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Volume Nr. 39, 27. November 1986

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1986/87, 10. Wahlperiode, Band III, 36.-49. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 10. Wahlperiode 
39. Sitzung vom 27. November 1986 
Sen Dr. Starnick 
(A) se schlagen hier direkter durch. Dies hängt unter anderem 
damit zusammen, daß die Witterung des jeweiligen Vorjahres 
für den Austrieb im folgenden Jahr von großer Bedeutung ist, 
da ja in diesem Jahr alle Assimilationsorgane neu gebildet 
werden müssen. Die erfreuliche annähernde Verdoppelung 
der Anzahl von Eichen ohne Schadensmerkmale gegenüber 
dem Vorjahr hängt - abgesehen von der Witterung - damit 
zusammen, daß der Insektenbefall, der im Vorjahr an 70% der 
Bäume auftrat, sich in diesem Jahr nur an 10% der Eichen 
durch Blattfraß bemerkbar machte. Die trotzdem feststellbare 
besorgniserregende Zunahme starker Schäden bei den Ei 
chen hängt nach den bisherigen Untersuchungen wahrschein 
lich mit dem Befall der bislang nicht in Erscheinung getrete 
nen Schwächeparasiten zusammen, die vorgeschädigte Ei 
chen unter bestimmten Bedingungen zum Absterben bringen 
können. Es handelt sich vermutlich um einen oder mehrere 
Pilzarten, die mit dem Erreger des Ulmensterbens und der 
Amerikanischen Eichenwelke verwandt sind. Genauere Un 
tersuchungen haben begonnen. Es gilt vor allem, Aufschluß 
über die Verbreitungsdynamik - Art der Übertragung, Vor 
aussetzung für Fruktifikation und Sporenproduktion - zu 
erhalten. Statistisch gesicherte Aussagen über den Schädi 
gungsgrad einzelner Waldgebiete sind auf der Basis der 
terrestrischen Waldschadenserhebung nicht möglich. Hier 
über kann erst Näheres mitgeteilt werden, sobald die Ergeb 
nisse der Infrarot-Luftbiidinterpretation vorliegen. 
Zu Frage 2: Der Senat pflichtet der in der Fragestellung 
enthaltenen Feststellung bei, daß die Luftverschmutzung in 
Berlin fortdauert. Jedoch sind gerade für den Schadstoff S0 2 
deutlich rückläufige Tendenzen zu verzeichnen: 1976 wurde 
für Schwefeldioxid noch ein Jahresmittelwert von 95, im Jahr 
1977 von 103, dagegen 1983, 1984, 1985 nur noch jeweils 
Jahresmittel von 67, 66, 67 pg S0 2 /m 3 gemessen. 
Die zunehmende Motorisierung hat, wie bereits dargestellt, 
W allerdings dazu geführt, daß bei einigen der für den Kraftfahr 
zeugverkehr typischen Luftverunreinigungen wie z.B. Stick 
oxiden eine Abnahme noch nicht eingetreten ist. 
Die Begrenzung des Bleigehaltes im Benzin hat zu einer 
kräftigen Verminderung des Bleigehaltes im Schwebstaub 
geführt, der zur Zeit selbst in Verkehrsnähe noch unter 30% 
des Grenzwertes der TA Luft liegt. 
Vor voreiligen Beurteilungen des Einflusses von S0 2 , NO, 
und Schwebstäuben auf die Mortalitäts- bzw. die Morbiditäts 
rate sollte man sich allerdings hüten. Aus den in Berlin in den 
letzten Jahren angeferfigten Studien lassen sich die vorlie 
genden Ergebnisse folgendermaßen zusammenfassen - ich 
zitiere aus einer Studie: 
In den meisten Untersuchungen wurde ein statistisch 
signifikanter Zusammenhang zwischen der Höhe der 
S0 2 -Konzentration und der Mortalitäts- bzw. Morbiditäts 
rate aufgezeigt. Die kurzfristigen Wirkungen werden zum 
Teil abweichend interpretiert. Allerdings weistauch keine 
der vorliegenden Untersuchungen die Luftverunreinigun 
gen als alleinige Ursache von Erkrankungen aus. Speziell 
auf die Exposition in der Innenraumluft und den Risikofak 
tor Rauchen muß in diesem Zusammenhang hingewiesen 
werden. Die Diskussion über Wirkungsmechanismen ist 
nicht abgeschlossen. 
Vor diesem Hintergrund lassen Sie mich zur Berliner Smog- 
Verordnung folgendes anmerken: Diese Verordnung enthält 
sehr umfassende Regelungen, die jedoch selbst bei Auslö 
sung aller Maßnahmen nur eine begrenzte Verbesserung der 
Luftgüte bewirken können. 
[Liepelt (CDU): So ist es!] 
Dieses auch aus meiner Sicht nicht befriedigende Ergebnis 
würde jedoch wegen des überwiegenden Imports der Luft- 
schadstoffe auch durch eine Verschärfung der Smog-Verord- (C) 
nung nicht verbessert. 
Vor Erlaß der Berliner Smog-Verordnung sind die Auslöse- 
kriterien u.a. in einem breitangelegten Hearing im Ausschuß 
für Stadtenfwicklung und Umweltschutz diskutiert worden. Der 
Senator für Stadtentwicklung und Umweltschutz hat die Ergeb 
nisse dieser Anhörung sorgfältig ausgewertet. Er hat sich 
ferner des in Berlin vertretenen Sachverstandes wie auch 
einschlägig tätiger auswärtiger Experten versichert. Die Aus- 
lösekriterien für die Verordnung wurden schließlich auf der 
Grundlage des Musterrechtsrahmen-Entwurfes des Länder 
ausschusses für Immissionsschutz feslgelegt. Dieser Entwurf 
hat der Umweltminister-Konferenz Vorgelegen und wurde von 
dieser den Ländern als Handlungsrahmen für den Erlaß von 
Smog-Verordnungen empfohlen. Es mag in diesem Zusam 
menhang interessieren, daß — auch und gerade unter Einbe 
ziehung des Faktors 1,3 für die Gewichtigung des Schweb- 
staubs - Berliner Wirkungsexperten die hiesige Verordnung 
als gut, wohl abgewogen und den hiesigen Immissionsverhält 
nissen entsprechend beurteilt haben. Neuere Erkenntnisse, 
die eine Änderung der Auslösekriterien erforderlich machen 
würden, sind mir nicht bekannt. Auch die sehr umfangreichen 
Untersuchungen der gesundheitlichen Auswirkungen der 
Smogsituation im Januar 1985 in Nordrhein-Westfalen führten 
zu keinem anderen Ergebnis. 
Ich komme zurück auf die in Ihrer zweiten Frage ebenfalls 
angesprochene Einrichtung von Beratungsstellen für Eltern 
von durch Pseudokrupp betroffenen Kindern. Die Einrichtung 
derartiger gesonderter Beratungsstellen für diesen Personen 
kreis wäre ohne Effekt, da angesichts der dichten medizini 
schen Versorgung durch niedergelassene Ärzte und sachkun 
dige klinische Einrichtungen in Berlin eine ausreichende 
Betreuung bei dieser Erkrankung gewährleistet ist. Nach aller 
Erfahrung suchen die Eltern von Pseudokrupp erkrankten 
Kindern immer den Arzt ihres Vertrauens bzw. die Klinik auf. (D) 
Beratungsstellen, die nicht das Gesamtbild der Erkrankung 
kennen, werden nicht als hilfreich angesehen werden können. 
[Frau Kiele (AL): Sprechen Sie mal mit den 
Eltern!] 
Zu Frage 3 haben Sie ein ganzes Bündel von Fragen 
gestellt, die ich in der von Ihnen gewünschten Reihenfolge 
beantworte. 
Zunächst zum Drei-Wege-Katalysator: Entscheidend für 
merkbare Emissionsminderungen im Bereich der Kfz-Abgase 
ist die schnelle Einführung schadstoffarmer Autos. Durch die 
bereits genannten indirekten Maßnahmen konnte bewirkt 
werden, daß die Neuzulassungen schadstoffarmer Fahrzeuge 
in Berlin weit über dem Bundesdurchschnitt liegen. Insbeson 
dere die Kennzeichnung der vom Fahrverbot bei Smogalarm 
ausgenommenen Fahrzeuge durch die sogenannte Smog- 
Plakette hat diese Entwicklung vorangetrieben. Der Trend zum 
Erwerb schadstoffarmer Fahrzeuge scheint sich in Berlin 
weiter fortzusetzen. So lag der Anteil an Katalysator-Fahrzeu 
gen bei der Neuzulassung im Januar bei 16, im April bei 27%, 
im August bei 26% und im September 1986 bei 29%. Ein noch 
höherer Anteil der Katalysator-Fahrzeuge wäre zwar wün 
schenswert, der Senat vermag jedoch nicht generell von 
einem „Mißlingen der schnellen Durchsetzung des geregelten 
Drei-Wege-Katalysators“ zu sprechen. 
[Klinski (AL): Geht denn das nun langsamer als 
geplant oder nicht?] 
Zu den Dieselfahrzeugen ist folgendes anzumerken; In der 
Berliner Smog-Verordnung werden - abgestuft für die Alarm 
stufen 1 und 2 — diejenigen Fahrzeuge vom Fahrverbot 
ausgenommen, deren Abgasemissionen in geringerem oder 
stärkerem Maße vermindert sind. Hierzu gehören auch Die 
selfahrzeuge, obwohl diese als besondere Schadstoffquellen 
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