Abgeordnetenhaus von Berlin - 10. Wahlperiode
29. Sitzung vom 15. Mai 1986
1613
Frau Schmid-Petry
(A) Ich meine auch feststellen zu können, daß wir eine Kette
hatten - Wiesbaden, Berlin, Bonn. Wesbaden schützt durch
die niedrigsten Werte die Bevölkerung am besten, Berlin zieht
etwas nach, und dann kleckert Bonn hinterher. So darf es
nicht sein! Das muß zur Verunsicherung der Bevölkerung bei
tragen. Wenn wir uns nicht auf einheitliche Werte verständi
gen können,
[Dr. Franz (CDU): So war es aber!]
dann legt die Bevölkerung natürlich die niedrigsten Werte
zugrunde, weil sie meint, alles andere ist unsicher. Man kann
die Bundesregierung so nicht im Regen stehen lassen, son
dern diese Koordination muß geleistet werden. Natürlich
bekommt man Angst, wenn Politiker in einem relativ kleinen
Land wie die Bundesrepublik Deutschland eine solche Kata
strophe, die von sehr fernab auf uns herübergeschwappt ist,
nicht relativ einheitlich in den Griff kriegen. Ich glaube, daß
alle Länder einsehen müssen, daß dieser Bereich des Kata-
strohenschutzes einheitlich an die Bundesregierung abge
geben werden sollte.
[Beifall des Abg, Dr. Franz (CDU)]
Lassen Sie mich noch eine weitere Maßnahme anregen. In
der Nähe unserer Stadt befinden sich verschiedene Kernkraft
werke der DDR. die sicherlich einen etwas besseren Sicher
heitsstandard haben als das Unglückswerk Tschernobyl. Nur
ist das keine Beruhigung. Ich meine nun, daß über deutsch
deutsche Gespräche und Vereinbarungen man auch gegebe
nenfalls bereit sein müßte, mit finanzieller Hilfe die Sicher
heitsvorkehrungen in diesen Kernkraftwerken auf einen eben
so hohen Standard zu bringen, wie ihn unsere Kraftwerke
aufweisen. Ich habe Ihnen gesagt, heute bauen wir in der
Bundesrepublik die mindestens vierfache Sicherheit, das
heißt, wenn irgendwo etwas ausfällt, dann kommt das nächste
System, dann das nächste System, dann das nächste System.
Es ist auch richtig, zu betonen, daß ein Unglück wie in Tscher
nobyl in der Bundesrepublik Deutschland nicht hätte stattfin
den können, weil der Sicherheitsmantel nicht durchstoßen
worden wäre. Wir haben in unseren Kernkraftwerken eine
3 cm dicke Stahlschicht. Allein schon diese Stahlschicht wäre
nicht durchtrennt worden. Darüber hinaus begrüße ich den
Gedanken des Regierenden Bürgermeisters - ich habe das
auch vorgetragen -, der ausdrücklich von der F.D.P. geteilt
wird, über andere Energiequellen nachzudenken und diese
auszunutzen. Ich meine, erkennen zu können, daß heute min
destens drei Parteien in diesem Parlament sich in dieser Hin
sicht einig waren. Wenn wir hier, in diesem kleinen Berlin,
in einem so wichtigen Punkt keine Einigung finden, wie kön
nen wir dann weltweit einheitliche Sicherheitsvorkehrungen,
einheitliche Kontrollen über diese Sicherheitsvorkehrungen
fordern. Ich meine, wir sind gut beraten, mit gutem, mit dem
besten Beispiel voranzugehen. - Ich danke Ihnen.
[Beifall bei der F.D.P., der CDU und der SPD]
Stellv. Präsident Longolius: Weitere Wortmeldungen lie- (C)
gen nicht vor. Ich stelle dann fest, daß die Besprechung der Er
klärung des Regierenden Bürgermeisters, die Aktuelle Stunde
sowie die Große Anfrage ihre Erledigung gefunden haben.
Dann möchte ich darauf hinweisen, daß die Anträge der
AL-Fraktion Drucksachen 10/720 und 10/721 vorab an den
Ausschuß für Gesundheit und Soziales überwiesen wurden,
wozu ich Ihre nachträgliche Zustimmung feststellen darf. Der
Ältestenrat empfiehlt, diese Anträge zusätzlich an den Aus
schuß für Stadtentwicklung und Umweltschutz und den An
trag der SPD-Fraktion Drucksache 10/736 ebenfalls an diese
beiden Ausschüsse zur gemeinsamen Beratung gemäß § 32
Absatz 2 Satz 3 unserer Geschäftsordnung zu überweisen. Bei
Zustimmung darf ich Sie um Ihr Handzeichen bitten. - Danke I
Das war diese Zustimmung.
Zu dem Antrag der AL-Fraktion Drucksache 10/740 ist
Überweisung an den Ausschuß für Bundesangelegenheiten
und Gesamtberiiner Fragen - federführend - und an den Aus
schuß für Stadtentwicklung und Umweltschutz beantragt
worden. Bei Zustimmung bitte ich auch hier um Ihr Hand
zeichen. - Danke, so beschlossen!
Wir kommen dann zum Antrag der SPD-Fraktion Druck
sache 10/743 auf Annahme einer Entschließung zum Atom
reaktorunfall in Tschernobyl. Hier ist Überweisung an den
Ausschuß für Bundesangelegenheiten und Gesamtberliner
Fragen beantragt worden. Bei Zustimmung bitte ich um Ihr
Handzeichen. - So beschlossen!
Ich rufe dann den Antrag der SPD-Fraktion über Verände
rung der Energiepolitik und Ausstieg aus der Atomenergie
nutzung, Drucksache 10/746, auf. Hier liegt ein Überwei
sungswunsch an den Ausschuß für Bundesangelegenheiten
und Gesamtberliner Fragen - federführend - sowie an den
Ausschuß für Stadtentwicklung und Umweltschutz vor. Bei
Zustimmung bitte ich um Ihr Handzeichen. - Danke, so be- (D)
schlossen!
Zu dem AL-Antrag über Erweiterung der Koordinations
gruppe des Senats zur Umweltkatastrophe, Drucksache 10/
747, ist Überweisung an den Ausschuß für Gesundheit und
Soziales sowie an den Ausschuß für Stadtentwicklung und
Umweltschutz beantragt worden,
[Zurufe von der AL: Sofort abstimmen!]
- Wenn eine Überweisung beantragt worden ist, muß darüber
abgestimmt werden. - Also, noch einmal: Beantragt worden
ist, gegen den Wünsch der antragstellenden Fraktion, sofort
abzustimmen, Überweisung an die genannten Ausschüsse
zur gemeinsamen Beratung. Wenn Sie diesem Überweisungs
antrag zustimmen wollen, bitte ich um Ihr Handzeichen, -
Gegenprobe! - Enthaltungen? - Gegen die AL-Fraktion ist
diese Überweisung so beschlossen.
Ich darf jetzt auf die Konsensliste