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Volume Nr. 44, 22. Januar 1987

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1986/87, 10. Wahlperiode, Band III, 36.-49. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 10. Wahlperiode 
44. Sitzung vom 22. Januar 1987 
Sen Dr. Rexrodt 
(A) Steueraufkommen gedeckt werden können. Diese Entwick 
lung beweist, daß der finanz- und wirtschaftspolitische Kurs 
des Senats greift. 
Daß immer noch mehr als die Hälfte unserer Einnahmen - 
und damit auch mehr als die Hälfte unserer Ausgaben - durch 
die Bundeshilfe dotiert wird, darf nicht vergessen werden. Der 
Bund unterliegt ebenfalls Haushaltszwängen, so daß schon 
deshalb Berlins Bäume nicht in den Himmel wachsen werden. 
Der Senat geht bei der Bundeshilfe von einem gleichmäßigen 
Anstieg um 3% je Jahr aus. Ich betone in diesem Zusammen 
hang, daß es nicht einfach sein wird, diese Steigerungsraten 
zu halten. Neimand kann für die Zukunft eine Abschwächung 
des wirtschaftlichen Wachstumsprozesses ausschließen. 
Dann werden möglicherweise die Steuereinnahmen und auch 
die Bundeshilfe schwächer wachsen; und wenn dann zu 
ergeizige Ausgabenblöcke in der finanzpolitischen Land 
schaft stehen, muß es zwangsläufig zur Verengung des 
finanzpolitischen Spielraums kommen, um nicht zu sagen: 
Dann kann die Maschine sehr schnell auseinanderfallen. 
Der Senat beurteilt deshalb die Möglichkeiten seiner Aus 
gabenpolitik planerisch vorsichtig und hält bis 1990 eine 
durchschnittliche Steigerung von 2,7% für vertretbar. Mit 
diesem Zielwert halten wir uns an die Empfehlungen des 
Finanzplanungsrates. Die Finanzplanung geht angesichts der 
rechnerischen Deckungslücke - ich erwähnte das schon - von 
850 Millionen DM davon aus, daß schon kurzfristig gezielte 
Maßnahmen des Subventionsabbaues verwirklicht werden 
müßten, die in den Jahren 1988 bis 1990 eine Haushaltsentla 
stung von zusammen 175 Millionen DM bewirken sollen. In 
diesem Zusammenhang sind insbesondere folgende Maßnah 
men beabsichtigt: 
- Abbau und Einschränkung entbehrlicher Ausgaben der 
Wirtschaftsförderung, insbesondere Einstellung der Exi- 
B) Stenzgründungsprämie, 
- Einstellung der Subventionierung der Bauschuttverbrin 
gung in die DDR, 
- Reduzierung der Beteiligung Berlins an den Kosten von 
Leitungsverlegungen der Eigenbetriebe und der Bewag im 
Rahmen von Tiefbaumaßnahmen, 
- Anhebung der Pachtzinsen für Kleingärtner und Übertra 
gung der Wegeunterhaltungsptlicht auf die Kleingartenver 
bände, 
- Anhebung der Erbauzinsen für Kleinsiedler nach dem 
Reichsheimstättengesetz, 
- Einstellung der Subventionierung von Wohnungsgrün 
dungsdarlehen, 
- Absenkung des Haushaltsanteils Berlins an den Straßenrei 
nigungskosten möglichst auf 25%, 
- Anpassung der Kindertagesstätten-Kostenbeiträge an die 
Kostenentwicklung und Einführung einer neuen Beitrags 
klasse. 
Ich habe das so ausführlich dargestellt, um die Probleme 
noch einmal in Erinnerung zu rufen, die mit dieser Subven 
tionsabbaumaßnahme verbunden sein können und verbunden 
sein werden. Es gab und es gibt politische Widerstände gegen 
diese Maßnahmen, insbesondere gegen einige dieser Maß 
nahmen; ich sage aber mit Deutlichkeit: Am Subventionsab 
bau führt kein Weg vorbei. 
[Beifall bei der F. D.P. und bei der CDU] 
Andernfalls fehlen die Ressourcen für eine überzeugende 
Politik auf anderen Feldern, 
Die haushaltspolitische Abwicklung der Investitionsvorha 
ben hat in der Vergangenheit gezeigt, daß der kassenmäßige 
Ausgabenbedarf hinter den jährlich veranschlagten Investi 
tionsausgaben zurückbleibt. Die Ausgabenansätze für Investi- (C) 
tionsmaßnahmen sollen deshalb künftig dem voraussichtli 
chen kassenmäßigen Abfluß, dem kassenmäßigen Bedarf 
besser angepaßt werden. 
Anstelle der vollen Veranschlagung der Ausgaben werden 
in bestimmter Höhe nur noch Verpflichtungsermächtigungen 
erteilt, um bei entsprechendem Bedarf Aufträge vergeben zu 
können, die erst in späteren Jahren Kassenwirksamkeit 
erzielen werden. Dadurch wird in den Jahren 1988 bis 1990 die 
planerische Bindung von Deckungsmitteln in Höhe von zu 
sammen 385 Millionen DM vermieden, ohne daß die effektive 
Investitionsnachfrage des Haushalts beeinträchtigt wird. 
Erforderlich ist darüber hinaus eine strikte Begrenzung der 
Steigerung der konsumtiven sächlichen Ausgaben. Die Fi 
nanzplanung sieht deshalb pauschale Minderausgaben für 
die Jahre 1988 bis 1990 in der Größenordnung von 290 Milli 
onen DM vor. Die Ressorts müssen durch eigene Prioritäten 
setzungen in entsprechender Höhe Einsparungen erwirtschaf 
ten. Die finanzielle Lage Berlins erlaubt also keinesfalls, die 
Zügel schleifen zu lassen. Sie gestattet aber, den Haushaitauf 
einem Weg zu halten, der zu mehr Beschäftigung bei stetigem 
Wirtschaftswachstum, insbesondere qualitativem Wirtschafts 
wachstum, führt. 
Die Investitionsausgaben sind im Zeitraum 1981 bis 1986 um 
mehr als 23% gewachsen. Sie sind kontinuierlich gesteigert 
worden. Auch künftig wird sich die Investitionsnachfrage 
Berlins auf sehr hohem Niveau bewegen. Die Investitionsaus 
gaben steigen pro Jahr durchschnittlich um 2,3%. 
Für die Beschäftigungswirksamkeit des Haushalts insge 
samt ist neben der Investitionsnachfrage auch die qualitative 
Ausrichtung bestimmter konsumtiver Ausgaben von ganz 
erheblicher Bedeutung. Ich möchte in diesem Zusammen 
hang nur einige wenige nennen, die konsumtiv und trotzdem (D) 
beschäftigungswirksam sind: 
- Programme zur Modernisierung und Strukturverbesserung 
der Berliner Wirtschaft, 
- Programme zur Förderung der Berufsausbildung und zur 
beruflichen Qualifizierung, 
- Bereitstellung von Ausbildungsplätzen sowie in der Aus 
weitung der Möglichkeiten der Teilzeitarbeit im öffentlichen 
Dienst, 
- Fortsetzung und Ausbau von Arbeitsbeschaftungsmaßnah- 
men. 
In allen Politikbereichen sind in den letzten Jahren Lei 
stungsreserven freigesetzt worden. Wir verfügen in unserer 
Stadt mittlerweile über Infrastrukturen, die denen anderer 
großer Städte in Deutschland, ja in der Welt, überlegen sind. 
Diese Infrastrukturen haben wir 
- in weiten Bereichen der Kulturlandschaft, 
- im Verkehrsbereich, 
- im Bildungssystem, 
- im Jugend- und Sozialbereich, 
- in der Wohnraumversorgung. 
Ein wichtiges Ziel ist allerdings nicht erreicht. Ich sage das 
ganz deutlich. Das ist die Beseitigung der Arbeitslosigkeit. 
Und hier setzt nun auch die Kritik an, daß der Staat versäume, 
seine beschäftigungspolitische Aufgabe wahrzunehmen an 
gesichts der „Unfähigkeit des Marktes", das Problem der 
Arbeitslosigkeit zu lösen. Diese Kritik stellt die Dinge auf den 
Kopf. Daß sich die Arbeitslosigkeit bei uns so festsetzen und 
verhärten konnte, liegt doch darin begründet, daß von außen 
in den Markt eingegriffen worden ist und bestimmte Blocka 
den die Marktkräfte nach wie vor behindern. 
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