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Volume Nr. 48, 12. März 1987

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1986/87, 10. Wahlperiode, Band III, 36.-49. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 10. Wahlperiode 
48. Sitzung vom 12. März 1987 
Löffler 
(A) Aktuelle Stunden verlieren an parlamentarischem Wert, wenn 
eine Mehrheit die Aktualität leugnet, die unbezweifelbar für 
das Thema, ob der Regierende Bürgermeister nach Ost-Berlin 
fährt oder nicht, vorhanden ist. Ich werbe für einen Maßstab, 
der uns selbst bindet, damit wir nicht Aktuelle Stunden in dem 
machtpolitischen Streit des Tages einbeziehen. 
Ein einziger Grund wäre vorhanden, die Aktuelle Stunde, 
die den Regierenden Bürgermeister und die Einladung des 
Staatsratsvorsitzenden betrifft, abzulehnen: daß der Regie 
rende Bürgermeister heute nicht anwesend ist. 
[Rasch (F.D.P.): Richtig!] 
Aber lassen Sie mich dazu klar sagen: Diesen Grund erkennen 
wir nicht an. 
[Rasch (F.D.P.); Falsch!] 
Wir erkennen in deshalb nicht an, weil das Thema, das der 
Herr Regierende Bürgermeister in der Ministerpräsidenten 
konferenz heute beraten will, auch in den Abendstunden 
beraten werden kann; denn wir sehen zu einer Aktuellen 
Stunde mit unserem Thema die Anwesenheit des Regieren 
den Bürgermeisters als absolut notwendig an. 
Die Tatsache, daß der Regierende Bürgermeister diesen 
Termin in diesem Haus nicht wahrnimmt, bedeutet eine 
Schwächung seiner berlin- und deutschlandpolitischen Posi 
tion, 
[Beifall bei der SPD] 
wenn Sie das als Argument bringen zur Nichtbehandlung 
dieses Themas. Meine Behauptung ist: Wir können dann auch 
in Abwesenheit des Regierenden Bürgermeisters dieses 
Thame diskutieren, weil wir Sozialdemokraten wissen, daß 
wir uns in dieser Frage mit dem Regierenden Bürgermeister 
in einer Meinung befinden - anders als bestimmte Teile Ihrer 
Fraktion. 
[Beifall bei der SPD] 
Leidwesen sagen muß. Aber ob wir das nun gerade am 
heutigen Tage noch einmal gefördert hätten, daß der Regie 
rende endlich die Einladung annimmt, das glaube ich nicht! 
Zum Thema der Koalitionsfraktionen: Sicherlich ist es auch 
interessant zu bemerken, daß die sich seit einiger Zeit 
mehrenden Zeichen einer wirtschaftlichen Abschwächung 
und damit eines Verfalls der von der CDU immer als Erfolg 
propagierten Wirtschaftspolitik zu verzeichnen sind, dies 
lohnt sicherlich die Aussprache. Aber die CDU wird auch ihren 
nach unserer Meinung verfehlten wirtschaftspolitischen Kurs 
beibehalten. Und die Probleme, die da angesprochen sind, 
sind weitgreifender, als daß sie in einer Aktuellen Stunde 
behandelt werden können. 
Wir sind dagegen der Meinung, daß die aktuelle Frage der 
Volkszählung doch sehr viele Bürger in dieser Stadt berührt, 
und zwar einerseits zur Frage, daß sie demnächst als Erhe 
bungseinheiten zur Verfügung stehen sollen, andererseits 
aber auch sehr aktuell in der Frage der Zählerwerbung. Wir 
sehen mit großer Beunruhigung, daß die Regierung es nicht 
geschafft hat, die Zähler und die Beschäftigten des öffentli 
chen Dienstes vom Sinn, der Notwendigkeit und dem Zweck 
der Volkszählung zu überzeugen. Nein, der größte Teil des 
öffentlichen Dienstes ist sogar vielmehr davon überzeugt, daß 
die Volkszählung nichts nützt, daß sie hinausgeworfenes Geld 
bedeutet und daß sie möglicherweise sogar schädlich sein 
könnte. In dieser Situation ist natürlich eine Auseinanderset 
zung darüber, wie man weiter verfährt, sehr notwendig, auch 
hier im Parlament. Die Frage, wie weit der Demokratie, dem 
Sinn der Planung und der Volkszählung gedient ist, wenn jetzt 
zusehends versucht wird, zu Zwangsmaßnahmen gegenüber 
den Zählern im öffentlichen Dienst zu schreiten, müßte hier 
ausführlich debattiert werden. Wir sind der Meinung, wenn ein 
Zählung über Zwangsmaßnahmen durchgeführt wird, kann 
sie zu keinen vernünftigen Ergebnissen führen. Wir sind der 
Meinung, außer dem Prinzip der Freiwilligkeit dürfte in dieser 
ganzen Angelegenheit überhaupt nichts passieren. Und wenn 
es der Regierung nicht gelingt, die Bevölkerung vom Sinn und 
der Notwendigkeit der Volkszählung zu überzeugen, dann 
sollte man solche Zählungen in einem demokratischen Staats 
wesen unterlassen. 
Präsident Rebsch: Das Wort hat jetzt der Abgeordnete 
Lohauß zur Aktualität des AL-Antrags. 
Lohauß (AL): Herr Kollege Löffler, Sie haben sicherlich sehr 
eindrucksvoll die Aktualität der Einladung von Herrn Diepgen 
angesprochen. Nichtsdestoweniger haben Sie aber am Ende 
Ihrer Ausführungen darauf aufmerksam gemacht, daß Sie 
vermeinen, sich in Übereinstimmung mit dem Regierenden 
Bürgermeister zu befinden. Was die Frage der Annahme der 
Einladung angeht, stimmen wir wahrscheinlich auch mit dem 
Regierenden Bürgermeister überein. Wir haben dies hier Im 
Parlament gesagt, und wir haben schon sehr oft darüber 
gesprochen. 
Daß es in der CDU Streit darüber gibt, ist der Tagespresse 
zu entnehmen, und was in der Tagespresse steht, gilt allge 
mein als aktuell. Ich bezweifle aber, daß die CDU von diesem 
Podium aus ihre Differenzen ausgetragen hätte, wie sie es 
schon mehrfach hätte tun können, aber auch unterlassen hat. 
Insofern möchte ich nicht bezweifeln, daß das Thema aktuell 
ist. Es ist ein aktueller Dauerbrenner, wie man zum eigenen 
[Beifall bei der AL] 
Hierüber eine Auseinandersetzung zu führen, wäre wirklich 
dringlich! Die anderen Themen, die hier genannt werden, sind 
sehr umfangreich und weitgreifende Themen, die nicht so 
aktuell sind wie unser Thema. 
[Beifall bei der AL] 
Präsident Rebsch: Meine Damen und Herren, wir kommen 
nunmehr zur Abstimmung. Ich lasse über den Antrag der 
Fraktionen der CDU und der F.D.P. über das Thema „Siche 
rung der Wirtschaftskraft und der Arbeitskräfte Berlins“ ab 
stimmen. Wer diesem Thema seine Zustimmung zu geben 
wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - 
Das erste war die Mehrheit. Damit ist eine Abstimmung über 
die anderen beiden Themen erledigt. 
Ich mache noch auf die Liste der Dringlichkeiten aufmerk 
sam; 
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