Abgeordnetenhaus von Berlin - 10. Wahlperiode
26. Sitzung vom 9. April 1986
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Lohauß
weisen, daß Sie dann nicht nur einen Angriff der Opposition ab
gewiesen haben, sonden daß Sie natürlich auch die Verantwor
tung für das Weiterschwelen der Krise übernehmen. Wem das in
der kommenden Zeit nützen wird, werden wir noch sehen.
[Beifall bei der AL]
Ich glaube, einige dürften es inzwischen schon bedauert
haben, daß nicht bereits vor zwei Monaten das Mißtrauensvotum
gegen den Regierenden Bürgermeister durch dieses Haus an
genommen worden ist. Es hätte manche Peinlichkeit erspart.
[Beifall bei der AL - Frau Ahme (AL): Sehr richtig!]
Sie setzen darauf, die Kette der Peinlichkeiten fortzusetzen. Und
Sie müssen nur wissen, worauf Sie sich da einlassen.
Und noch ein anderer Punkt, der uns mit gemischten Gefühlen
erfüllt. Wenn sich die Altparteien hier und auch die AL als unbe
weglich in dieser jetzigen Zeit zeigen, wenn insbesondere die
hier regierenden Parteien und die Sozialdemokraten von sich aus
sich nicht bewegen, nicht die Zeichen der Zeit erkennen, daß mit
ein paar kosmetischen Korrekturen und ein paar Klagen hier vom
Podium herunter die politischen Verhältnisse in Berlin nicht zu
verbessern sind, dann wird das natürlich auch der Start zu außer
parlamentarischen Bewegungen sein, wenn hier alles festgefah
ren ist. Es wird sich doch niemand einbilden, daß sich die Leute
das Jahr um Jahr anschauen.
[Beifall bei der AL]
Das geht doch bereits seit dem Flick-Skandal. Jahr für Jahr
kommt aufs neue heraus, wie festgeritten die politischen Verhält
nisse hier sind, wie immer mehr gerade in dieser Stadt Berlin wie
in einem Brennspiegel alles nur um die eigene Achse kreist.
In diesem Prozeß der außerparlamentarischen Bewegung, das
sage ich offen, fühlen wir uns dann sicherlich auch wieder woh-
ler, auch wenn die Voraussetzungen - ich sage noch einmal, das
es darum geht, sachliche und personelle Alternativen zu entwick
eln - weiterhin gelten und das Neue in dieser Situation darstel
len. Insofern sind wir sicher, daß die Auseinandersetzung erst
anfängt.
Wir sehen hier deutlich, daß auch von der rechten Seite des
Hauses gesehen wird, daß die Frage der Alternativen und der
Wahlen sich aufwirft, wenn Ihnen nicht das Wunder gelingt, bin
nen zwei Tagen Ruhe in diese Stadt zu bekommen. Aber mit
demokratischen und anständigen Mitteln wird das nicht gelin
gen, so schnell Ruhe zu schaffen, so sehrauch - das höre ich im
mer wieder - einige von Ihnen bedauern, daß sie nicht alles ver
bieten können. Am liebsten wäre Ihnen, Sie würden einfach allen
das Maul verbieten, damit Sie Ihre Ruhe haben und wie bisher
weitermachen können. Dazu ist es aber zu spät.
[Buwitt (CDU): Sie machen sich hier so
Ihre eigenen Geschichten, aber ich finde
es ganz schön, wie Sie diese hier darstellen!]
Dazu ist es zu spät, das wissen auch Sie, Herr Buwitt. Sie haben (C)
natürlich auch noch viel zu erzählen, das wissen wir doch. Wer
hat denn mit Herrn Putsch verhandelt? Mein Gott, wir müssen
doch nicht alles immer wieder aufwärmen. Und Sie kommen
doch da nicht heraus, denn Sie haben es getan. Das ist doch der
ganze Skandal, daß Sie es getan haben, nicht, daß darüber ge
redet wird. Und das können Sie doch nicht umdrehen.
[Beifall bei der AL - Buwitt (CDU): Ich habe ja
auch schon mit Ihnen gesprochen, und niemand
fand das einen Skandal!]
Ich sage, daß in der jetzigen Situation alles darauf hindrängt:
Heute ist erst der Anfang, daß wir die Frage der Länge der Legis
laturperiode aufwerfen, und daß wir die Frage der Veränderung
von Politik in dieser Stadl in einer grundsätzlicheren Weise auf
werfen, als heute dazu viele bereit sind. Wir gehen wenigstens
so weit, daß wir sagen, daß wir eine Auseinandersetzung wagen
wollen, weil dieses Schauspiel hier wirklich unerträglich gewor
den ist.
[Beifall bei der AL]
Und wir sind sicher, daß die Zeit für uns arbeiten wird und daß
wir schon in den Debatten einige Monate später auf diesem
Weg der Veränderung der politischen Mehrheitsverhältnisse hier
in dieser Stadt wieder ein Stück weiter sind.
[Beifall bei der AL]
Stellv. Präsident Longolius: Meine Damen und Herren!
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe daher die
Aussprache und stelle fest, daß die Große Anfrage erledigt ist.
Wir kommen nun zu den Abstimmungen. Ich lasse zunächst
über den Antrag der Fraktion der SPD über Korrektur der Politik
des Senats, Drucksache 10/675, abstimmen. Wenn Sie diesem
Antrag zustimmen möchten, dann bitte ich Sie jetzt um das (D)
Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe! - Enthaltungen?
- Der Antrag ist abgelehnt.
Jetzt stimmen wir über den Antrag der Fraktion der AL über
vorzeitige Beendigung der Wahlperiode, Drucksache 10/677,
ab. Dabei weise ich darauf hin, daß gemäß Artikel 39 Absatz 2
der Verfassung von Berlin zur vorzeitigen Beendigung der Wahl
periode des Abgeordnetenhauses es einer Zweidrittelmehrheit
bedarf. Wenn Sie diesem Antrag zustimmen möchten, dann bitte
ich Sie um Ihr Handzeichen. - Ich bitte um die Gegenprobe! -
Enthaltungen? - Auch dieser Antrag ist abgelehnt.
Wir sind am Schluß der heutigen Tagesordnung. Die nächste
Sitzung beginnt am Donnerstag, den 17. April 1986, um 13 Uhr.
Die Sitzung ist geschlossen.
[Schluß der Sitzung: 17.38 Uhr]
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