Abgeordnetenhaus von Berlin - 10. Wahlperiode
15. Sitzung vom 4. Dezember 1985
758
(A) Präsident Rebsch; Nächste Zusatztrage - die Kollegin
Brinckmeier!
Frau Brinckmeier (SPD): Herr Senator, hinsichtlich der
Qualitätsverbesserung des Pflegepersonals frage ich: Wieviel
Personal im pflegerischen stationären Bereich ist in den
letzten drei Jahren eingespart worden? Und dazu im Ver
gleich: Wie viele Stellen für Pflegekräfte wurden während
dieses Zeitraums durch den Senat für Sozialstationen finan
ziert?
Präsident Rebsch; Bitte sehr, Herr Senator!
Fink, Senator für Gesundheit und Soziales: Frau Abgeord
nete Brinckmeier! So kann man das nicht gegenüberstellen.
[Zurufe von der SPD: Aha!]
Sie wissen, daß der Senat von Berlin weder die laufenden
Kosten der Krankenhäuser noch die laufenden pflegerischen
Kosten der Sozialstationen, der ambulanten Dienste zu finan
zieren hat, sondern daß das in beiden Fällen die Krankenkas
sen sind. Also kommt es weniger darauf an, wie viele Stellen
der Senat von Berlin finanziert. Der Senat von Berlin finanziert
Ja, wenn ich Sie darauf aufmerksam machen darf, in den
Krankenhäusern überhaupt keine Pflegestelle, sondern das
wird von den Krankenkassen finanziert. Es ist Ihr allgemeiner
Irrtum, daß Sie immer so tun, als ob der Senat von Berlin die
Stellen finanziert; zu finanzieren haben das die Krankenkas
sen. Demzufolge - und darin liegt nämlich Ihr ganzer ur
sprünglicher Irrtum - darf ich Sie darauf aufmerksam machen:
Nicht der Senat von Berlin kann bestimmen, was wirtschaftli
che Pflegesätze angeht, sondern das muß auf dem Verhand
lungsweg zwischen den Krankenkassen und den Krankenhäu-
(B)
sern ausgemacht werden. Das können Sie nicht befehlen,
sondern man muß sich anhand vernünftiger Daten einigen.
Was nun die Zahlen angeht: Es ist im stationären Sektor
entgegen Ihrer Vermutung eben keine Verringerung der Zahl
der Krankenpflegekräfte vorgenommen worden, obwohl 3000
Krankenhausbetten in den letzten vier Jahren weniger vor
handen sind. Heute sind an den Krankenhäusern über 300
Krankenpflegekräfte mehr als 1980 beschäftigt. Das heißt,
eine Verbesserung der Humanität der Krankenhausversor
gung ist eingetreten. Und zusätzlich sind bei den Soziaistatio-
nen mittlerweile 700 examinierte Krankenpflegekräfte und
1300 Hauspflegekräfte beschäftigt.
(Beifall bei der CDU]
Präsident Rebsch: Letzte Zusatzfrage - Herr Abgeordneter
Dr. Franz!
Dr. Franz (CDU): Herr Senator, wie werden die Sozialstatio
nen von der Bevölkerung angenommen, und trifft es zu, daß
bedarfsweise die meisten Berliner Sozialstationen ihre Kapa
zität erheblich verstärken können, wenn das notwendig wäre?
Präsident Rebsch: Herr Senator!
Fink, Senator für Gesundheit und Soziales: Ja, es ist richtig,
die Sozialstationen sind so ausgestattet, daß sie auch auf ein
Ansteigen des Bedarfs reagieren können. Es findet ja - ich
habe vorhin darauf in einem Nebensatz hingewiesen - schon
ein gewisser Wettbewerb zwischen Sozialstationen und mitt
lerweile zusätzlich, glaube ich. über 20 Anbietern häuslicher
Krankenpflege in Berlin statt. Auch dort gibt es eine recht
erhebliche Kapazität auf diesem Gebiet der ambulanten
Versorgung.
Zu Ihrer Frage, ob die Berliner Bevölkerung die Sozialsta- (C)
tionen angenommen hat; Ich kann sagen, daß auf der einen
Seite die Träger von Sozialstationen, die früher etwas skep
tisch waren, ob sie Träger von Sozialstationen werden sollten,
heute - mittlerweile, ich sage das mal so - eigentlich nicht
genügend Sozialstationen bekommen können.
[Vetter (CDU): Auch die AWO?]
- Auch die Arbeiterwohlfahrt ist sehr daran interessiert,
weitere Sozialstationen in Trägerschaft zu bekommen. -
Darüber hinaus sind 6000 Berliner, die täglich von den
Sozialstationen gepflegt werden, der beste Beweis einer
Anerkennung für die Arbeit der Sozialstationen.
[Beifall bei der CDU und der F.D.P.]
Präsident Rebsch: Wir kommen nunmehr zur Mündlichen
Anfrage Nr. 3. Das Wort hat der Abgeordnete Helms zu einer
Mündlichen Anfrage über
Bestechungsskandal um den ehemaligen
Baustadtrat Wolfgang Antes
Bitte sehr!
Helms (AL): Ich frage den Senat:
1. Wie ist der Erkenntnisstand im Korruptionsskandal ge
gen den ehemaligen Baustadtrat Wolfgang Antes, gegen die
Bordellbesitzer Otto Schwanz und Norbert Pörtner, gegen den
Bauunternehmer und Architekten Hans-Werner Raffael, ge
gen den Rechtsanwalt Schmidt-Salzmann, gegen den Ge
schäftsführer der Rechtsanwaltskammer Landsberg und an
dere?
2. Wie war es möglich, daß der ehemalige Baustadtrat
Antes Begünstigungen gegenüber Bauspekulanten vornahm,
ohne daß es den zuständigen Ausschüssen der Bezirksver
ordnetenversammlung, den anderen Mitgliedern des Bezirks
amtes, den leitenden Beamten der Bauverwaltung und der
Bezirksaufsicht des Regierenden Bürgermeisters auffiel?
Präsident Rebsch; Zur Beantwortung - Herr Senator Dr.
Scholz!
Dr. Scholz, Senator für Justiz und Bundesangelegenheiten:
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter
Helms, zu Ihrer ersten Frage: Die Staatsanwaltschaft beim
Landgericht führt gegen den ehemaligen Bezirksbaustadtrat
Antes ein umfangreiches Ermittlungsverfahren. Dem Beschul
digten wird im wesentlichen Vorteilsannahme, Bestechlich
keit und Untreue zur Last gelegt. Die Ermittlungen richten sich
darüber hinaus unter anderem auch gegen die in Ihrer
Anfrage genannten Personen, die in diesem Zusammenhang
der Bestechung, der Beihilfe zur Bestechung und des Betru
ges beschuldigt werden. Den Tatbeständen liegen eine Reihe
von Sachverhalten zugrunde, deren abschließende Klärung
derzeit von der Staatsanwaltschaft vorgenommen wird. Der
Senat sieht sich demgemäß - wofür ich um Verständnis bitte -
nicht in der Lage, weitere Einzelheiten aus dem genannten
Ermittlung'skomplex vorzutragen.
Zu Ihrer zweiten Frage: Eine Antwort hierzu kann nur auf
Bezirksebene gegeben werden, weil die Dienstaufsicht über
Bezirksstadträte vom jeweiligen Bezirksbürgermeister aus
geübt wird.
Präsident Rebsch; Zur ersten Zusatzfrage hat der Frage
steller das Wort.