Abgeordnetenhaus von Berlin - 10. Wahlperiode
60. Sitzung vom 22. Oktober 1987
Frau Enkemann
(A) Angesichts des knappen Kulturetats der Länder und der zu
erwartenden Finanzknappheit nach der Steuerreform werden sie
sich auch 1991, wenn eben diese Trägerschaft wechseln soll,
gewiß nicht zur Mitfinanzierung eines Prestigeobjekts in Berlin
drängen.
Wenn die Berliner SPD nun festen Willens und der festen
Überzeugung ist, ab 1989 wieder die Regierungsgewalt in
dieser Stadt auszuüben, müßte ihr spätestens an dieser Stelle
klar werden, welches Danaergeschenk ihr da zufällt. Sie hätte ein
solches Geschenk allerdings verdient, wenn sie an diesem gan
zen undemokratischen und verfassungswidrigen Verfahren der
Regierungspartei bisher nichts anderes quälte als die Tatsache,
die eigenen Hände nicht mehr als zur Zeit möglich im Spiel
haben zu können. Meine Damen und Herren! Wenn Sie sich
schon kaum noch gegen die verfassungswidrigen Machenschaf
ten der Regierung wehren können oder wollen, so sollten Sie
wenigstens jede Gelegenheit ergreifen, die finanziellen Folgen
zu verhindern. Lehnen Sie bitte die neue Änderung des Besol-
dungsrechfs ab und stimmen Sie statt dessen unserem dring
lichen Antrag auf Überprüfung nach der Landeshaushaltsord
nung zu!
[Beifall bei der AL]
Präsident Rebsch: Das Wort hat nunmehr die Abgeordnete
Saß-Viehweger.
Frau Saß-Viehweger (CDU): Herr Präsident! Meine Damen
und Herren! Ich stelle zunächst einmal fest, daß die beiden
Gegenstände, die wir zu beraten haben, nämlich das Landes
besoldungsrechtsänderungsgesetz einerseits und der dringliche
Antrag der Alternativen Liste andererseits, nicht die Frage auf
werfen, ob die Kulturhoheit der Länder durch sie in irgendeiner
Weise beeinträchtigt wird. Denn wenn ich das richtig sehe, dann
spielen sich beide Anträge ausschließlich im Landesbereich ab.
(B) Insofern dürfte sich diese Kompetenzfrage überhaupt nicht
stellen. Mir stellt sich statt dessen die Frage: Weswegen neh
men Sie denn nun diese Anträge, die mit dieser Kompetenzfrage
überhaupt nichts zu tun haben - eher im Gegenteil -, zum Anlaß,
hier breiten Raum Ausführungen einzuräumen, die sich mit dieser
Kompetenzfrage beschäftigen?
[Beifall bei der CDU und der F.D.P.]
Das ist auf den ersten Blick nicht einsichtig und kann eigentlich
nur heißen, daß Sie in der Sache selbst etwas gegen dieses
Deutsche Historische Museum haben.
Was haben Sie eigentlich gegen ein Deutsches Historisches
Museum, gegen eine Institution von solcher Bedeutung, die wir
in unsere Stadt bekommen können? Was ist denn daran eigent
lich so schrecklich und so entsetzlich, daß Sie hier einen solchen
argumentativen Aufwand betreiben, den ich gar nicht näher kom
mentieren will, weil das sicherlich den Rahmen sprengte?
suchen, auch zu verschleiern, daß Sie in der Sache etwas dage- (C)
gen haben, daß eine Institution von Bedeutung nach Berlin
kommt. Sie müßten den Berlinern erst einmal klarmachen, warum
Sie eingentlich dagegen sind.
Die Gegenstände, die uns heute hier vorliegen, sind zweierlei;
ich komme zunächst einmal zur Vorlage für die Beschlußfassung
über das Landesbesoldungsrechtsänderungsgesetz. Das hat mit
der von Ihnen angeschnittenen Kompetenzfrage gar nichts zu
tun, denn es handelt sich hier in der Tat um einen Landesbeam
ten, von dem die Rede ist, so daß also das Kompetenzproblem
wohl nicht bestehen dürfte. Und wenn wir ein solches Museum
haben - und nur unter dieser Voraussetzung kann das Gesetz ja
greifen -, ist es eigentlich logisch, daß das Museum einen Gene
raldirektor haben sollte, und daß dieser - ich bitte um Verständ
nis, bei aller Wertschätzung des Herrn Direktors des Abgeord
netenhauses - mit diesem gleichrangig anzusiedeln ist, wird man
ja wohl mindestens annehmen dürfen. Ich bitte um Nachsicht,
aber ich glaube nicht, daß hier von der Sache her irgendein Dis
sens bestehen könnte. Ich meine also, daß in dem Fall, daß wir
dieses Museum bekommen, dieses dann eine sachgerechte
Folgeentscheidung ist, die wir zu treffen haben. Ich kann mir
keinen Aspekt vorstellen, daß man dagegen sein könnte, es sei
denn, daß man die ganze Einrichtung nicht möchte. Dann soll
man das aber auch sagen.
Den Prüfungsauftrag, den Sie hier beschließen wollen, halte
ich unter diesem Aspekt für etwas merkwürdig. Ich meine, der
Rechnungshof prüft dankenswerterweise sehr vieles in diesem
Land, und wenn er hier etwas zu beanstanden finden sollte, wird
er dies sicherlich auch tun, ohne daß wir ihm extra einen Hinweis
geben müßten.
Sie scheinen der Meinung zu sein, daß ein Beamter des Lan
des Berlin sozusagen in Nebentätigkeit das privatrechtliche
Deutsche Historische Museum leiten soll. So ist das sicherlich
nicht gedacht, und so kann das auch nicht sein. Das wäre, wie
Sie wissen, auch mit dem Nebentätigkeitsrecht nicht zu verein
baren. Es geht bei unserer Gesetzesvorlage nur darum, die ent
sprechenden Mittel im Haushalt zur Verfügung zu haben und
nicht etwa erst dann, wenn alles so weit ist, anzufangen, danach
zu suchen.
(D)
Wir werden das Gesetz im Innenausschuß noch zu beraten
haben. Ich gehe davon aus, daß wir den dringlichen Antrag dem
Ausschuß zur weiteren Beratung überweisen werden. Da kön
nen Sie uns dann vielleicht im Detail erläutern, was Sie damit
wirklich erreichen wollen. Ich kann immer nur heraushören, daß
Ihnen das Museum nicht gefällt, und dieses ist eine neben der
Sache liegende Argumentation.
[Beifall bei der CDU und der F.D.P.]
Präsident Rebsch: Das Wort hat nunmehr der Abgeordnete
Baetge.
[Zuruf der Frau Abg. Enkemann (AL)]
Was ist denn eigentlich so Fürchterliches daran, wenn die Bun
desrepublik Deutschland dem Land Berlin zu einer solchen Insti
tution verhelfen möchte? - Ich kann das eigentlich nur begrüßen,
[Beifall des Abg. Baetge (F.D.P.)]
denn an vielen Orten rufen wir doch immer wieder danach, daß
derartige Institutionen nach Berlin kommen sollen. Sie haben
schon richtig zitiert, daß die Bundesrepublik Deutschland dieses
Museum dem Land Berlin zum 750jährigen Jubiläum der Stadt
schenken will, und insofern hat das ganze mit Kulturhoheit über
haupt nichts zu tun. Ich glaube nicht, ob es im Grundgesetz eine
Kompetenz für Geburtstagsgeschenke gibt. Es gibt aber jeden
falls eine in Artikel 104 a Absatz 4 des Grundgesetzes, nämlich
die Kompetenz des Bundes, den Ländern Finanzhilfen in beson
deren Fällen zu gewähren. Das trifft diesen Fall sicherlich nicht
so ganz, aber wenn wir schon auf solche Argumente kommen,
dann müßten wir uns eher in diesem Bereich umsehen und nicht
mit einer Kulturhoheitsdebatte, die hier nichts zu suchen hat, ver
suchen, von den Dingen abzulenken und offensichtlich ver-
Baetge (F.D.P.); Herr Präsident! Meine sehr verehrten
Damen! Meine Herren! Sehr verehrte Frau Kollegin Enkemann,
ich kann überhaupt nicht verstehen, wieso ein Witzbold Ihnen
eine derartige Rede aufgeschrieben hat,
[Eggert (AL); Ach, jetzt zum fünftenmall]
denn eines steht doch fest: Da hat die Kollegin Saß-Viehweger
völlig recht, das eine hat mit dem anderen nicht das geringste zu
tun,
[Eggert (AL): Herr Baetge, hören Sie doch auf!]
es sei denn, Sie seien gegen das Deutsche Historische
Museum. Und offenbar sind Sie ja dagegen. Hier geht es aller
dings um eine ganz trockene Materie, nämlich das Landesbesol
dungsgesetz, kurz LBesG, und nur darüber reden wir. Hier wird
für einen Landesbeamten eine Stelle nach B 5 eingefügt, das ist
bei der Bedeutung des Amtes durchaus gerechtfertigt. Schon
allein wegen der Größe und der nationalen Bedeutung dieses
Museums, das auch einen erheblichen Leistungsaufwand hat -
es soll eine Nutzfläche von 36 000 qm haben und 150 Mitarbei
ter -, ist diese Einordnung in Ordnung. Auch Direktoren anderer,
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