Abgeordnetenhaus von Berlin - 10. Wahlperiode
44. Sitzung vom 22. Januar 1987
Roß
(A) Wohle der Bürger unserer Stadt zurückzukehren. - Vielen
Dank!
[Beifall bei der SPD -
Dr. Franz (CDU): Treten Sie erst mal ab!]
Stellv. Präsident Longolius: Jetzt hat Kollege Braun das
Wort.
Braun (CDU): Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Herr Kollege Ross und Herr Kollege Küche! Soweit Sie
Einzelheiten von Schlechtleistungen von Fremdfirmen ange
sprochen und vorgetragen haben, trifft die Verantwortlichkeit
dafür doch die zuständigen Mitarbeiter und Krankenhauskon
ferenzen, die auf vertraglichem Wege diese Schlechtleistun
gen abstellen können.
Es geht hier aber nicht um Einzelheiten, es geht um den
Grundsatz. Bei Ihnen, Herr Ross, hat nur noch als Schlußsatz
gefehlt: „Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen gilt als
Bestandteil der neokonservativen Offensive zum Abbau des
Sozialstaats.“ So heißt es in Heft 13 der gewerkschaftlichen
| Schriftenreihe zur Privatisierung öffentlicher Dienstleistun
gen. Das meinten Sie ja auch mit Ihrem Beitrag, und das -
glauben Sie - gilt auch für die Privatisierung von Teilleistun
gen - sei es im Küchenbereich, sei es im Verwaltungsbereich
oder in anderen Teilbereichen des Krankenhauses. Dieses
Thema ist nicht neu, es ist seit 15 Jahren Gegenstand der
dogmatischen Auseinandersetzungen. Allerdings, meine Da
men und Herren der Opposition, haben Sie zu der Zeit, in der
Sie für Wirtschaftlichkeit politische Verantwortung trugen,
anders formuliert, wesentlich geschmeidiger. Der außeror
dentliche Bundesparteitag Ihrer Partei hat in einem Beschluß
zum Regierungsprogramm 1976-80 die Auffassung vertreten,
daß der Nachholbedarf bei der Versorgung mit öffentlichen
Dienstleistungen in vielen Bereichen bewältigt sei und es
nunmehr darauf ankomme, die Verwaltung durch Wirtschaft
lichkeitsberechnungen, Kosten-Nutzen-Analysen sowie durch
moderne Organisation und Personalführung wirtschaftlicher
zu machen. Die Privatisierung öffentlicher Aufgaben wird
ausdrücklich nur noch dort abgelehnt, „wo sie neue soziale
Randgruppen, neue Ungerechtigkeiten und neue Monopole
schafft“. Unter diesen Kriterien sind die Rationalisierungsre
serven in den Krankenhausbetrieben noch längst nicht ausge
schöpft!
[Schicks (CDU): Originalton SPD!)
- Das letztere nicht, das war meine Meinung. Dementspre
chend - jetzt kommt Originalton - enthält auch schon der
Abschlußbericht „Krankenhausmodernisierungsprogramm“
aus dem Jahre 1976 deutliche Hinweise auf Rationalisierungs
reserven im Wäschebereich und in der Küchenversorgung mit
den notwendigen Konsequenzen des Stellenabbaus. Nicht
zuletzt-gestatten Sie mir diese Zwischenbemerkung-macht
sich auch der Landesverband Berlin des Deutschen Gewerk
schaftsbundes die wirtschaftlichen Vorteile der gewerblichen
Fremdreinigung zunutze, obwohl die Reinigungsfläche wohl
einigen eine Lebensstellung bieten könnte. Die Chance der
wirtschaftlicheren und vorteilhafteren Regelung sollte auch
für den Beitragszahler gelten. Es sollte nicht bei der Soziali
sierung der Unwirtschaftlichkeit bleiben. Kurzum: Meine Frak
tion geht davon aus, daß die Krankenhausbetriebe im Rahmen
ihrer Eigenverantwortlichkeit gewissenhaft abwägen und sich
für das wirtschaftlich günstigere Verfahren entscheiden und
die Angebote zur Vergabe von Aufträgen und Aufgaben an
externe Unternehmen aufgeschlossen prüfen.
[Beifall bei der CDU]
Ihre Vorbehalte gegenüber der Gesellschaft für Kranken
haustechnische Dienste stellt ebenfalls die willkürliche Ab
kehr von einer selbsteingeleiteten Initiative dar. Ich möchte (C)
zunächst an einen vergleichbaren beispielhaften Vorgang
erinnern: Nachdem Sie, meine Damen und Herren von der
Opposition, in Ihrer damaligen Regierungsverantwortung
über mehrere Jahre hinweg mehr als ingesamt 60 Millionen
DM ohne konkreten Erfolg für die Automatisierung und Einfüh
rung des kaufmännischen Rechnungswesens in den Kranken
hausbetrieben investiert hatfen-eigentlich müßte man sagen:
in den Sand gesetzt haben -, faßten Sie schließlich den
Sachverstand in der „Gesellschaft für Systemforschung und
Dienstleistungen im Gesundheitswesen“ zusammen. Erst
diese Maßnahme hat schließlich zu brauchbaren Ergebnissen
geführt. Eben diese Erfahrung schlägt sich in dem Vorhaben
GKD nieder. Bekanntlich hat nach einer im Jahre 1979
abgeschlossenen Vorstudie der Bundesminister für For
schung und Technologie das Forschungs- und Entwicklungs
vorhaben zur Verbesserung der Gerätesicherheif gefördert.
Daran, unter dem Begriff „Technisches Servicezentrum“
haben sich drei Berliner Krankenhausbetriebe beteiligt. Die
Umsetzung dieser Arbeitsergebnisse, dieser Erkenntnisse
soll Auftrag der neuen Gesellschaft sein. Es handelt sich also
um eine logische Konsequenz aus dem Abschluß eines
Forschungsvorhabens. Sie, die Opposition als Regierungs
fraktion, hat sich damals für eine Beteiligung entschieden: Sie
haben Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt - im Haushalt
19811,3 Millionen DM Ihre heutige Kritik belegt nur, daß Sie
sich bisher nicht einmal mit dem mehrbändigen Abschlußbe
richt zum Modellversuch auseinandergesetzt haben!
[Abg. Roß (SPD) meldet sich zu einer
Zwischenfrage]
Stellv. Präsident Longolius: Sie gestatten keine Zwischen-
frage? (D)
Braun (CDU): Nein! - Meine Damen und Herren! Ihre Große
Anfrage läßt keinen wirtschaftlich vernünftigen noch sonsti
gen sachlich gerechtfertigten Ansatz erkennen - geschweige
denn die Begründung. Sie reduziert sich auf eine oberflächli
che Solidaritätsaktion mit den Gewerkschaften. Ihre Anfrage
fällt augenscheinlich mit einer Kampagne im „ÖTV-Magazin“
und im „ÖTV-Dialog“ zusammen - mit einem Unterschied
allerdings: Der „ÖTV-Dialog" vermerkt, daß über die materiel
len Fragen der Arbeitsplatz- und Einkommenssicherung beim
Bettenabbau Einigung erzielt werden konnte. Darin liegt auch
ein wesentlicher qualitativer Unterschied in den Kranken
hausplanungen. Während der Krankenhausbedarfsplan 1978
sich in der Berechnung von Fluktuationsraten und utopischen
Stellenzuwächsen erschöpft, hat dieser Senat ein finanzielles
Konzept vorgelegt, das Vorsorge für das personelle, zu Lasten
des Betroffenen gehende Beschäftigungsrisiko trifft; es aus
schließt. Ihre Anfrage soll-darauf wurde schon hingewiesen -
offensichtlich nur Ängste schüren und Spekulationen wecken.
Sie bietet bedauerlicherweise keinen Ansatz zu einer weite
ren sachgerechten Auseinandersetzung.
Lassen Sie mich noch kurz einen Vergleich darstellen,
damit auch die Zahlen hier in der Öffentlichkeit richtiggestellt
sind: Beim Beginn der Krankenhausbedarfsplanung im Jahre
1973 entfielen 58,5% auf den öffentlichen Bereich und 41,5%
auf den freigemeinnützigen und privaten Bereich. Ihre Pla
nung 78 verschob die Anteile zu Ungunsten des privaten und
gemeinnützigen Bereichs, und zwar war das Verhältnis 61%
und 39%. Der Bedarfsplan 1992 rückt die alten Zahlen wieder
zurecht auf das alte Verhältnis 57 zu 43%. Alles andere ist ein
unehrliches, unseriöses Gerede von einer Privatisierung.
Herr Küche, gestatten Sie noch einen Abschlußsatz: Was
Sie über Fremdreinigung gesagt haben, kann man nur als
schlichte Unkenntnis bezeichnen! Die Fremdreinigungsfirmen
waren die ersten, die hygienische Verfahren entwickelt haben
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