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Volume Nr. 31, 12. Juni 1986

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1986, 10. Wahlperiode, Band II, 19.-35. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 10. Wahlperiode 
31.Sitzung vom 12Juni 1986 
1788 
Lesnau 
(A) worden; 30 oder mehr Lehrer werden, dem Ergebnis der 
Verhandlungen entsprechend, im Schuldienst des amerikani 
schen Bundesstaates Texas einsetzbar sein, und ich darf auch 
- wenn man mitzählt - eine Aktivität hier besonders 
hervorheben: Der Landessportbund hat ein auf die Anlegung 
dauerhafter Arbeitsplätze gerichtetes Programm für arbeitslo 
se Sportlehrer initiiert und für ein weiteres Jahr gesichert. 
Dies ist ein kleiner Ausschnitt der Bemühungen; er zeigt ein 
Engagement, das nach unserer Auffassung beispielhaft ist. Es 
ist dabei aber auch deutlich zu machen, daß Flexibilität im 
Einsatz erworbener Fähigkeiten das Gebot des Arbeitsmark 
tes ist. Mit dem Entschluß, Pädagogik zu studieren, mit dem 
Staatsexamen wird kein Anspruch erworben auf Aufnahme in 
den Schuldienst. Dieser Gedanke nämlich, konsequent zu 
Ende gedacht, würde zu einer bedarfsorientierten staatlichen 
Zugangsregelung führen, die für meine Fraktion in keiner 
Weise zustimmungsfähig wäre. Und auch dies muß gesagt 
werden: In der Freiheit der Berufswahl liegt auch die Freiheit 
zur Fehlentscheidung. 
Zum Antrag, meine Damen und Herren von der SPD- 
Fraktion: Er ist mit „Bekämpfung der Lehrerarbeitslosigkeit“ 
überschrieben, und den dazu gemachten Ausführungen ist zu 
entnehmen, daß Sie die vorgeschlagenen Maßnahmen als ein 
wirksames Mittel ansehen. Ich darf das untersuchen. Die 
Pflichtstundensenkung um eine Wochenstunde bedeutet einen 
Stellenmehrbedarf um ca. 650 Stellen. Zu haben ist das ganze 
für 40 Millionen DM; dies ist aber — das ist zu unterstreichen 
- nur ein einziges Mal zu haben. 
Um das Problem der Arbeitslosigkeit zu lösen, ist diese 
Lösung der Einmaligkeit und des Strohfeuers in keiner Weise 
geeignet, denn dem dann dauernd auftretenden Mehrbedarf 
tritt ein langfristiger Überhang von 2000 Stellen gegenüber, 
die damit nicht abzubauen sind. Beides aber, Stellenabbau 
und Neueinstellungen, ist bei der finanzpolitischen Situation 
nicht zu haben, die 40 Millionen DM sind halt nur einmal 
auszugeben, nämlich entweder für Neueinstellungen oder 
aber für den Abbau des Stellenüberhanges. Meine Fraktion 
hat mit Freude zur Kenntnis genommen, daß der Senat am 10. 
Juni dieses Jahres der Aufforderung dieses Hauses vom 
September 1985 Folge geleistet und sozusagen die zweite 
Rate der pädagogischen Verbesserung mit 460 Stellen be 
schlossen hat. Dies bedeutet in Kontinuität Arbeitserleichte 
rung durch Frequenzänderung, mehr Zuwendung für den 
Schüler. Dies ist die einzige mögliche Alternative, nämlich 
eine arbeitsplatzwirksame Bestandssicherung einhergehend 
mit einer nachhaltigen andauernden Verbesserung der päd 
agogischen Bedingungen. 
Daneben steht das Problem, einen Einstellungskorridor für 
einen begrenzten Teil der Lehrer offen zu halten, weil eine 
jährliche Mindesteinstellungsquote für Lehrer aus bildungs 
politischen und pädagogischen Gründen zwingend notwendig 
ist. Die Minister der Kultusministerkonferenz haben dies zwar 
so formuliert, aber dem Grunde nach umgesetzt hat dies 
bisher allein dieser Senat mit Beschluß vom 26. 6. 85, dem 
dafür Anerkennung gebührt. 
Nun sind 75% der freiwerdenden Stellen, landesweit gese 
hen, kein komfortabler Korridor, aber ein Schritt in die richtige 
Richtung. Dieser Korridor - und dies, meine ich, ist hier 
besonders deutlich zu machen - muß in voller Breite erhalten 
werden. Für mich und meine politischen Freunde heißt das, 
daß diese schmale Gasse nicht mit den Lasten der Vergangen 
heit - nämlich dem Stellenbedarf für die Wiedereinstellung 
rückkehrender beurlaubter oder teilzeitbeschäftigter Lehrer 
- verstellt oder verengt werden darf. Getrennt vom Problem 
der Bekämpfung der Lehrerarbeitslosigkeit ist der Grundan 
spruch der Lehrer auf eine Verkürzung der Arbeitszeit zu 
behandeln. Es ergibt sich zwar zwangsläufig, und zwar nach 
dem alten Grundsatz, daß eine Mark nur einmal auszugeben 
ist, daß eine Überdeckung der Problemfelder entsteht. Meine 
Fraktion bestreitet auch in Zukunft nicht den Anspruch der (C) 
Lehrer auf eine Verkürzung der Wochenarbeifszeit, ganz im 
Gegenteil, die zu diesem Thema abgegebenen Erklärungen 
sind hier noch einmal vollinhaltlich zu bestätigen. Die Reali 
sierung dieses Anspruchs kann jedoch auch wegen der 
finanziellen Abhängigkeit vom Bund nur Gegenstand einer 
bundeseinheitlichen Regelung sein. Meine Fraktion wird 
Initiativen des Senats im Bundesrat, die wir mittelfristig 
erwarten, nachhaltig unterstützen. 
Meine Fraktion unterstützt desgleichen den Beschluß der 
Kultusministerkonferenz vom 20./21. Juni 1985, die Tarifab 
schlüsse für die Arbeitszeitverkürzung im öffentlichen Dienst 
auf die Arbeitszeit der Lehrer zu übertragen. Art und Maß der 
Übertragung wird sich jedoch nach den Gegebenheiten der 
Haushaltsentwicklung im Lande Berlin zu richten haben. Der 
Anfang in Form der Altersermäßigung ist gemacht. Dies ist der 
erste Schritt in die richtige Richtung, dem weitere Schritte 
folgen sollten. 
Zu Nr. 2: Nach dem Bericht des Senats über die Bekämpfung 
der Lehrerarbeitslosigkeit ist der arbeitsmarktpolitische Ef 
fekt dieser angedachten Maßnahme so gering, daß an der 
Ernsthaftigkeit des Vorschlags zu zweifeln ist. Diese Auffas 
sung ist durch die Tatsache gestützt, daß die Mehrzahl der 
Stellen, nämlich der Studiendirektoren zum Beispiel, unter 
der Regierung der SPD geschaffen wurde. Wenn aber - und 
dies bleibt hier festzustellen - bei Einrichtung der Stellen das 
Preis-Leistungsgefälle gestimmt hat, dann kann man doch 
heute nicht hergehen und sagen, dies ist nicht in der Ordung, 
das Leistungsprinzip in der öffentlichen Verwaltung kennen 
wir nicht, wir schlagen dem ganz einfach ins Gesicht. — 
Bedenkt man nun den tatsächlichen Effekt der empfohlenen 
Maßnahme, so ist der Antrag in die Gruppe der Schaufenster 
anträge einzureihen, dem wir unsere Zustimmung verwei 
gern. 
(D) 
Zu 3: Die Honorierung einer Tätigkeit durch eine Funktions 
stelle oder besser die Gewährung einer Funktionszulage ist ja 
in grauer besoldungsrechtlicher Vorzeit einmal erfolgt, weil 
damit die Honorierung einer Mehrarbeit verbunden war. 
Diese Leistung wurde dann später wieder gefächert und 
bedauerlicherweise nivelliert. Die Umsetzung Ihres Vorschla 
ges in beschäftigungswirksame Realität bringt einen kaum 
erkennbaren Einstellungseffekt. Eine Untersuchung des Ge 
samtkomplexes, dann aber nicht nur beschränkt auf den 
Bereich der Lehrer, könnte bestimmt zu interessanten Ergeb 
nissen führen, die Sie - wie ich meine - allerdings mit 
diesem Antrag nicht anstreben. Im gegenwärtigen Antragszu 
stand ist eine Effizienz, die eine Bekämpfung der Lehrerar 
beitslosigkeit erwarten läßt, nicht sichtbar. 
Zu Punkt 4 Ihres Antrages: Er unterstreicht eigentlich nur 
das ständige Bemühen des Senats, wie es auch in der 
Mitteilung - zur Kenntnisnahme -, Drucksache 10/48, darge 
stellt ist. Wir wissen aber spätestens seit der Anhörung im 
Schulausschuß, daß die Teilzeitarbeit beim Stand von ca. 8000 
Lehrern kaum noch eine Steigerung erfahren kann. Im Gegen 
teil, der Trend in Folge der Versorgungsabschläge ist dabei, 
sich umzukehren. Wir wissen, daß nicht alle Nebentätigkeiten 
abzubauen sind, weil einige sinnvoll und einige richtig sind. 
Eine Verrechnung auf das Hauptamt erscheint uns richtig. Wir 
begrüßen die vom Senat angekündigten Überprüfungen und 
werden diese aufmerksam begleiten. 
Zum letzten Absatz Ihres Antrages: Gegen diesen Vor 
schlag sprechen - das wissen Sie genau - zur Zeit 
verfassungsrechtliche und dienstrechtliche Bedenken, von 
den Bedenken - , und das Wort ist dabei sehr milde gewählt — 
die die Gewerkschaften und Verbände haben, ganz zu schwei 
gen. Uns ist - und das habe ich auch schon mehrfach 
geäußert - bei dieser Vorstellung nicht ganz wohl, von einer 
Gruppe des öffentlichen Dienstes ein Sonderopfer zu verlan 
gen, wenngleich ich einräumen muß, daß für den arbeitslosen
	        
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