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Volume Nr. 22, 13. Februar 1986

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1986, 10. Wahlperiode, Band II, 19.-35. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 10. Wahlperiode 
22. Sitzung vom 13. Februar 1986 
1230 
Dr. Ferberg 
(A) Das war ein ganz konkretes Projekt mit Namensnennung, Ko 
stenangaben, das hier Vorgelegen hat. Nun gut, was dazu gesagt 
worden ist, mag ja stimmen, das will ich gar nicht abstreiten; nur 
wenn der Senat tatsächlich so engagiert hinter derartigen Pro 
jekten steht, dann erwarte ich doch wenigstens den Service, daß 
er schreibt und sagt, wo ein solcher Antrag sinnvollerweise ein 
gebracht werden kann, und gleichzeitig den Hinweis folgen läßt: 
Ein entsprechendes Gutachten, eine positive Befürwortung liegt 
bereits bei dieser Stelle vor, und an diese Stelle soll man sich 
wenden. - Nichts davon ist geschehen I Die Frau Kollegin 
Schramm hatte schon darauf hingewiesen, daß eine Propagie 
rung von spektakulären Vorhaben wie der Errichtung einer Aka 
demie der Wissenschaften und das Berufen von Personen, die 
wahrscheinlich zunächst einmal nicht viel mehr einbringen wer 
den als ihren Namen, die Arbeiten derjenigen abwertef, die sich 
seit Jahren darum bemühen, in Berlin international anerkannte 
Forschung zu betreiben, Schwerpunkte zu setzen und - um 
diesen Ausdruck zu gebrauchen - „Weltniveau“ zu bestimmen. 
Das, was wir heute gehört haben, sind Luftschlösser. 
Ich möchte noch einen kleinen Beitrag leisten zu der begriff 
lichen Verwirrung des Postgraduiertenstudiums. Dieser Aus 
druck kommt aus dem Latein, das ist klar, aber er ist englisch zu 
interpretieren. Das heißt: An renommierten Hochschulen Eng 
lands verbindet sich damit das Flair einer internationalen Ein 
richtung, offen für alle Welt, besonders für Studierende, die in 
ihren Heimatländern besondere Perspektiven haben. Ich möchte 
nur exemplarisch aus dem Bereich der Bundesrepublik Deutsch 
land Ralf Dahrendorf nennen - das ist ein solches Beispiel eines 
englischen Postgraduiertenstudiums. Wenn wir so etwas in 
Deutschland betreiben, dann werden wir auch verstanden; aber 
hier von Postgraduierung reden und ein schlichtes deutsches 
Aufbaustudium meinen, das ist einfach Hochstapeln mit Begrif 
fen, das nur zu einer Begriffsverwirrung führt. Unter Postgraduie 
rung verstehen heule diejenigen, die damit im internationalen Be 
reich zu tun haben, das, was praktisch in England geschieht. Ich 
(Bl we '® n ' c ht, ob diese Verwirrung beim Senator persönlich be- 
' steht, ich möchte das bezweifeln, aber innerhalb der Regierungs 
fraktionen scheint das offensichtlich der Fall zu sein. 
Abschließend möchte ich bemerken, daß man von den Luft 
schlössern des Senats, von denen wir hier einiges gehört haben, 
nur eines genau weiß: daß sie sehr viel Geld kosten werden und 
sehr viele, die in Berlin bisher mit großem persönlichem Einsatz 
und Idealismus gearbeitet haben, demotivieren. Wie ich es 
selbst vor einigen Tagen habe feststellen müssen: Bei einem in 
ternational besetzten naturwissenschaftlichen Symposion, bei 
dem Vertreter von Ost und West sich in unserer Stadt trafen, re 
präsentierte der Senat finsterste Provinz. Und ich benutze diesen 
Ausdruck ganz bewußt in Kenntnis der Tatsache, daß der Kol 
lege Wohlrabe ihn vor einigen Tagen in einem ähnlichen Sinne 
benutzt hat. 
[Staffelt (SPD): Da haben wir es, Herr Kewenig!] 
Dem Senat ist hier ins Stammbuch zu schreiben, daß es nicht 
darauf ankommt, wie Hans-Guck-in-die-Luft durch die Welt zu 
laufen und nach Leuten zu suchen, die für teures Geld bereit 
sind, ihren Namen für die Berlin-Werbung zur Verfügung zu 
stellen, wenn gleichzeitig achtlos auf dem herumgelrampelt wird, 
was in dieser Stadt bereits geleistet wird. 
Ich möchte nicht mißverstanden werden. Der Ausbau eines 
postgradualen Studiums in Deutschland, insbesondere in Berlin, 
könnte eine sinnvolle und lohnende Aufgabe werden, unter der 
Voraussetzung, daß die Grundlagen einer solchen Arbeit solide 
abgesichert sind und vor allem erst einmal die Begriffe stimmig 
und richtig definiert werden; das ist noch nicht einmal der Fall. 
Was wir hier mit der Antwort auf die Große Anfrage der CDU- 
Fraktion gesehen haben, war der Versuch, einen Gaul namens 
Hochschulpolilik zu satteln und für das Derby anzumelden, 
wobei alle Kundigen wissen - ich möchte einschränkend sagen: 
wissen sollten daß die Mähre schon am Start disqualifiziert 
wird. - Ich danke sehr! 
[Beifall bei der SPD] 
Stellv. Präsident Longolius: Weitere Wortmeldungen (C) 
sehe ich nicht. Die Große Anfrage ist damit erledigt. 
Wir kommen dann zu 
lfd. Nr. 11, Drucksache 10/485: 
Große Anfrage der SPD-Fraktion über RIAS-Fern- 
sehen 
Das Wort zur Begründung hat der Kollege Dr. Meisner. 
Dr.Meisner (SPD): Herr Präsident! Meine Damen und Her 
ren! Ich bin im Augenblick noch unsicher, ob Frau Laurien oder 
Herr Wronski die Große Anfrage beantworten wird. 
[Dr.Neuling (CDU): Mal hören, was die Begründung 
ergibt! - Wir warten auf die Begründung!] 
Ich traue es Ihnen durchaus zu, Frau Laurien. 
[Staffelt (SPD): Herrn Senator Wronski traue ich 
das auch zu!] 
- Wronski auch? Na ja, ich weiß nicht. - Die SPD hat eine 
Große Anfrage zum RIAS-Fernsehen eingebracht. Der Intendant 
des RIAS Berlin, Herr Schiwy, hat gerade in der letzten Woche 
die öffentliche Diskussion über das RIAS-Fernsehen für verfrüht 
erklärt. Er hat erklärt, solange in Washington dafür noch kein 
Geld bereitgestellt sei, solle man das Thema auch nicht zer 
reden. Ich finde das eigentlich erstaunlich. Nachdem in der Stadt 
nun schon seit fast einem halben Jahr Frequenzen, Finanzen und 
selbst Gebäude für das RIAS-Fersehen im Gespräch sind, ist es 
eigentlich höchste Zeit, daß die Politik in Berlin sich damit be 
schäftigt. Denn wir meinen, wenn die Entscheidung in Bonn ge 
fallen ist und wenn die Entscheidung in Washington gefallen ist, 
dann ist es zu spät, auf den Charakter eines möglichen Fern 
sehsenders RIAS Berlin Einfluß zu nehmen. Denn wir wissen (D) 
natürlich genau: Erst wird festgeklopft, und dann wird das Geld 
bewilligt. Die SPD will also dafür sorgen, daß die Diskussion 
über einen neuen Fernsehsender rechtzeitig geführt wird, bevor 
die Weichen gestellt und unter Umständen falsch gestellt wer 
den. Wir haben da einige Vermutungen. 
Wir fragen daher dringlich nach den Aufgaben, die nach Auf 
fassung des Senats einem RIAS-Fernsehen zuzumessen sind. 
Es gab eine Aufgabe, und es gibt sie noch, im Hörfunk, die der 
RIAS seit Jahrzehnten gut ausfüllt, nämlich die Versorgung der 
Bürger der DDR mit Nachrichten und Informationen. Nur auf 
dieser Basis und nur mit dieser Aufgabe können wir uns ein 
RIAS-Fernsehen vorstellen und - muß ich hinzufügen - können 
wir auch ein RIAS-Fernsehen gutheißen. Und nur wegen dieser 
Aufgabe erhält der RIAS Geld aus dem deutschen Steuerauf 
kommen. Der Titel im Bundeshaushalt, das ist die Nummer 
68 506, hat die Überschrift: Förderung besonderer Maßnahmen 
gesamtdeutschen Charakters in Berlin. Das ist der Titel, aus dem 
der RIAS weitgehend finanziert wird. 
Darum müssen wir fragen: Ist denn überhaupt die technische 
Voraussetzung dafür gegeben, daß der RIAS mit einem Fernseh 
programm einen großen Teil der DDR mit Fernsehen erreichen 
kann? - Wir hören bisher immer etwas von einem Sender mit 
geringer Reichweite, von einer Low-power-Station. Ein Berliner 
Stadtsender, der vom Schäferberg aus noch Potsdam und Klein- 
Machnow erreicht, der aber schon kaum noch in Marzahn oder in 
Hohenschönhausen zu empfangen wäre, ein solcher Sender ent 
spricht nicht mehr diesem Auftrag, den der RIAS bisher hatte. 
Und die dafür aufgewendeten Mittel aus dem eben zitierten Titel 
des Bundeshaushalts entsprächen dann auch nicht mehr dem 
Verwendungszweck. 
[Beifall bei der SPD] 
Welche Aufgabe sollte denn ein Fernsehsender RIAS sonst 
haben? - Einen Stadtsender haben wir schon in Berlin, das ist 
unsere Landesrundfunkanstalt, das ist der SFB, und das bleibt 
auch der SFB, selbst wenn der Herr Landowsky und unter seiner 
Anleitung der Herr Loewe sich alle Mühe geben, diesen Sender
	        
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