Abgeordnetenhaus von Berlin - 10. Wahlperiode
24. Sitzung vom 13. März 1986
1353
Momper
) national und international - durch diese Vorgänge Schaden
genommen hat, dann, Herr Lehmann-Brauns und meine
Damen und Herren von der CDU-Fraktion, tut es mit weh, wie
unsensibel das Thema hier von Ihnen abgehandelt wird. Es tut
mir weh!
[Beifall bei der SPD]
Außer billiger Polemik haben Sie nicht ein einziges Wort zu
dem Text selbst gesagt, zu dem, was Sie davon verwirklichen
wollen. Es ist wirklich traurig, Herr Lehmann-Brauns!
[Beifall bei der SPD]
Der Ehrenrat, dessen Bericht hier heute zur Debatte steht,
der von älteren, von erfahrenen Politikern gemacht worden
ist, hat überwiegend gute Vorschläge gemacht, die auch
geeignet sind, die Regeln der politischen Moral und des
Anstandes in der Berliner Politik wiederherzustellen. Da ist
nichts Revolutionäres drin, nichts - oder so gut wie nichts -,
was nicht schon in Vorschlägen der Sozialdemokraten oder
auch der Alternativen Liste vorgeschlagen worden ist. Man
muß eigentlich sagen, daß dieser Bericht nur - möchte ich
fast sagen-, n u r das widerspiegelt, was der normale Berliner
Bürger von der Politik und von den Parteien erwartet. Nicht
mehr! Aber das ist für Ihre Politik schon fast ein Ereignis!
[Beifall bei der SPD - vereinzelter Beifall bei der AL]
Der Bericht mach doch nur deutlich, daß die Bürger wollen,
daß die Politik nicht nach der Moral von Schwanz und Antes
und von Herrmann und von Putsch und wie sie alle heißen
gemacht wird, sondern daß sie nach den politischen Regeln
von Unbestechlichkeit und von Sauberkeit abgewickelt wird.
Das ist doch nichts Besonderes, und dazu haben Sie nichtein
Wort zu sagen, Herr Lehmann-Brauns.
[Beifall bei der SPD - vereinzelter Beifall bei der AL]
Der Bericht zeigt, daß der Ehrenrat zur Wahrnehmung des
moralisch-politischen Wächteramtes in der Lage ist. Aber
dieser Bericht, Herr Diepgen, zeigt auch, daß Sie dazu nicht in
der Lage sind, weil Sie und der Senat dieses Amt an den
Ehrenrat abgegeben haben. Das ist traurig für den Senat, es
ist auch traurig für die Stadt. Wenn Sie so einen Bericht
vorgelegt hätten, dann wäre das noch etwas gewesen. Aber
mußten Sie das abgeben? Das ist doch der Ausdruck dafür,
daß die Gremien, die nach der Landesverfassung vorgesehen
sind, um dieses Amt wahrzunehmen, daß diese Gremien -
nämlich Senat und Regierender Bürgermeister - das nicht
bringen. Sie, Herr Regierender Bürgermeister und Ihr Senat,
sind nicht mehr in der Lage, für Sauberkeit und für die
Wahrnehmung der Regeln des Anstandes in der Politik zu
sorgen.
Statt dessen läßt sich der Regierende Bürgermeister vom (C)
Ehrenrat den ordnungsmäßigen Gang der Verwaltung auf
schreiben! Das ist doch Nachhilfe, die Sie dort angefragt
haben. Die Vorschläge, die uns der Ehrenrat in dem Papier
zum Bauwesen übermittelt hat, sind - um die Änderung der
Wohnungsbauförderung als ein Beispiel herauszugreifen, das
wir sehr unterstützen - Vorschläge, die unsere Partei, die die
Gewerkschaft Bau-Steine-Erden bereits vor Jahren gemacht
haben. Der Regierende Bürgermeister, in seinem Papier vom
27. Februar, sagt zu, daß überprüft werden soll, ob die
Wohnungsbauförderung, über die bereits alle Zeitungen
schreiben, daß deren Veränderung längst überfällig ist, end
lich verändert werden soll. Und Sie wollen noch nicht einmal,
daß sie überprüft werden soll!
[Zuruf des Abg. Liepelt (CDU) - Buwitt (CDU): Sie
verstehen nichts davon!]
Der Ehrenrat empfiehlt das jetzt dringend! Ich möchte sehen,
was dabei herauskommt. Auch die Beteiligung der städti
schen und der gemeinnützigen Gesellschaften — Da muß
man sich doch einmal - und ich möchte das hier einflechten -
vor Augen führen, was da los ist.
70% der Wohnungsbauförderungsmittel - das war ja jüngst
in den Zeitungen nachzulesen - gehen jetzt an die privaten
Gesellschaften. Davon gehen 90% an die Abschreibungsge
sellschaften. Von diesen 90% geht wiederum mehr als die
Hälfte an Klingbeil, an Hauert & Noack, an Groth & Graalfs und
an die Gruppe Schröder, An vier Vertreter der Abschreiber-
Branche gehen 50% der Wohnungsbaumittel, die an die
Abschreiber gehen. Das ist wirklich eine Menge.
Wir haben schon seit 1981 gefordert, daß die gemeinnützi
gen und die städtischen Wohnungsbaugesellschaften mehr
Aufträge bekommen, weil die das Gewinninteresse nicht
haben, weil die diese ungeheure Gewinnerwartung nicht (D)
haben, die bei den privaten Gesellschaften und den Abschrei
bungsgesellschaften vorhanden ist.
[Beifall bei der SPD - Zurufe von er CDU: Neue
Heimat!]
Das Interessante in diesem Zusammenhang ist wohl, daß dies
zugleich auch die Großspendengeber der CDU sind. Das
wissen wir doch nun. Das sind sie doch!
[Beifall bei der SPD]
Und deshalb sind Sie auch nicht in der Lage, das zu ändern.
Sie müssen dankbar sein, Sie können die Vorschläge nicht
realisieren!
[Beifall bei der SPD]
[Beifall bei der SPD - vereinzelter Beifall bei der
AL - Unruhe bei der CDU] Ich will Ihnen vorlesen, was in dem Bericht zum Umgang mit
Grundstücksspekulanten steht. Wir unterstützen das. Da steht;
Herr Regierender Bürgermeister, Sie wollen mit der Beauf
tragung dieses Berichts von den kriminellen Machenschaften, Das Land Berlin sollte sich von den Erwerbern von
von der Korruption des Antes, des Herrmann, des Schwanz sogenannten Schlüsselgrundstücken nicht abhängig ma-
und wie sie alle heißen ablenken. Sie nennen das ja immer chen lassen. Diese sind gegebenenfalls eher mit einer
noch, wie ich jüngst im „Volksblatt Berlin“ habe nachlesen Entschädigung zu enteignen,
können, „die Vorkommnisse der letzten Wochen“. So nennt
der Regierender Bürgermeister dieser Stadt Berlin das, was Und was tut der Herr Bausenator Franke in Kreuzberg im
passiert ist! Damit wollen Sie über die dubiosen Rollen der Block 4? Da hat Klingbeil ein winziges Grundstück, und der
Buwitts, der Vetters, der Krauses, der Klaus Frankes, der Herr Franke gibt sich alle Mühe, mit der großen Brechstange
Lummers und auch der Diepgens hinwegtäuschen. Nennen dem Klingbeil fast den ganzen Block zuzuschustern - fast
Sie doch wenigstens die Dinge beim Namen; nennen Sie doch den ganzen Block! Das ist Ihre Politik, und die können Sie
Korruption Korruption, nennen Sie doch einen Skandal einen auch nicht ändern. Die ändern Sie auch im Moment nicht! Sie
Skandal. Das wäre wenigstens ein Schritt voran gewesen. verändern an der Praxis, an der Realität überhaupt nichts. Sie
decken sie mit Papier-oder versuchen es-zu.-Der Ehrenrat
[Beifall bei der SPD - vereinzelter Beifall bei der AL] sagt: