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Volume Nr. 35, 25. September 1986

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1986, 10. Wahlperiode, Band II, 19.-35. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 10. Wahlperiode 
35. Sitzung vom 25. September 1986 
Landowsky 
(A) ob das ein Darlehn oder aber sogar eine Verlustabdeckung für 
die letzten beiden Jahre sein soll. 
Stellv. Präsidentin Wiechatzek: Herr Landowsky, gestat 
ten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Lohauß? 
Landowsky (CDU): Nein, im Moment nicht, ich habe ja nur 
fünf Minuten. - Und da sagt der Mann, daß er dieses Risiko auf 
sich nehmen wolle, denn er habe ja kein Risiko. Er habe nur eine 
Chance. Das Risiko, das der Herr Schiesser eingeht, sind 
500000 DM. Und er hat lange vorgeplant. Seine Gesellschaft 
hatte ursprünglich ein Haftungskapital von 50 000 DM, und 
seit dem 19. August 1986 - das können Sie alles im öffentlich 
zugänglich Handelsregister nachlesen - hat er ein Haftungsri 
siko von 500 000 DM. Seit sechs Wochen also weiß ein interner 
Kreis, daß hier ein Riesencoup gelandet wird, während noch mit 
dem Senator verhandelt wird - und Herr Nagel, bitte, wir beide 
haben auch über die Neue Heimat telefoniert und wollten unser 
Bestes tun. Da gibt es nun eine Handvoll Leute, die schon das 
Kapital aufstocken und wissen, daß da eine ganz große Riesen 
nummer läuft. 500000 DM, das ist gar nichts! Wenn eine Mil 
liarde Liquidität fließt und ich diese Milliarde nur für 5 % für ein 
Jahr anlege, habe ich 50 Millionen DM Ertrag. Da spielen die 
500 000 DM überhaupt keine Rolle. 
Ich will Ihnen damit nur sagen, daß das Risiko gleich Null ist, 
die Chance aber riesengroß. Nur der „Verrückte“ würde zu 
dieser Idee nein sagen. Einem Unternehmer nehme ich das 
nicht übel. Nun kann unser Brotfabrikant das Bauen sicherlich 
nicht richtig erkennen. Und darüber werden wir allerdings reden 
müssen. Wer ist es eigentlich, der die Sachkenntnis ihm ersetzt? 
Und Herr Nagel 
[Zuruf von der CDU: Wurchel] 
- Das hat der Walter Rasch gesagt, ich nenne jetzt keine 
(B) Namen. Er hat sie genannt. Aber wir hören sie alle noch. Es geht 
mit der Zeit noch so viel rein. Aber ich bin fest davon überzeugt, 
daß die Sachkenntnis durch Leute ersetzt wird, die wir alle, alle 
kennen. Und die euch näher stehen, als uns! Die waren alle auf 
dem Schiff an dem Freitag bei Ihrem Kreis, am letzten Freitag! 
Mit der Frage werden Sie sich auseinanderzusetzen haben. Der 
„Kapitaldienst“ schreibt ja: „Schnell wurde bekannt, daß Schies 
ser prominentes Mitglied eines SPD-nahen Unternehmerkreises 
ist.“ Ristock und Herr Neubauer kennen ihn sehr gut. Also kurz 
um, über diese Sache werden wir noch sehr genau reden. 
Und jetzt der letzte Satz von mir. Was mich maßlos ärgert, das 
ist Ihr Vorwurf, wir meinten es nicht mit den Mietern ernst. Alles 
das, was zum verbesserten Mieterschutz in dieser Stadt passiert 
ist, ist von dieser Koalition in Berlin und in Bonn bewirkt worden. 
[Beifall bei der CDU und der F.D.P.] 
Und nun findet am Sonnabend ein Komplott statt, letztlich auf 
dem Hintergrund „DGB - Neue Heimat“. Da geht die SPD in der 
Tat mit offenem Visier an die Mieter der Stadt und will sie gegen 
die Mieterpolitik dieses Senats aufhetzen. Ich sage Ihnen, daß 
die Leute Sie am Sonnabend von den Ständen jagen werden, 
weil Sie mit Recht ihnen nicht in die Augen sehen können. Bitte 
verkneifen Sie sich diese Aktion am Sonnabend! 
[Beifall bei der CDU und der F.D.P. - 
Zuruf von der SPD] 
Im Schutz der Mieter lassen wir uns von keinem übertreffen, von 
Ihnen erst recht nicht! 
[anhaltender Beifall bei der CDU und der F.D.P,] 
Stellv. Präsidentin Wiechatzek: Meine Damen und Her 
ren! Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die 
Aussprache und stelle fest, daß die Besprechung der Aktuellen 
Stunde beendet ist. Zu dem Antrag der Fraktion der SPD, Druck 
sache 10/993, möchte ich vorschlagen, ihn an den Ausschuß 
für Bau- und Wohnungswesen zu überweisen. 
Wir kommen nun zu (C) 
lfd. Nr. 3, Drucksache 10/968: 
II. Lesung des Antrages der Fraktion der CDU, der 
Fraktion der SPD und der Fraktion der F.D.P. über 
5. Gesetz zur Änderung des Landesabgeordneten 
gesetzes, Drucksache 10/820, gemäß Beschluß 
empfehlung des Hauptausschusses vom 10. Sep 
tember 1986 
Ich eröffne die II. Lesung und schlage vor, die Einzelberatung 
der zwei Artikel miteinander zu verbinden. - Widerspruch gibt es 
nicht. Ich rufe also auf die Artikel I und II, die Überschrift und die 
Einleitung im Wortlaut der Vorlage Drucksache 10/820 unter 
Berücksichtigung der Beschlußempfehlung Drucksache 
10/968. Gibt es Wortmeldungen? - Herr Abgeordneter Reiß! 
Reiß (AL): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Da 
auch heute wieder wie schon bei der I. Lesung dieses Gesetzes 
Ende Juni der Präsident den Drei-Parteien-Anfrag begründen 
soll, muß ich meine Kritik an dem Vorgehen zunächst wieder 
holen. 
Mit diesem Vorgehen wird ein Konsens vorgespiegell, den es 
nicht gibt. Meine Fraktion hält eine Anhebung der Diäten in 
keiner Weise für gerechtfertigt. Schon jetzt erhalten alle 
Mitglieder dieses Hauses 4 000 DM brutto und 1 150 DM netto. 
Und damit liegen unsere Einkünfte weit über denen der 
beiden einzig vergleichbaren in Bremen und Hamburg, wo die 
Mitglieder der Bürgerschaft 3 316 DM brutto bzw. 2 500 DM 
netto erhalten. Hier wie dort ist die Tätigkeit der Landesparla- 
mentarierer nicht als Vollzeitbeschäftigung gedacht, auch wenn 
die Bezeichnung „Freizeitparlamentarier“ sicherlich ebenfalls 
nicht glücklich ist, weil sie die Ernsthaftigkeit, die die Wähler bei 
der Ausübung des Mandates erwarten können, recht unkritisch 
vernachlässigt, 
Das Gesetz fordert eine angemessene Entschädigung der 
Abgeordneten, die geeignet ist, ihre Unabhängigkeit zu sichern. 
Wir sehen eine Entschädigung in Höhe des durchschnittlichen 
Facharbeiferlohnes für eine Vollzeittätigkeit als angemessen an, 
weil bekanntlich die Mitglieder der AL-Fraktion keinen anderen 
Beruf nebenher ausüben, es also für uns Vollzeittätigkeit ist. Wir 
haben den Betrag von 2 250 DM netto pro Monat dafür ermit 
telt. Mit Rücksicht auf die große Zahl von Arbeitslosen, Klein 
verdienern und Kleinrentnern ist selbst dieser Betrag schon 
etwas über dem Durchschnitt, Und wir werden uns deshalb jeder 
Erhöhung der Bezüge widerselzen. 
Unser Widerstand gegen die alljährlichen Versuche, sich mit 
mehr oder weniger pfiffigen Ausreden ein größeres Stück vom 
Kuchen zu sichern - im vorigen Jahr wurde die Kostenpauschale 
für Porto und Telefon erhöht, obwohl es keine Erhöhung der 
Postgebühren gegeben hatte -, ist den Fraktionen der Alt 
parteien aber immerhin peinlich und vor den Wahlen aus tak 
tischen Gründen gänzlich unerträglich, denn die Bürger und Bür 
gerinnen zweifeln allerdings an den moralischen Grundsätzen 
der Vor- und Nachwendepolitiker, wenn sie Stagnation und den 
Abbau der Sozialleistungen am eigenen Leib erfahren und dann 
von den großzügigen Einkommensverbesserungen der selbst 
herrlichen Volksvertreter erfahren. 
Deshalb sollen nun die Diäten mit diesem Änderungsgesetz 
nicht nur sofort, sondern insgesamt gleich viermal, nämlich für 
die kommenden Jahre bis nach den nächsten Abgeordnefen- 
hauswahlen mitbeschlossen werden. Daß dies ein schäbiger 
Trick ist, um die eigenen Wähler nicht nur für dumm, sondern für 
saudumm und restlos dämlich zu verkaufen, habe ich bei der 
I. Lesung dieses Gesetzentwurfes mit anderen Worten schon 
einmal gesagt. Da Sie diese Argumente aber weder im Plenum 
noch im zuständigen Ausschuß beachtet haben, darf ich meiner 
Ansicht nun durch den Hinweis auf die Rechtsprechung des 
Bundesverfassungsgerichtes die institionelle Autorität verleihen, 
die Sie vielleicht nicht überzeugt, aber hinlänglich beeindruckt, 
um eine sachliche Debatte zu ermöglichen. 
1983
	        
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