Abgeordnetenhaus von Berlin - 10. Wahlperiode
40. Sitzung vom 10. Dezember 1986
Dr. Kremendahl
ten, dem gesundheitspolitischen Skandal und dem wissen
schaftspolitischen Skandal, den die Klinikumsverlagerung ohne
hin bedeutet, noch einen baupolitischen Skandal hinzuzufügen?
[Beifall bei der SPD - Buwitt (CDU): Kommen Sie sich
nicht lächerlich vor, wo Sie die Südschiene gebaut haben?]
Trifft es nicht zu, daß Sie einen ernsthaften Archifekfenwett-
bewerb schon deshalb nicht mehr in Erwägung ziehen,
[Buwitt (CDU): Nicht zu fassen!]
weil von Anfang an die Vergabe des lukrativen Auftrags an jenes
Architektenbüro, das die Errichtung des Herzzenfrums betreut
hat, integraler Bestandteil des ganzen Verlagerungsplans ge
wesen ist?
[Buwitt (CDU): Sie sind ein Scherzbold! -
Dr. Kremendahl (SPD): Kümmern Sie sich um Ihre Heizung,
Herr Buwitt!]
Präsident Rebsch: Herr Senator!
Wittwer, Senator für Bau- und Wohnungswesen: Herr
Kremendahl, wir haben weder einen Wissenschafts- noch einen
Medizinskandal, noch werden wir hier einen Bauskandal haben.
[Beifall bei der CDU]
Gerade das Herzzentrum ist ein sehr gutes Beispiel dafür, wie
man teilzerstörte Bauten in hervorragender Weise mit neuen
Nutzungen integral zusammenfügt.
[Beifall bei der CDU]
Präsident Rebsch: Letzte Zusatzfrage - der Abgeordnete
Biederbick!
Biederbick (F.D.P.): Herr Senator, Sie sprachen das Ergeb
nis des Wettbewerbs Mitte der 70er Jahre an. Inwieweit trifft es
zu, daß der Landeskonservator, nachdem das Ergebnis dieses
Wettbewerbs vorlag, die Frage, ob er gegen den Abriß der
Gebäude Bedenken habe, damals verneint hat? Ist die heutige
Antwort des Landeskonservalors vor diesem Hintergrund nur so
zu verstehen, daß er sein eigenes schlechtes Gewissen beruhi
gen will?
Präsident Rebsch: Herr Senator!
Wittwer, Senator für Bau- und Wohnungswesen: Herr
Abgeordneter Biederbick, darauf kann ich nur aus meiner frühe
ren Tätigkeit antworten, da ich mit dieser Sache noch im letzten
Jahr und im Frühjahr dieses Jahres befaßt war. Es ist richtig, daß
der Landeskonservator damals gegen den Abriß der gesamten
Südschiene, also der Pavillons südlich dieser Achse, keinen Ein
spruch erhoben hat.
[Buwitt (CDU): So ist das Leben, Herr Kremendahl!]
Uber sein weiteres Verhalten möchte ich keine Aussagen
machen.
[Vogt (CDU): Hört, hört!]
Präsident Rebsch: Meine Damen und Herren! Ich rufe nun
mehr die ursprünglich als Nr. 8 vorgesehene Frage auf. Die
F.D.P. hat diese beiden Fragen ausgetauscht.
[Frau Kiele (AL): Wie schade!)
Das Wort hat der Abgeordnete Oxfort zur Mündlichen Anfrage
über
Auflösung und Eingliederung der
Ha ns-Ca rossa-Obersch u le
in Berlin-Spandau
in eine an starkem Schülerschwund
leidende Spandauer Gesamtschule
Bitte sehr, Herr Oxfort!
Oxfort (F.D.P.): Ich frage den Senat: (C)
1. Wie beurteilt der Senat den Vorschlag der Spandauer
Schulkommission der SPD und des gegen seine eigene Einsicht
handelnden Bezirksstadtrates Hauff, die Hans-Carossa-Ober-
schule, ein Gymnasium, mit der an starkem Schülerschwund
leidenen Carl-Diem-Oberschule, einer Gesamtschule, zu einer
„organisatorischen pädagogischen Einheit“ auf der Grundlage
eines „gemeinsamen pädagogischen Konzepts“ zusammenzu
führen?
2. Wird der Senat den Willen der Eltern und Schüler und der
Hans-Carossa-Oberschule respektieren und gewährleisten, daß
diese Schule als selbständiges Gymnasium erhalten bleibt?
Präsident Rebsch: Zur Beantwortung - Frau Dr. Laurien!
Frau Dr. Laurien, Bürgermeisterin und Senatorin für Schul
wesen, Berufsausbildung und Sport: Herr Präsident! Meine
Damen und Herren! Herr Abgeordneter! Der Vorschlag der
Schulkommission der SPD entsprach in der Tat - wenn man die
vorherigen Ereignisse mit in die Beobachtung einbezieht - nicht
den Konzeptionen des zuständigen, der gleichen Partei zugehö
rigen Volksbildungsstadtrates. Dieser Vorschlag geht von ideo
logischen Grundvoraussetzungen aus.
[Frau Kiele (AL): Nein!]
Er schneidet wieder ein Thema an, das wir in unserer politi
schen Verantwortung längst beendet hatten; den Streit der
Schulsysteme. Wir haben das Gesamtschulabkommen unter
schrieben, die Aufmerksamkeit auf die Einzelschule gerichtet
und eben nicht den Streit der Systeme in Berlin vertreten. Be
stimmte Flügel der SPD scheint Luft aus Nordrhein-Westfalen
ergriffen zu haben. Dort nämlich wird erneut eine Schlacht auf
dem Rücken der Kinder geführt. Bei 112 Personen, die sich für
die Gesamtschule entscheiden, sind dort gewachsene Schulen
in ihrem Bestand gefährdet. Genau das wollte dieser Antrag der (D)
SPD: eine gewachsene funktionierende Schule in Frage stellen.
Auch von vorherigen Senaten ist übrigens nie vertreten worden,
daß etwa die Kooperation zwischen einer Gesamtschule und
einem Gymnasium in der Mittelstufe möglich sei.
Dies ist systemfremd, denn man kann nicht verschiedene
Systeme - ich zitiere aus dem Vorschlag - „zu einer organisatori
schen und pädagogischen Einheit verbinden“. Das hieße, ehrlich
gesprochen, Auflösung des Gymnasiums. Solange ich Verant
wortung trage, werden wir in diese Schlacht auf dem Rücken der
Kinder nicht zurückkehren.
[Beifall bei der CDU und der F.D.P]
Um auch die Datenlage darzustellen: Ich habe übrigens
bereits am 12. Juli an das Bezirksamt Spandau geschrieben und
um Klärung gebeten und dabei unsere Position bezogen - daß
nämlich die gegenwärtige und die prognostizierte Schülerzahl
keinerlei Berechtigung für die Schließung eines Gymnasiums
geben. Ich nenne einmal zusammengefaßt die Zahlen: Es gibt
fünf Spandauer Gymnasien mit 1 7 siebenten Klassen mit 503
Schülerinnen und Schülern; das ergibt eine Durchschnitts
frequenz von 29,6. Zum Vergleich - dazu sage ich, daß es keinen
drastischen Schwund gibt, der zu Schulschließungen führen
müßte -: auch fünf Gesamtschulen mit 26 Kerngruppen der sie
benten Jahrgangsstufe und 609 Schülern - Durchschnitts
frequenz 23,4. Das ist weniger, liegt aber absolut im Rahmen
des Vertretbaren. Es gibt also überhaupt keinen Grund, hier von
einer Schließung des Gymnasiums auszugehen. Auf die Gebäu
desituation komme ich gleich.
Hier sollte Unruhe geschaffen werden, denn mit treuem
Augenaufschlag wurde von manchen Leuten gesagt: Ja, die
Schule sollte ja bestehen bleiben, nur sie sollte in die Gebäude
der Carl-Diem-Gesamtschule ziehen, und dann sollte man die
organisatorische und pädagogische Einheit - wie ein Phantom
- anstreben. -
[Pätzold (SPD): Das kennen wir vom
Krankenhauswesen her!]
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