Abgeordnetenhaus von Berlin - 10. Wahlperiode
47. Sitzung vom 26. Februar 1987
Wittwer, Senator für Bau- und Wohnungswesen: Herr
Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Ahme!
Diese Meinung teile ich nicht!
[Zurufe]
Stellv. Präsident Longolius: Frau Ahme!
Frau Ahme (AL): Herr Senator! Ist Ihnen aufgefallen, daß
die Praxis des Herrn Antes sich vor allen Dingen dadurch ausge
zeichnet hat, daß er Bauprojekte entgegen dem Planungsrecht
und entgegen dem Stadtplanungsamf durchgezogen hat, ohne
sich an geltendes Recht und Gesetz zu halten? - von den Grün
den wollen wir einmal gar nicht reden. Ist Ihnen bekannt, daß dies
die Vorgehensweise des Herrn Antes gewesen ist, und haben
Sie gemerkt, daß die Vorgehensweise, die zur Zeit im „Informart“
passiert, genau dieselbe Vorgehensweise ist? - Wieso teilen
Sie dann nicht meine Meinung?
[Beifall bei der AL - Gelächter bei der CDU]
Stellv. Präsident Longolius: Herr Senator!
Wittwer, Senator für Bau- und Wohnungwesen: Herr Präsi
dent! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Frau Abge
ordnete Ahme! Dies ist so, wie Sie das sagen, nicht richtig. Des
halb kann ich im vorliegenden Fall auch Ihre Meinung nicht teilen.
[Klinski (AL): Feigling! - Weitere Zurufe]
Stellv. Präsident Longolius: Frau Ahme!
Frau Ahme (AL); Ich dachte, daß der Herr Senator Wittwer
den Herrn Senator Franke ablösen sollte, um mit ganz
bestimmten Praktiken, die hier im Land Berlin eingerissen sind,
ein Ende zu machen.
[Zurufe von der CDU: Frage! Frage!]
Er scheint hier das Gegenteil bewiesen zu haben.
Ich frage den Senator Pieroth, weil sich bei dem Herrn
Senator Wittwer das Fragen nicht lohnt,
[Beifall bei der AL - Zurufe und Gelächter]
Ich frage den Senator Pieroth: Teilen Sie meine Meinung, daß
man langsam überlegen sollte, wie viele Hotels in Berlin noch
gebaut werden sollen? - Haben sie einen Plan, haben Sie ein
Bedarfskonzept? - Sind Sie nicht der Meinung, wenn dieses
Hotel mit 440 Zimmern dort entstehen wird, daß die gesamte
restliche Charlottenburger Hotelszenerie austrockenen wird,
weil es sich hier um einen hervorragenden Standort handelt
- direkt gegenüber dem ICC? - Ich erinnere an die anderen
Hotels - Hotel „Cumberland“ ist in der Planung, das große Hotel
am Lützowplatz ist im Bau, das Hotel „Berlin“ erweitert, an der
Fasanenstraße ist nach wie vor ein Hotel geplant, das Hotelpro
jekt am Kant-Dreieck ist nach wie vor noch nicht ausgeräumt -:
Was wollen Sie denn mit diesen vielen Hotelzimmern machen,
wenn das Jahr 1988 vorbei ist? - Legen Sie einmal eine anstän
dige Planung vor!
Stellv. Präsident Longolius: Herr Senator!
Pieroth, Senator für Wirtschaft und Arbeit: Wir wollen
überhaupt nichts mit den Hotels machen, und ich lege Ihnen
keine Planung vor, weil wir diesseits und nicht jenseits der
Mauer leben!
[Beifall bei der CDU - Zurufe von der SPD und der AL -
Gelächter bei der SPD und der AL]
Hier riskieren Privatleute ihr Geld. Wir sind sehr froh, wenn
Privatleute mehr Hotels in Berlin bauen, dadurch Berliner
Bauarbeitern Arbeit geben und Menschen anschließend in den
Hotels Beschäftigung finden.
Stellv. Präsident Longolius: Frau Ahme!
Frau Ahme (AL): Sind Sie nicht der Meinung, daß der
Senat von Berlin aufgerufen ist, sich Gedanken über die
Stadtentwicklung zu machen, wie Sie es im Flächennutzungs
plan versuchen, aber nach Ihrer Aussage jetzt wohl gar nicht zu
machen brauchen? - Haben sie nicht aus den Erfahrungen mit
dem Steglitzer Kreisel gelernt, in der Schloßstraße, den nun mitt
lerweile das Land Berlin aufkaufen muß, weil es sich um Büroflä
chen handelt, die keiner braucht? - Haben Sie nicht gelernt, daß
man planen muß und Vorsorge treffen muß und Entwicklungen
vorausberechnen muß?
[Beifall bei der AL]
Stellv. Präsident Longolius: Herr Senator Pieroth!
Pieroth, Senator für Wirtschaft und Arbeit: Ich habe gelernt,
daß man Entwicklungen nicht planen und nicht vorausberechnen
kann - zumindest ist das meine Lebenserfahrung. Ich habe auch
gelernt, daß Menschen, die ihr Geld'privat investieren, sehr
vorsichtig damit umgehen. Beim Steglitzer Kreisel war es anders.
Dort wurde ein zweistelliger Millionenbetrag von der öffentlichen
Hand dazugegeben. Durch so etwas werden private Investoren
sehr leichtsinnig. Deshalb geben wir für Hotelbauten überhaupt
keinen Zuschuß.
Stellv. Präsident Longolius; Das Wunder ist geschehen!
Frau Preisler-Holl hat sich gemeldet, sie stellt die letzte
Zusatzfrage.
Frau Preisler-Holl (AL); Herr Senator Pieroth! Wenn Sie
gelernt haben, daß Sie keine Entwicklungsplanung in der Stadt
betreiben wollen; Warum hat sich der Senat dann zu dem neuen
Schritt entschlossen, Stadtentwicklungspläne aufzuslellen
[Beifall bei der AL - Buwitt (CDU): Was hat das mit
der Frage zu tun?]
- unter anderem auch für den Wirtschaftsbereich - und diese
Entwicklungspläne als Vorgabe für die Bezirke zu geben, so daß
die Bezirke nicht mehr in der Lage sind, eigene Entscheidungen
bei den Bebauungs- und Landschaftsplänen zu treffen?
[Beifall bei der AL]
Stellv. Präsident Longolius: Herr Senator!
Pieroth, Senator für Wirtschaft und Arbeit: Ich weiß nicht,
warum Sie mich nach der Notwendigkeit von Stadtentwicklungs
und Bebauungsplänen fragen. Das ist eine ganz andere
Kategorie, das ist nicht Sache von Privatinvestoren, sondern der
politisch Verantwortlichen. Die Frage wollten Sie mir wohl aber
auch ernsthaft nicht stellen. Ich habe Ihnen gesagt, daß man den
Hotelbedarf nicht planen kann und daß ich froh bin, daß private
Investoren dies wagen, und daß ich noch froher bin, daß wir
nicht, wie auf der anderen Seite der Mauer, auch diesen Teil
des menschlichen Lebens noch staatlich zu gestalten haben.
[Beifall bei der CDU]
Stellv. Präsident Longolius: Jetzt hat der Kollege Helias
das Wort zu seiner Mündlichen Anfrage über
DIW-Gutachten
Hellas (CDU): Ich frage den Senat:
Welche Folgerungen zieht der Senat für seine Technologie-
und Innovationspolitik aus dem Gutachten des DIW „Erfolgskon
trolle von Maßnahmen der Strukturprogramme“?
Stellv. Präsident Longolius: Herr Senator Pieroth!