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Volume Nr. 27, 17. April 1986

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1986, 10. Wahlperiode, Band II, 19.-35. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 10. Wahlperiode 
27. Sitzung vom 17. April 1986 
1487 
Schütze 
(A) alles ganz anders sehen, wenn sie auch die vielen schlimmen 
Sachen, die sie im Vorfeld des Gesetzentwurfs meinte be 
kämpfen zu müssen, nun gar nicht mehr geißeln kann, weil sie 
nicht im Gesetzentwurf drinstehen. Wir jedenfalls lassen uns 
dadurch in unserer Arbeit für die Hochschulen nicht beirren. 
Wir werden offen in die Anhörung gehen, werden alle dort 
vorgetragenen Argumente prüfen und werden dann ein Ge 
setz verabschieden, das Grundlage für die erfolgreiche Arbeit 
der Hochschulen in den nächsten Jahren sein wird. - Danke 
schön! 
[Beifall bei der CDU und der F.D.P.] 
Präsident Rebsch: Das Wort hat nun der Abgeordnete Dr. 
Kremendahl. 
Dr. Kremendahl (SPD): Herr Präsident! Meine Damen und 
Herren! Der uns nunmehr vorliegende Entwurf der Koalitions 
parteien hat das Licht der Welt nach sehr schweren Geburts 
wehen erblickt. Ich denke, wenn wir über den heutigen Entwurf 
sprechen, dürfen wir über seinen inoffiziellen Vorgänger nicht 
so hinwegschweigen, wie es der Kollege Schütze soeben in 
seiner Einbringungsrede getan hat. 
[Beifall bei der SPD] 
Ich möchte daher doch noch einmal an ein paar Eckpunkte 
dessen erinnern, was Herr Kewenig, der heute in ein anderes 
Amt gewechselte ehemalige Wissenschaftssenator, eigent 
lich in das Berliner Hochschulrecht schreiben wollte. Wenn ich 
das vergleiche mit dem, was heute vorliegt, dann fällt mir das 
alte Bild ein von dem Berg, der da kreißen wollte, und von dem 
ganz kleinen Mäuslein, das dann das Licht der Welt erblickt 
hat. Da war es der Plan, konservative Mehrheiten an der 
Universität ein für allemal dadurch abzusichern, daß man den 
Professoren eine doppelte Mehrheit, eine doppelt abgesicher 
te Mehrheit in den Gremien gibt. Da wurde die Entmachtung 
des Kuratoriums geplant, indem die Abgeordneten, die Ver 
treter der Arbeitgeberseite und der Gewerkschaften diesem 
Gremium nicht angehören sollten. Da wurde die Abschaffung 
der verfaßten Studentenschaft entweder auf direktem Wege 
oder durch die Hintertür eines unzumutbar hohen Quorums 
geplant. Da wurde als Höhepunkt die vorbeugende Staatsauf 
sicht vorgesehen, vielleicht damit der Senator für Wissen 
schaft und Forschung künftig nicht mehr in einen solchen 
Rattenschwanz von Prozessen verwickelt wird, wie es in der 
Amtszeit von Herrn Kewenig der Fall war. Herr Kollege 
Schütze, da haben Sie recht, von alledem findet sich in diesem 
Entwurf nicht mehr wieder. 
[Biederbick (F.D.P.): Wie ist denn das gekom 
men?] 
Der Versuch, die Berliner Hochschullandschaft weit hinter die 
Zeit der Gründung der Freien Universität von 1948 und das 
damalige Berliner Modell zurückzuschrauben, was Professo 
renallmacht angeht, ist kläglich in sich zusammengebrochen. 
Ich stelle dies mit Genugtuung fest. 
[Beifall bei der F.D.P.] 
DieZustimmung der F.D.P. nehme ich gern zur Kenntnis. Ich 
wollte das gerade ansprechen. Vordergründig ist dies natür 
lichein Erfolg der Freien Demokraten. Man kann vielleicht den 
Kollegen Tolksdorf mit einem gewissen Recht als den Vater 
des nunmehr vorliegenden Entwurfs bezeichnen. 
[Beifall bei der F.D.P.] 
Das kann man tun; und ich finde das insoweit auch ganz in 
Ordnung, wenngleich ich die Anmerkung auch hier machen 
muß; Diese Durchsetzung der Freien Demokraten ist natürlich (C) 
sehr teuer bezahlt worden mit dem Umfall in Fragen der 
Verlagerung des Klinikums Charlottenburg, der ja recht 
dramatisch inszeniert war, aber dann doch zustande kam. 
[Buwilt (CDU): Hat überhaupt nichts damit zu tun!] 
So ist das eben bei Koalitionsverhandlungen. Eins und eins, 
do ut des: so ist das hier gelaufen. Deshalb haben wir es mit 
einem Hochschulgesetzentwurf zu tun, der in der Tat nicht 
mehr die Ecken und Kanten hat, die Herr Kewenig ursprüng 
lich sicherlich als den großen Wurf aus seiner Sicht der Dinge 
hineinschreiben wollte. 
In Wahrheit ist die Veränderung des Entwurfs ein Erfolg der 
Hochschulöffentlichkeit, die sich geregt hat. Wir hatten an den 
Hochschulen wieder Diskussionen, volle Versammlungen, 
auch Demonstrationen wie in den 60er und 70er Jahren, Das 
hat der bisherige Wissenschaftsenator geschafft, eine an und 
für sich ruhige Hochschullandschaft wieder kräftig in Bewe 
gung zu setzen. Auch das ist vielleicht gut so; auch das zeigt 
mehr Mobilisierung, mehr Partizipation; und das wird sich 
auch sicherlich noch in den Diskussionen über den vorliegen 
den Entwurf ausdrücken. 
Ich möchte nun zu einigen Punkten etwas sagen; wobei ich 
vorweg sage, bei dem jetzt vorliegenden Entwurf steckt der 
Teufel im Detail. Die Details gehören allerdings in die Aus 
schußberatung; dort werden wir die Diskussion führen. 
Der Kollege Schütze hat vor allen Dingen die Kürze des 
jetzigen Entwurfs hervorgehoben. Ich kann ihm da zu einem 
Teil folgen. Es ist immer gut, wenn Gesetze möglichst kurz und 
klar sind. Ich muß aber auch davor warnen, darin nun den 
Königsweg für eine Bereinigung des Hochschulrechts zu 
sehen. Bei näherem Hinsehen verweist doch dieser Entwurf 
eine ganze Menge Regelungsbedürftiges entweder auf das 
Satzungsrecht, was nach aller Erfahrung in den Universitäten 
ein schwierig zu regelnder Bereich ist, — 
[Biederbick (F.D.P.); Hat aber auch etwas mit 
Autonomie zu tun!] 
- Hat etwas mit Autonomie zu tun, Herr Biederbick, bloß meine 
große Sorge ist, daß das Gegenteil dabei herausschaut, daß 
es dann nämlich der Verordnungsweg ist, der beschritten wird 
mildern Ergebnis, daß man das Hochschulrecht gleichsam mit 
der Schubkarre vor sich her fahren muß, daß es unübersicht 
lich wird und daß eben der Verordnungsweg, die schlichte 
Anordnung, die durch das Parlament vielleicht noch einmal 
nachgängig erörtert werden kann, klare gesetzliche Regelun 
gen ersetzt. Nicht immer ist der kürzere Text der bessere Text, 
wenn es sich um Regelungsbedürftiges handelt. Auch da 
werden wir in den Ausschußberatungen sicherlich noch 
einmal genau hinschauen müssen, ob hier nicht Wichtiges und 
Regelungsbedürftiges ausgelassen wird. In dem Beispiel, 
Herr Schütze, das Sie hier genannt haben, stimme ich Ihnen 
allerdings ausdrücklich zu. Ich glaube aber, es gibt da andere 
Beispiele, die in der Tat gesetzlich regelungsbedürftig blei 
ben. 
Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Frak 
tion wird im Ausschuß für Wissenschaft und Forschung 
zahlreiche Änderungsanträge stellen, in denen unsere Ge 
genposition deutlich werden wird, die wir mehrfach auch 
öffentlich bezogen haben. Ich möchte hier nur zwei Beispiele 
nennen, zwei Beispiele, die sich allerdings auf das schon 1982 
von der damaligen und Jetzigen Parlamentsmehrheit verän 
derte Hochschulrecht beziehen. Nach wie vor steht in Ihrem 
Entwurf das unsägliche Wahlsystem zur Wahl der Hochschul 
leitungen, das 1982 kreiert worden ist, das alleinige Vor 
schlagsrecht des Akademischen Senats, die Vorschrift der 
Dreierlisle für die Präsidentenwahl, die in der Praxis dazu 
führt - das haben wir gesehen -, daß es Dreier-Einheitslisten
	        
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