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Volume Nr. 15, 4. Dezember 1985

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1985, 10. Wahlperiode, Band I, 1.-18. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 10. Wahlperiode 
15. Sitzung vom 4. Dezember 1985 
821 
Haberkorn 
(A) Wir werden spätestens im Berichtsauftrag sehen, ob in den 
Krankenhäusern überall entsprechende Maßnahmen zu ver 
pflichtenden Weiterbildungen gegeben sind oder ob das bei 
einer Absichtserklärung des Senats bleibt. Ich will da im 
Grunde genommen nicht negativ Vorurteilen. Wir werden 
spätestens im März darüber neu urteilen. 
Worauf wir ein besonders Augenmerk gelegt haben, war 
dann allerdings schon der Bereich Knast, der Bereich Straf 
vollzug, weil wir da begründeten Verdacht hatten und auch 
Belege und Beweise gerade aus der letzten Woche haben, daß 
dort mit der Schweigepflicht überhaupt nicht sorgfältig umge 
gangen wird. 
[Unruhe - Glocke des Präsidenten] 
So sind Menschen von einer Zelle zur Untersuchung mit 
einem Laufzettel transportiert worden, auf dem stand: „HTLV- 
III positiv“, so daß im Grunde genommen Wärter, das Pflege 
personal, das Vollzugspersonal also wußten, daß jemand 
HTLV-III positiv infiziert ist, daß die Tatsache also gegeben 
war. Da ist wider den Behauptungen von Herrn Scholz 
überhaupt nicht zu erkennen, daß im Strafvollzug Sorgfalt 
vorhanden ist. Deshalb meinten wir, daß man gerade diesem 
} Bereich besondere Aufmerksamkeit widmen muß. Dem ist 
leider von der Regierungskoalition nicht gefolgt worden. 
Vor allen Dingen hat uns ein Punkt am Herzen gelegen, und 
der liegt uns immer noch am Herzen, nämlich vorbeugende 
Gesundheitshilfe auch im Strafvollzug. Die vorbeugende Ge 
sundheitshilfe im Strafvollzug besteht darin - da braucht man 
sich nicht in die Tasche zu lügen -, daß an die Strafgefangenen 
Präservative ausgegeben werden müßten. Sie sind einfach 
nicht zu beziehen. Wenn das nicht passiert, tun wir so, als 
wenn wir mit unserer falschen Moral den Leuten drinnen 
verbieten, miteinander umzugehen, auch geschlechtlich, 
( ß ) dann dafür Sorge tragen, daß Ansteckungsmöglichkeiten 
gegeben sind, obwohl auf der anderen Seite auch zugegeben 
wird, daß gerade im Knast viele Leute sind, die auch Fixer 
sind, so daß deshalb erhöhte Ansteckungsgefahren bestehen. 
Darauf sind Sie aber nicht eingegangen, da werden wir auch 
sehen - Sie wollten es nicht extra in ihren Antrag aufnehmen -, 
ob bis März etwas passiert oder ob Sie das auch als bloße 
Absichtserklärung in dem Berichtsauftrag untergehen lassen. 
Wir werden jedenfalls darauf achten. 
Uns ist nicht genügend der Personenkreis benannt, der so 
gefährdet sein soll. 
^ [Unruhe - Glocke des Präsidenten] 
- Schönen Dank! - Sie führen vor allen Dingen Fixer und 
Prostituierte als Hauptgefahrenkreis an. Ich möchte nochmals 
darauf hinweisen, in der gleichen Fernsehdiskussion, aus der 
auch der Kollege Dr. Franz seine Erfahrungen geholt hat - die 
haben wir zumindest am Fernsehschirm verfolgen können 
ist mit Recht darauf hingewiesen worden, es sollten mehr 
Worte verloren werden über die Leute, die am Wochenende 
mal nach Berlin kommen und hier kurz mal auf den Strich 
gehen, um sich hier ihr Vergnügen zu holen. Es sollte an die 
Familienväter appelliert werden, die nachmittags oder 
abends aus dem Haus gehen und sich genauso in die 
Ansteckungsgefahr begeben. Die werden nun völlig heraus 
genommen aus dem Personenkreis, der einer besonderen 
Ansteckungsgefahr unterliegt. Da wird doch mit den berühm 
ten, für mich doch falschen Moralitäten gehandelt. Es sind 
letztlich alle gefährdet, alle, sowohl die, die jetzt gefährdet 
sind, als auch die, die mit verlängerten Ansteckungszeiten 
demnächst in der gleichen Gefahr drinstecken werden, wenn 
nicht allgemein informiert und Vorbeugung betrieben wird. 
„Vorbeugung betreiben“ ist der Punkt, der auch vom 
Kollegen der SPD angesprochen wurde, dieses Interview, das 
von einem Kollegen von uns der „taz“ gegeben wurde oder wo 
er miterwähnt wurde. Wir haben nicht mehr und nicht weniger (C) 
gesagt, als daß wir nicht insofern eine unnötige Panik erzeu 
gen wollen, daß sich jeder nun in einen Untersuchungsbereich 
begeben soll und sich auf den Antikörper untersuchen lassen 
soll. Warum? - Wir sagen, wenn ein begründeter Verdacht 
besteht, dann soll diese Untersuchung gemacht werden. Es 
soll aber nicht so sein, daß sich jeder jetzt hereinbegibt und 
die psychischen Auswirkungen für den Fall, daß eine positive 
Erkrankung vorliegt, eine Infektion vorliegt, obwohl das noch 
nicht heißt, daß damit die Erkrankung gegeben ist, dann 
ertragen muß. Also man kann auch über diesen Weg Panik 
machen, alle untersuchen zu lassen und die dann im Regen 
stehen zu lassen, die dann mit dem Positiv-HTLV-Il! dastehen 
und nicht wissen, was sie damit anfangen sollen. Da ist es 
verantwortungslos, uns diese Panikmache zu unterstellen. 
Das ist von uns genau so wenig vorgesehen, wie wir Ihnen das 
unterstellen. 
Ich will es mit diesen Sachen bewenden lassen. Wir hätten 
uns eine Präzisierung gewünscht. Die CDU hätte sich doch 
nichts vergeben. Im März werden wir sehen, was aus ihren 
eigenen Vorstellungen der Präzisierung herausgekommen 
ist. Wir werden uns, da wir uns insgesamt einem solchen 
Antrag nicht entgegenstellen können, zumindest bei dieser 
Abstimmung der Stimme enthalten, aber nicht dagegen stim 
men. 
[Beifall der Frau Abg. Bischoff-Pflanz (AL)] 
Stellv. Präsident Longolius: Weitere Wortmeldungen liegen 
nicht vor. Wer dem SPD-Antrag im Wortlaut der Beschlußemp 
fehlung Drucksache 10/445 zustimmen möchte, den bitte ich 
um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen?- Das ist 
so beschlossen. 
Wir kommen zur 
lfd. Nr. 13 B, Drucksache 10/451: 
Beschiußempfehlungen des Ausschusses für Kulturel 
le Angelegenheiten vom 25. November 1985 und des 
Hauptausschusses vom 4. Dezember 1985 zum Antrag 
der Fraktion der CDU und der Fraktion der F.O.P. über 
Kapazitätserweiterung der Berliner Archive und des 
Berlin-Museums, Drucksache 10/321 
Eine Beratung findet nicht statt. Wer dem Antrag, Drucksache 
10/321, unter Berücksichtigung der Beschlußempfehlungen 
zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - 
Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist das einstimmig so 
beschlossen. 
Lfd. Nr. 14, Drucksache 10/419: 
Antrag der Fraktion der AL über Quotierung von 
Arbeite- und Ausbildungsplätzen im öffentlichen Dienst 
des Landes Berlin 
Die Kollegin Birkelbach hat das Wort. 
Frau Birkelbach (AL): Herr Präsident! Meine Damen und 
Herren! Ich weiche etwas von der üblichen Gewohnheit ab, 
Anträge beim Einbringen nicht zu begründen, weil dies hier 
ein Antrag ist, der meiner Fraktion und auch mir persönlich 
besonders am Herzen liegt und den ich auch - um das 
vorwegzuschicken - nicht gern als Gegenstand parteipoliti 
scher Profilierung sehe. Besonders wende ich mich an die 
Frauen aller Fraktionen, weil das nach meiner Meinung ein 
gemeinsames Anliegen sein sollte. 
[Starke Unruhe]
	        
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