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Volume Nr. 61, 29. Oktober 1987

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1987, 10. Wahlperiode, Band IV, 50.-67. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 10. Wahlperiode 
61. Sitzung vom 29. Oktober 1987 
Dr. Meisner 
(A) Stadtrat auf die zitierte Äußerung von Senator Starnick verweist, 
hört er von Rexrodt, diese Kolonien könne der Kollege Starnick 
nicht gemeint haben. Welche Kolonien haben Sie denn gemeint, 
Herr Senator? - Das nenne ich für dumm verkaufen, da wird den 
Leuten Sand in die Augen gestreut. 
[Beifall bei der SPD und der AL] 
Am letzten Wochenende haben Sie, Herr Starnick, eine zweite 
Auslegung von Teilen des Flächennutzungsplanes angekünoigt. 
Das haben Sie schon einmal im Juni getan. Damals wurde aus 
Ihrem Haus die Entscheidung für die Neuauslegung für Ende Juli 
angekündigt, aber da waren Sie wohl im Urlaub. Jetzt haben wir 
gleich November. Einen Senatsbeschluß haben Sie immer noch 
nicht. Als ich am letzten Dienstag vor einer Woche erfuhr, daß 
der Senat von seinem Recht Gebrauch machte, die Beanwor- 
tung der Großen Anfrage um eine Woche zu verschieben, da 
habe ich wirklich gedacht, jetzt kommt er mit einer Senatsent 
scheidung herüber und zieht den 87er Entwurf zurück. Ich war 
darum auch auf die letzte Senatssitzung sehr gespannt. Aber 
Pustekuchen, es gab überhaupt keinen Beschluß des Senats 
zum Flächennutzungsplan. Die Senatssitzung habe, so wurde 
gesagt, überhaupt nur sehr kurz gedauert, Hatten Sie wieder et 
was anderes zu tun, meine Damen und Herren Senatoren? Kom 
men Sie nicht mehr zum Regieren? Mußte wieder etwas eröffnet 
oder gefeiert werden? Wissen Sie, Sie hätten sich da von Kolle 
gen aus dem Rheinland beraten lassen sollen. Da wird immer 
ausgiebig Karneval gefeiert. Für die Dauer der Feierei wird das 
Regiment einem Elferrat übergeben, und es wird ein Prinzenpaar 
gewählt. Die Funktion von Elferrat und Prinzenpaar erfüllt der 
Senat ganz hervorragend bis hin zur letzten Potemkinschen 
Übersteigerung in der letzten Woche, 
[Beifall bei der SPD und der AL] 
Aber wir brauchen auch noch eine Stadtregierung, denn hier gibt 
es ab und zu auch noch etwas zu entscheiden und zu regieren, 
und nicht nur so nebenbei zwischen einem Empfang und einer 
(a) Eröffnung. 
Sie haben also, Herr Starnick, wieder keinen Senatsbeschluß. 
Ich bezweifle erst einmal, daß Sie überhaupt einen bekommen, 
denn die selbstverschuldete Zeitnot, in die sich der Senat ge 
bracht hat, wird immer größer. Bis zur Sommerpause 1988 soll 
der Flächennutzungsplan durch das Parlament, aber die Fest 
stellung eines neuen Entwurfs, die erneute Auslegung, die Fri 
sten für die Einwendungen und die Bearbeitung in der Verwal 
tung würden schon jetzt eine ordentliche und gründliche Bera 
tung in den Ausschüssen und im Plenum kaum noch zulassen, 
selbst wenn Sie diesmal die Weihnachtspause - letztens war es 
die Osterpause - für die Auslegung nutzen wollten. Aber neh 
men wir einmal an, Sie bekämen einen Senatsbeschluß für eine 
zweite Auslegung. Nach Ihren Äußerungen vom letzten Wochen 
ende, - Herr Kapek hat darauf hingewiesen - wollen Sie etwa 
70 ha an Grünfläche und Laubengelände weniger opfern, 70 ha 
von 700 ha. Haben Sie da die 20 ha für den Golfplatz schon ab 
gezogen? Sie wollen also weiterhin zwischen 600 und 650 ha 
jetzt vorhandener Grünfläche in Berlin preisgeben. Glauben Sie 
wirklich, daß das Ihrer Verantwortung als Senator für Stadtent 
wicklung und Umweltschutz entspricht? 
Gestatten Sie mir noch ein paar Worte an zwei Fraktionen in 
diesem Hause, zuerst zur AL. Kerr Kapek hat uns wiederholten 
Male aufgefordert, bei der Initiative für einen grünen Flächennut 
zungsplan mitzumachen. 
[Wieland (AL): Und nicht auf die Volkszählung zu warfen!] 
Lassen Sie mich dazu folgendes klarstellen: Wir Sozialdemokra 
ten freuen uns über alle Bewegungen und Initiativen in der Stadt, 
die erkannt haben, welche Gefahren für Naturhaushalt und 
Lebensqualität in Berlin von diesem Flächennutzungsplanent 
wurf ausgehen. Wir begrüßen deren Aktivitäten, wir hören auf 
deren Argumente und unterstützen deren Forderungen. Aber 
das ist das Problem der AL, nicht unser Problem in der SPD. Wir 
sind eine politische Partei, keine Bürgerinitiative. 
[Beifall bei der SPD] 
Wir wollen Mehrheiten in der Stadt dafür gewinnen, daß das jetzt (C) 
vorhandene Grün erhalten bleibt. Das ist der Unterschied. Dazu 
aber müssen wir ran an jene, die das Problem bisher noch nicht 
erkannt haben. Dazu haben wir 100 000 Flugblätter in der Stadt 
verteilt, dazu werden wir im November 12 OOO Berliner anrufen 
und sie informieren und befragen. Dazu werden wir, wenn der 
Senat weiter stur bleibt, im Frühjahr ein Bürgerbegehren initiie 
ren, zu oem alle Gruppen eingeladen sind, aber das natürlich von 
unserer - der SPD - Organisationskraft leben und getragen 
wird. Das ist unsere Aufgabe und nicht, sich im Kreise von 
Gleichgesinnten gegenseitig aut die Schulter zu schlagen. 
[Beifall bei der SPD] 
Überlegen Sie doch einmal, liebe Kollegen von der AL, ob Sie am 
vorletzten Samstag durch eine angekündigte Großdemonstra- 
tion mit 453 Teilnehmern die Front gegen die BVG-Tarifkonzep- 
tion von Senator Wronski gestärkt oder geschwächt haben. 
[Beifall bei der SPD] 
Gestatten Sie mir noch ein Wort an die Damen und Herren 
von der CDU. Manche von Ihnen haben sich in der Öffentlichkeit 
gegen den derzeitigen Entwurf ausgesprochen. Wir Sozialdemo 
kraten werden uns erlauben, Sie bei dem Prozeß, der da läuft, an 
Ihre persönliche Verantwortung zu erinnern. Sie dürfen weiter 
damit rechnen, daß alle künftigen Abstimmungen über den Flä 
chennutzungsplan im Abgeordnetenhaus namentliche Abstim 
mungen sein werden. 
[Beifall bei der SPD - Gelächter bei der CDU] 
Und wenn Sie sich dann weiter so verhalten, wie das bisher 
geschehen ist, dann sehe ich am 10. September bei unserem 
Antrag schwere Zeiten auf Sie zukommen. Wissen Sie, als 
Sozialdemokrat in Zehlendorf war der Wahlkampf für mich nie 
ein Zuckerschlecken. Aber es wird ein Kinderspiel im Vergleich 
zu dem sein, was CDU-Abgeordnete in Wilmersdorf, Charlotten 
burg, Tempelhof und in vielen anderen Ecken zu erwarten haben. 
Einen solchen Aufschwung kann der Golfsport in Berlin gar nicht (qj 
nehmen, daß Sie das an Wählerstimmen reinbekommen. 
[Beifall bei der SPD - Gelächter bei der CDU] 
Präsident Rebsch: Das Wort hat nunmehr Senator Dr. Star 
nick. 
Dr. Starnick, Senator für Stadtentwicklung und Umwelt 
schutz; Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Über den 
Golfplatz wollte ich heute eigentlich nicht reden, Herr Dr. Meis 
ner. Es wäre auch müßig, das hierzu diskutieren. Ich schlage vor, 
wir gehen einmal gemeinsam vor Ort, und Sie können durchaus 
meine Aussage vor Ort überprüfen, ob ein Golfplatz an der Stelle 
gegebenenfalls ökologisch vertretbar wäre und in Übereinklang 
mit Belangen des Naturschutzes auf der Waldgalerie sein kann. 
Ich glaube genausowenig wie Sie, daß man da Kleingärten oder 
überhaupt eine einigermaßen vernünftige Nutzung hinsetzen will. 
Aber das ist nicht unser Thema. 
Sie haben mich vieles gefragt, und ich werde zusammenfas 
send das darstellen, was zu beantworten ist, und die Anfragen 
der SPD und der AL im Zusammenhang beantworten und nicht 
getrennt nacheinander. 
[Zuruf von der CDU: Die hätten dann nacheinander 
eingereicht werden müssen!] 
- Nun, das ist Ihnen freigestellt. Ich kann das ja nicht von Ihnen 
fordern, Herr Abgeordneter. 
Es ist ganz sicherlich so, daß bereits die vorgezogene Bürger 
beteiligung im April vorigen Jahres eine hohe öffentliche Reso 
nanz gefunden hat. Ich will auch zugeben, daß die öffentliche 
Auslegung vom Frühjahr dieses Jahres meine Erwartungen hin 
sichtlich der Beteiligung der Bürger übertroffen hat. Das ist in 
Berlin auch durchaus zu erwarten insofern, als die Nutzungskon 
kurrenz in dieser Stadt wesentlich höher ist, als in anderen Orten. 
Demzufolge überwiegen auch die kritischen Anmerkungen zum 
Planentwurf, Sie überwiegen aber auch aus der widersprüch- 
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