Abgeordnetenhaus von Berlin - 10. Wahlperiode
31.Sitzung vom 12. Juni 1986
1745
(A) Lummer (CDU): Ich weiß ja, was jetzt von Ihnen wieder
kommt.
[Dr. Meisner (SPD): Der Verbindungsmann zur
rechtsradikalen Szene!)
- Ist ja gut, Herr Kollege Meisner! -
[Anhaltende Zurufe von der SPD und der AL -
Glocke des Präsidenten]
Das Grundgesetz spricht ebenfalls vom deutschen Volke,
[Zurufe von der AL]
und ich geniere mich nicht, diesen Begriff genauso wie das
Grundgesetz gelegentlich zu verwenden, und Sie sollten
daraus nicht falsche Schlußfolgerungen nach Ihrer eigenen
Überzeugung wählen, sondern den Versuch machen, objektiv
zu urteilen.
[Schicks (CDU): Das können die doch gar nicht!]
Die Fraktion der Alternativen Liste hat hier im Grunde
genommen eine Parlamentsfraktion zu einer Schlepperorga
nisation degradiert.
[Beifall bei der CDU - Zurufe von der AL]
Das ist die materielle Bewertung des Vorgangs, um den es
hier geht. Die Eltern, die betroffen sind, sind zum größten Teil
bereits fünf Jahre bei uns; die sind gar nicht auf die Idee
gekommen, die Kinder nachzuholen,
[Zurufe von der AL]
( ß ) und sie werden bewußt von diesen Leuten auf diese Idee
gebracht, damit die Kinder hierher kommen.
[Zurufe von der AL]
Wer in dieser Weise mit Kindern Politik macht, der handelt in
einem Höchstmaße unverantwortlich.
[Vetter (CDU): Kriminell! Kriminell ist das!
Menschenhändler!]
Ich möchte doch in aller Deutlichkeit folgende Frage stellen:
[Frau Künast (AL) und Frau Bischoff-Pflanz (AL):
Schmitz! Schmitz!]
Es ist sicherlich von dem einen oder anderen geprüft worden,
ob es Möglichkeiten gibt, ein solches Verhalten der Alternati
ven Liste zu verhindern, weil es rechtsmißbräuchich sei.
[Helms (AL): Es gilt immer noch das Asylrecht in
Deutschland!]
Der Bundesinnenminister hat einen solchen Versuch unter
nommen, aber es wurde einmal mehr deutlich: Mit dem
Schlüsselwort „Asyl“ war dies alles zu unterlaufen.
[Helms (AL): Nicht unterlaufen — Es gilt noch das
Asylrecht, Herr Lummer!]
Ich sage: Wenn es nicht gelingt, mit dem bestehenden Recht
solche Aktionen der Alternativen Liste zu verhindern, dann
muß man sich ernsthaft die Frage stellen, ob das Recht
geändert werden soll.
[Zuruf von der AL: Ja, geben Sie es doch zu! —
Zurufe von der SPD und der AL]
Wir haben es gegenwärtig mit einer Situation zu tun - in der (C)
letzten Woche hat es die Schweiz getan -, da hat eine Reihe
von europäischen Ländern ihr Asylrecht zum Teil drastisch
verschärft. Die Folge wird sein, daß die Personen zu uns
kommen, die nach Schweden, in die Schweiz, nach Dänemark
nicht mehr hineinkommen. Die Zahlen machen deutlich, daß
ein Anstieg nach wie vor existiert.
[Haberkorn (AL): Ziehen Sie doch in die Schweiz,
Herr Lummer!]
Ein zusätzlicher Anstieg wird durch solche Aktionen kommen,
wenn sie Schule machen, und das ist offenbar die Absicht, die
die Alternative Liste verfolgt. Wenn das so ist, dann sollten
sich wirklich diejenigen, die es mit unserem Gemeinwesen
gutmeinen, nachdenken, wie man das Asylrecht, auch die
Gemeinschaft des deutschen Volkes - jawohl! - schätzen
kann,
[Ja! bei der AL]
die sollten darüber nachdenken, in welcher Weise sie in der
Lage sind, dieses Problem so zu lösen, daß wirklich nur der
politisch Verfolgte ein Asylrecht genießt und nicht nach wie
vor damit tausendfacher Mißbrauch geschieht.
[Zuruf der Frau Abg. Künast (AL)]
Dies ist eine notwendige Beachtung unserer Interessenlage,
und es wäre wirklich sinnvoll. Auf der anderen Seite finde ich
es höchst bedauerlich, wenn in einem Parlament wie in Berlin,
in einem Lande, das so hart von dieser Problematik betroffen
wird, wenn in diesen Grundfragen eklatante Meinungsver
schiedenheiten vorhanden sind. Ich habe deshalb seinerzeit
vorgeschlagen, um das ein wenig aus parteipolitischem
Disput und Konflikt herauszubekommen, daß Fachleute, die (D)
von Hause aus neutral sind,
[Helms (AL): So wie Sie!]
darüber nachdenken und Wege weisen, wie man das zu lösen
vermag. Und dann sollten wir allerdings auch bereit sein, uns
diesem Urteil zu unterwerfen. Und wenn ich sage, daß ich für
eine Harmonisierung des Rechts in Europa bin, dann muß das
natürlich bedeuten, daß wir uns um der Harmonisierung willen
auf eine gemeinsame Ebene zu begeben haben. Wer das von
vornherein nicht will, wer derartige Aktionen betreibt, bewußt
und gewollt, der handelt zum Schaden der Berliner und zum
Schaden der Deutschen,
[Beifall bei der CDU]
Präsident Rebsch: Bevor ich dem Kollegen Barthel für die
SPD das Wort gebe, möchte ich Sie alle bitten, sich bei Ihren
Zwischenrufen an unsere Gepflogenheiten zu halten, daß
heißt, sich mehr zurückzuhalten.
Das Wort hat nun der Abgeordnete Barthel.
[Zuruf von der AL: Und für Herrn Lummer ist alles
erlaubt, Herr Präsident? - weitere Zurufe von der
AL — Frau Bischoff-Pflanz (AL): „Gemeine
Lumperei“ bleibt ungerügt, ja?]
Barthel (SPD): Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Nach diesen Ausführungen von Herrn Abgeordneten Lummer
[Helms (AL): Kampf um das deutsche Volkstum!]
stelle ich mir die Frage, für welche Partei Sie jetzt gesprochen
haben.
[Schicks (CDU): Für die CDU!]