Abgeordnetenhaus von Berlin - 10. Wahlperiode
54. Sitzung vom 18. Juni 1987
Dr. Gerl
als sei mit deren Aussonderung nun schon wieder alles in
Ordnung.
Es hat sich gezeigt, daß in unserem Parteiensystem etwas
nicht in Ordnung ist, daß es Schwachstellen gibt; eine
Schwachstelle ist gerade die Parteienspendenpraxis, die
unlautere Handlungen einzelner jedenfalls begünstigt hat. Es
gilt, diese Schwachstellen zu beseitigen, und dabei ist es nicht
damit getan, innerparteiliche Regelungen aufzustellen. Wir
sind davon überzeugt, daß nur gesetzliche Regelungen wirk
same Regelungen sind.
Es hat seinen guten Sinn, daß wir den Senat zu einer
entsprechenden bundesgesetzlichen Initiative auffordern.
Nach all dem, was in Berlin passiert ist, sollte von Berlin aus
ein Zeichen gesetzt werden. Es dient dem Ansehen unserer
Stadt, wenn gerade von hier aus ein Anstoß für eine bundesge
setzliche Regelung gegeben wird, für eine Regelung, die den
Willen zu mehr politischer Sauberkeit erkennen läßt. Das
stünde Berlin gut an, und das täte Berlin gut!
[Beifall bei der SPD und der AL]
Stellv. Präsidentin Wiechatzek: Weitere Wortmeldungen
liegen mir nicht vor. Der Ausschuß für Inneres, Sicherheit und
Ordnung empfiehlt, die Nr. 5 des SPD-Antrages im Hinblick auf
eine Beschlußempfehlung des gleichen Ausschusses vom
24.11.1986 als erledigt zu erklären und im übrigen den SPD-
Antrag Drucksache 10/834 abzulehnen.
[Pätzold (SPD): Unglaublich!]
Ich stelle also diese Beschlußempfehlung, das ist die Drucksa
che 10/1559, zur Abstimmung, Wer ihr seine Zustimmung zu
geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist
gegen diese Beschlußempfehlung? - Damit ist die Beschluß
empfehlung angenommen.
Ich rufe auf
lfd. Nr. 21:
a) Drucksache 10/1563:
Beschlußempfehlung des Ausschusses für Bundesan
gelegenheiten und Gesamtberliner Fragen vom 21. Mai
1987 zum Antrag der Fraktion der AL auf Annahme
einer Entschließung über Berlin- und Deutschlandpoli
tik und aktuelle Entwicklungen in den Ost-West-Bezie-
hungen, Drucksache 10/1531
b) Drucksache 10/1545:
Antrag der Fraktion der SPD auf Aufnahme einer
Entschließung über Berlin- und Deutschlandpolitik und
aktuelle Entwicklungen in den Osl-West-Beziehungen
Das Wort in der Beratung hat der Kollege Löffler.
Löffler (SPD): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!
Ich spreche lediglich zu dem Tagesordnungsteilpunkt b, nicht
zu a.
Zunächst teile ich Ihnen mit, daß die SPD-Fraktion aus ihrem
Antrag, der Ihnen vorliegt, den ersten Absatz zurückzieht.
[Wieland (AL); Ach, schade!]
Im zweiten Absatz müßte dann eine kleine Änderung, um den
Bezugspunkt herzustellen, vorgenommen werden. Er würde
dann lauten;
Das Abgeordnetenhaus begrüßt es, wenn auf der Grund
lage der doppelten Nullösung ...
Dann geht es so weiter im Text.
Die voluminöse Diskussion könnte natürlich zum ersten
Absatz statttinden, den wir zurückgezogen haben. Gleichwohl
hätte ich zwanzig Minuten Redezeit; wir wollen aber keine
umfangreiche sicherheitspolitische Debatte führen, obwohl
die Zeit sehr günstig wäre - zwanzig Minuten für diese zwei
kleinen Absätze. Ich will also nur dafür werben, daß das Haus
sich darauf verständigen möge, diese beiden letzten Absätze
als eine Meinungsäußerung anzunehmen.
Zunächst eine kurze Begründung dafür, weshalb der erste
Absatz zurückgezogen worden ist. Dies ist erstens deshalb
geschehen, weil die Bundesregierung eine Entscheidung
getroffen hat, die die Mehrheit des Bundestages bestätigt hat.
Darin, in dieser Differenz zwischen Bundestagsmehrheit und
Opposition liegen Differenzpunkte, die wir heute nicht in den
Mittelpunkt der Betrachtung stellen wollen. Wir glauben
deswegen aber, daß es möglich sein müßte, den Gesamtwil
len des Abgeordnetenhauses zu vereinen in der Äußerung
des Wunsches, daß auf der Grundlage der von meiner Fraktion
mit Sicherheit erwarteten Abrüstungsvereinbarungen zwi
schen der Sowjetunion und den Vereinigten Staaten, die die
doppelte Nullösung enthalten werden, daß auf dieser Grundla
ge weitere Abrüstungsschritte folgen sollen. Wir können uns
nicht denken, daß sich die CDU dem versagen möchte.
Wenn wir im dritten Absatz die Einschätzung aussprechen,
daß entscheidende Abrüstungsschritte der Weltmächte -
damit der beiden Blöcke - eine wichtige Voraussetzung dafür
sind, daß der Dialog zwischen Ost und West forlgetührt und
weiterentwickelt werden kann, dann sollte das auch ohne
Ausschußberatung, durch sofortige Abstimmung die Zustim
mung aller in diesem Hause finden.
Wir bittten Sie, den reduzierten, verkleinerten Antrag, der
eine weiterbestehende Kontroverse zwischen Regierungs
und Oppositionsparteien ausklammert, weil der Bundestag
mit Mehrheit entschieden hat, heute ohne weitere Ausschuß
beratung Ihre Zustimmung zu erteilen. - Schönen Dank!
Stellv. Präsidentin Wiechatzeck: Das Wort hat nun der
Abgeordnete Dr, Legien.
Dr. Legien (CDU); Verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen
und Herren! Die CDU-Fraktion wird den AL-Antrag, der
Ausschußempfehlung entsprechend, ablehnen. Wir schließen
uns, soweit es sich um den Torso des SPD-Antrags handelt,
dem Antrag auf sofortige Abstimmung an. Wir werden diesen
SPD-Antrag jedoch gleichfalls ablehnen. Herr Kollege Löffler,
es geht hier nicht um den Inhalt Ihres Antrags, sondern es geht
um die Kompetenzen dieses Parlaments. Eine verteidigungs
politische Debatte gehört nicht in ein Länderparlament; sie
gehört in den Bundestag. Sie haben selbst erwähnt, daß diese
Debatte dort auch bereits stattgefunden hat. Wir können auch
nicht erkennen, daß der Situation mit den beiden letzten
Absätzen Ihres Antrags besser entsprochen werden würde,
als es mit dem Entschiießungsantrag von CDU/CSU und
F, D. P. geschehen ist, der am 3. Juni dieses Jahres mit großer
Mehrheit vom Bundestag verabschiedet worden ist
[Zuruf des Abg. Wieland (AL)]
und der auch etwas zu den chemischen und konventionellen
Waffen sagt. Ich zitiere:
Der Deutsche Bundestag hält als nächste Schritte auf dem
Wege zu einer umfassenden Abrüstung für erforderlich
und möglich
- die weltweite Beseitigung der chemischen Waffen,
- die Verringerung der konventionellen Land- und Luft
streitkräfte in Europa vom Atlantik bis zum Ural auf ein
ausgewogenes niedriges Niveau.
Dies setzt die Beseitigung der Überlegenheit des War
schauer Paktes bei den konventionellen Kräften voraus.