Abgeordnetenhaus von Berlin - 10. Wahlperiode
20. Sitzung vom 30. Januar 1986
1145
Sen Franke
(A) Richtwerte bestimmt. Im übrigen hat es in dieser Angelegenheit
mit mir und Beamten meines Hauses Gespräche gegeben.
Diese Gespräche haben keine Veränderung des bisherigen Ver
haltens meines Hauses zur Folge gehabt. Behauptungen, daß
diese Entscheidungen meines Hauses durch unzulässige Ein
flußnahme des privaten Bauträgers beeinflußt sein könnten, muß
ich aufs schärfste zurückweisen. Aber ich sage hier auch ganz
deutlich, daß der Senat die Errichtung eines Hotels für Jugend
liche begrüßt. Wir stehen zu unserer Entscheidung. Sollte hier
Bestechung im Spiele gewesen sein, so sage ich hier frank und
frei: Dieses Geld hätte man sich wirklich sparen können.
3. Hebbelstraße 1-4: Die Abteilung II meines Hauses hat im
August 1984 nach Prüfung in städtebaulicher Hinsicht und unter
Beteiligung des Koordinierungsausschusses dem Vorhaben im
Rahmen des Vorbescheidsantrages gemäß §31 Abs. 2 BBauG
hinsichtlich seiner Überschreitung des zulässigen Nutzungs
maßes zugestimmt. Das Bauvorhaben ist besonders deshalb als
wünschenswert anzusehen, weil die blockrandbegleitende Be
bauung der Kaiser-Friedrich-Straße aufgenommen, in die
Hebbelstraße weitergeführt und somit der Verkehrslärm vom
Blockinnenbereich ferngehalten wird. Dadurch ergibt sich ein
ruhiger Innenhof, der in Übereinstimmung mit der Grünanlage
des Schustehrusparks geplant ist. Auch ein Ersatz für den auf
dem Baugrundstück vorhandenen Kinderspielplatz ist vorge
sehen.
Vom Bauherrn wurde im Mai 1984 ein Förderungsantrag für
die Finanzierung von rund 80 Wohneinheiten im 2. bzw. 3. För
derungsweg gestellt. Eine Förderung ist für das Wohnungsbau
programm 1986 vorgesehen. Der Bauherr hat im Herbst 1985
um eine Modifizierung der Förderungskondilionen im 3. Förde
rungsweg nachgesucht; diese ist jedoch abgelehnt worden. Ein
flußnahmen weiterer Art sind mir bei diesem Vorhaben nicht
bekannt.
[Frau Ahme (AL): Warum wurde auf das Vorkaufsrecht
(B) verzichtet?]
4. Bonhoefferufer/Mierendorffstraße: Vom Bauherrn wurde
im Juni 1983 ein Antrag auf Förderung im sozialen Wohnungs
bau gestellt. Der Förderungsantrag wurde vom damaligen Char
lottenburger Baustadtrat befürwortet, da der Bauherr - soweit
aus dem Schriftverkehr ersichtlich - einen vom Bezirksamt
durchgeführten Bauträgerwetfbewerb gewonnen hatte. Das
Bauvorhaben wurde im Wohnungsbauprogramm 1984 mit
26 Wohnungen bewilligt. Eine Einflußnahme des Bauträgers auf
die Entscheidungen in meinem Hause lag nicht vor.
5.. Charlottenburger Ufer 11: Für dieses Vorhaben wurde von
meiner Abteilung II unter Beteiligung des Koordinierungsaus
schusses im Juni 1984 im Rahmen des Bauantrages die Zustim
mung gemäß § 31 Abs. 2 BBauG zur Überschreitung des zuläs
sigen Nutzungsmaßes erklärt. Dabei wurde u. a. aber festgelegt,
daß der vorgesehene Dachraum keiner Wohnnutzung zugeführt
werden darf. Hiergegen hat der Bauherr Widerspruch eingelegt,
dieser ist zurückgewiesen worden. Um dieses Bauvorhaben er
richten zu können, wurde dem Bauträger im April 1984 die
Abrißgenehmigung für ein altes, auf dem Grundstück befind
liches Klärgebäude gemäß Zweckentfremdungsverbotsverord
nung erteilt. Die Abrißgenehmigung war mit der Auflage verbun
den, daß, falls sechs Monate nach Abriß nicht mit dem Bauvorha
ben begonnen wird, eine Ausgleichszahlung fällig wird. Der Bau
träger riß das Gebäude im Mai 1984 ab, ohne jedoch eine Zu
sage der WBK für eine finanzielle Förderung des Wohnungsneu
baues zu besitzen. Das Bezirksamt Charlottenburg beabsichtigt,
hinsichtlich des fälligen Ausgleichsbetrages die Zwangsvoll
streckung anzuordnen.
Der neue Eigentümer - die Eigentumsverhältnisse haben sich
zwischenzeitlich verändert - hat mich mehrfach in Gesprächen
um eine finanzielle Förderungszusage gebeten. Ich habe dies
stets eindeutig abgelehnt. Über eine Förderung des Vorhabens
im Wohnungsbauprogramm wird zu gegebener Zeit ohne Rück
sicht auf die Vorgeschichte des vorzeitigen Abrisses unter den
normalen Prioritätsgesichtspunkten entschieden.
6. Gloria-Palast: Der Senat hat sich aus seiner Verpflichtung (C)
für die Attraktivitätssteigerung des Kurfürstendammes und den
Schutz erhaltenswerter und bedeutungsvoller Gebäude intensiv
mit dem vom Eigentümer geplanten Bauvorhaben auseinander
gesetzt. Hier hat nicht der private Bauträger, sondern der Staat
massiven Einfluß auf die Bauabsichten des Privaten ausgeübt
und die Planungen beeinflußt. Erklärtes Ziel des Senats ist die
Gestaltung des Kurfürstendamms zu einem Boulevard, der zum
Verweilen einlädt, zu einem Anziehungspunkt in und für Berlin. Er
wird auch weiter in diesem Sinne Einfluß nehmen. Um die Ihnen
bekannten Entscheidungen zu erreichen, waren zahlreiche
Gespräche auf Senatorenebene notwendig - im übrigen auch
persönliche Besichtigungen durch den Regierenden Bürgermei
ster und mich.
Für das Bauvorhaben ist Ende Dezember 1985 beim Bezirks
amt Charlottenburg ein Bauantrag - mit Abriß und gleichgestal
tetem Neubau des Gloria-Palastes - eingereicht worden. Dieser
Antrag wird zur Zeit vom Bezirksamt geprüft.
Im ursächlichen Zusammenhang mit Abriß und Neubau des
Gloria-Palastes wurde im September 1984 die Förderung von
41 Wohnungen im steuerbegünstigten Wohnungsbau bean
tragt. Im Januar 1985 wurde das Bauvorhaben in das Auswahl
verfahren für den 3. Förderungsweg des Programmjahres 1986
einbezogen. Vorausgesetzt, daß die Baugenehmigung rechtzei
tig erteilt werden kann, ist mit den Bauarbeiten unmittelbar nach
den Filmfestspielen zu beginnen und bis zu den nächsten Film
festspielen abzuschließen. Nur wenn eine ununterbrochene
Festspielfolge im Gloria-Palast gewährleistet ist, werden not
wendige Genehmigungen erteilt. Voraussetzung ist, daß alle fälli
gen Unterlagen rechtzeitig vorgelegt werden.
7. Pesfalozzistraße/Kaiser-Friedrich-Straße: Für dieses Vor
haben wurde von meiner Abteilung II unter Beteiligung des Koor
dinierungsausschusses im Juli 1985 im Rahmen des Bauantra
ges die Zustimmung gemäß § 31 Abs, 2 BBauG zur Überschrei
tung des zulässigen Nutzungsmaßes und der zulässigen Zahl
der Vollgeschosse erklärt. Darüber hinaus wurde festgelegt, daß
die bisher auf dem Grundstück befindlichen öffentlichen Stell
plätze und die ohnehin nachzuweisenden privaten Stellplätze
unter Beibehaltung des vorhandenen Kinderspielplatzes als Tief
garage angelegt werden müssen. Vom Bauherrn wurde im Sep
tember 1984 für diese Vorhaben ein Förderungsantrag für
63 Wohnungen gestellt. Dem Bauherrn mußte jedoch im
November 1985 mitgeteilt werden, daß das Bauvorhaben im
Wohnungsbauprogramm 1986 nicht gefördert wird. Einflußnah
men des privaten Bauträgers auf die getroffenen Entscheidun
gen sind mir nicht bekannt.
[Frau Ahme (AL): Ach Mensch! Tausende Mark!]
8. Dörnbergdreieck/Hotelbau: Das Hotelbauvorhaben ist ge
mäß § 31 Abs. 2 Nr. 2 BBauG genehmigungsfähig. Daher wurde
die Befreiung mit dem Vorbescheid vom 26.11.1985 in Aus
sichtgestellt, am 21,1.1986 die Befreiung und Teilbaugenehmi
gung für die Beseitigung der Vegetation und den Baugrubenaus
hub erteilt. All diese Entscheidungen ergingen im Wege des Ein
trittsrechtes gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 ASOG über den Senator
für Bau- und Wohnungswesen, weil sich der Bezirk weigerte, die
beantragten Genehmigungen zu erteilen. Beim Verwaltungsge
richt Berlin liegen seit dem 17. Januar 1986 eine Anfechtungs
klage und ein Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung
gegen das Bauprojekt vor. Bis zur Entscheidung sind natürlich
alle Baumaßnahmen ausgesetzt.
Der Senator für Bau- und Wohnungswesen handelt im Rah
men seiner Entscheidungshoheit nach Gesetz und Recht. Er
beachtet hierbei die den Bezirken nach der Verfassung oder son
stigen Gesetzen zustehenden Rechte, die sich aus den gesetz
lich normierten Grundsätzen der Selbstverwaltung ergeben. Das
schließt wie beim Fall des sogenannten Dörnbergdreiecks im
Einzelfall ein Tätigwerden des Senators für Bau- und Wohnungs
wesen im Rahmen seiner Fachaufsicht nicht aus, wenn ein
Bezirk nicht rechtskonform oder entgegen der Senatspolitik han
delt.