
Polizeibeamten - politische Bewertung und Kon 
sequenzen“ 
auf Antrag der Fraktionen der CDU und der Alternativen Liste. - 
Das Wort hat für die CDU Herr Buwitt. 
3650
	        
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