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Volume Nr. 24, 13. März 1986

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1986, 10. Wahlperiode, Band II, 19.-35. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 10. Wahlperiode 
24. Sitzung vom 13. März 1986 
1326 
Frau Zieseke 
(A) dar, keinen Ersatz. Ich will noch einmal ganz klar betonen, daß 
die AL-Fraktion für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und 
gegen den kommerziellen Rundfunk ist. 
[Beifall bei der AL] 
Wir finden allerdings, daß der öffentlich-rechtliche Rundfunk 
reformbedürftig, aber auch reformfähig ist. Lokales freies Radio 
könnte hier ein Stück lebendiger Kritik sein, und es wäre erfreu 
lich, wenn ein Teil der Originalität, Spontaneität und Kreativität 
die teilweise verkrusteten, im Parteiproporz erstarrten, verbeam- 
teten Strukturen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk aufbrechen 
könnten. Das von uns vorgelegte Gesetz ist ein denkbares Mo 
dell, das wir zur Diskussion stellen. Es ist unser Beitrag zur De 
mokratisierung der Medien. Eine Finanzierung, wie wir sie Vor 
schlägen, Herr Meisner, hat sich in unterschiedlichen Sendern 
für möglich erwiesen. Wir halten aber auch andere Modelle für 
denkbar, zum Beispiel ein Modell, das es in Großbritannien gibt, 
wo kommerzielle Veranstalter verpflichtet sind, die Gebühren 
und den Unterhalt von lokalen freien Radios zu bezahlen. 
Die Vorstellung der CDU, durch einen privatwirtschaftlichen 
Markt von Rundfunkprogrammen Meinungsvielfalt herstellen zu 
können, erweist sich sowohl für den Kulturauftrag des Rund 
funks als auch für die Entwicklung einer demokratischen Gesell 
schaft als eine gefährliche Illusion, In einer Zeit, in der die Medien 
einen immer stärkeren Einfluß in der Öffentlichkeit haben, halten 
wir es für besonders wichtig, einen allgemeinen und chancen 
gleichen Zugang zu den Medien zu eröffnen. 
Wir haben uns nie darüber Illusionen gemacht, daß unser 
Gesetzentwurf angenommen würde. Viel zu groß sind die In 
teressen der CDU, aus der Stadt ein Medienmekka für Kommer 
zielle zu machen. Unser Ziel war es vielmehr, deutlich zu machen, 
daß es andere politische Möglichkeiten gibt, als den Medien 
stumpfsinn zu perpetuieren, und das ist die Verantwortung und 
Entscheidung der Politiker. 
[Beifall bei der AL] 
^ Während man bei der CDU immer wieder den Eindruck ge 
winnt, daß sie ihr Soll am mündigen Bürger erschöpft hat, wenn 
der Programmknopf ein- oder ausgedrückt wird, wollen wir die 
Aktivitäten der Bürger weder auf den Programmknopf noch 
auf dem Stimmzettel reduzieren. Wir wollen ganz im Gegenteil 
die Menschen ermutigen, aktiv in gesellschaftliche Prozesse ein 
zugreifen und eine demokratische Öffentlichkeit neu zu konsti 
tuieren. So, wie die politische Situation derzeit in der Stadt ist, 
denke ich, ist dies bitter nötig. 
Anläßlich der Verabschiedung des Kabelpilotprojektes vor 
eineinhalb Jahren hat die AL-Fraktion einen Mißtrauensantrag 
gegen das für Medienangelegenheiten zuständige Mitglied des 
Senats eingebracht, weil wir dieses Gesetz für verfassungs 
widrig und die Art, wie es im Abgeordnetenhaus durchgebracht 
wurde, für Machtmißbrauch hielten. Aus dieser Erklärung, die vor 
eineinhalb Jahren Jürgen Kunze im Namen der AL-Fraktion abge 
geben hat, möchte ich zum Schluß meiner Rede zitieren, weil sie 
mir heute noch aktueller erscheint als vor eineinhalb Jahren. Er 
sagt dort: 
1. Der Versuch ist eine Fälschung. Kommerzielles Fern 
sehen soll, koste es, was es wolle, durchgesetzt werden. 
Die unabhängige Monopolkommission hat meine Kritik be 
stätigt und bekräftigt. Das ideologische Bekenntnis zu mehr 
Wettbewerb auf dem Informationsmarkt wird nur vorge 
schoben. Das Gesetz enthält keine einzige wettbewerbs 
sichernde Regelung. Es folgt den Wünschen von Industrie 
und Medienkonzernen. Es begünstigt Informations- und 
Meinungsmonopole. 
2. Das Gesetz ist nach allen vorliegenden Stellungnahmen 
unabhängiger Rechtswissenschaftler verfassungswidrig. In 
Berlin ist das für die Demokratie konstitutive Prinzip der Ge 
waltenteilung durch die Besatzungsrechte eingeschränkt. 
Der Senat kann mit einer gefügigen Parlamentmehrheit de 
mokratische Rechte der Verfassung abbauen, ohne daß die 
Dritte Gewalt dazu unmittelbar angerufen werden muß. Er 
tut es mit dem Grundrecht der Rundfunkfreiheit. Es ist 
empörend. 
3. Gesetze sind einzuhalten. Das ist auch mein politisches (C) 
Grundverständnis. Wenn diese Grundlage eines demokrati 
schen Systems Bestand haben soll, ist ein Mindestmaß an 
Vertrauenswürdigkeit der Gesetzgebung und des Regie 
rungshandelns unabdingbar. Hier spannt sich der Bogen 
von der Absicht der Selbstamnestierung im Spendenskan 
dal im Deutschen Bundestag über die Behandlung von Vor 
würfen, Begünstigung, Bestechlichkeit, der Steuerhinterzie 
hung gegen Mitglieder der Bundesregierung als Kavaliers 
delikte bis hin zum verfassungswidrigen Kabelgesetz. Die 
Folgen sind klar: Solche Politiker werden von immer mehr 
Menschen verachtet. Die Geringschätzung betrifft aber im 
mer stärker auch die republikanischen Institutionen selbst. 
Wer auf dem Weg ist, die republikanischen Institutionen 
in marionettengroße Konzerne zu verwandeln, übernimmt 
eine schwere Verantwortung. Wenn die Regierungsmehr 
heit nicht will, daß die Bevölkerung vor Gesetzen irgend 
wann nur noch als dämlich gilt, darf sie sich solche Gesetz 
gebungskarikatur wie das Kabelpilotprojektgesetz nicht 
leisten. 
[Beifall bei der AL] 
Präsident Rebsch: Meine Damen und Herren, bevor ich 
dem Abgeordneten Buwitt das Wort gebe, begrüße ich einige 
Damen und Herren des Hessischen Landtages hier auf der Zu 
schauertribüne, an der Spitze die Abgeordnete Seitz als Vorsit 
zende des Petitionsausschusses. Herzlich willkommen! 
[Allgemeiner Beifall] 
Bitte sehr, Herr Kollege Buwitt! 
Buwitt (CDU): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! 
Herr Meisner! Ich möchte nur eine Sache über die Verhandlun 
gen im Hauptausschuß richtigstellen. Nachdem auch im Haupt 
ausschuß beanstandet worden ist, daß Artikel II Nr. 3 im Fach 
ausschuß nicht beschlossen worden ist, obwohl er materiell 
überhaupt keine Veränderungen enthält, sondern nur die Mög 
lichkeit, systematische oder sprachliche Unebenheiten auszu 
gleichen, ist auf Antrag der Fraktion der F.D.P. ausdrücklich 
dieser Artikel II Nr. 3 mit der Mehrheit der CDU und F.D.P. be 
schlossen worden. 
[Dr. Meisner (SPD): Im Hauptausschuß?] 
- Ja, im Hauptausschuß. Wir haben nur nicht gesagt, da Artikel II 
Nr. 3 in der Beschlußempfehlung des Fachausschusses stand, 
Herr Meisner, wir streichen und bringen ihn in einer neuen Be 
schlußempfehlung ein. Aber das Protokoll sagt ganz deutlich 
aus: 
Auf Antrag der F.D.P.-Fraktion wird Nr. 3 des Artikels II des 
Gesetzentwurfes, der nicht Bestandteil der Beschlußfas 
sung im Fachausschuß gewesen ist, mehrheitlich zuge 
stimmt. 
Ich sage das nur zur Korrektur. 
Zweitens war völlig klar, wie wir es im Hauptausschuß deutlich 
gemacht haben, daß der § 18 Absatz 5 eine Ausformung durch 
den Hauptausschuß und durchs Parlament benötigt. Das bedeu 
tet, es kann ein Zuschuß gezahlt werden. Die haushaltsrecht 
lichen Voraussetzungen sind natürlich erst noch zu schaffen, das 
heißt, man muß entweder eine Vorlage in den Hauptausschuß 
einbringen oder eine Etatisierung im Landeshaushalt vornehmen. 
Diese beiden Dinge wollte ich nur aus der Hauptausschußsit 
zung noch einmal nachtragen, weil sie Ihnen nicht bekannt 
waren. - Vielen Dank! 
Präsident Rebsch: Das Wort hat nunmehr Herr Senator 
Dr. Hassemer. 
Dr. Hassemer, Senator für Kulturelle Angelegenheiten: Herr 
Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte einige kurze 
Bemerkungen zu dieser Debatte beitragen, zunächst zu dem
	        
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