Abgeordnetenhaus von Berlin - 10. Wahlperiode
14. Sitzung vom 28. November 1985
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Frau Brinckmeier
(A) Herr Senator Fink hat zwar eben einige Absichtserklärungen
dazu abgegeben, aber so, wie es da erst einmal im Plan steht,
schiebt man eigentlich unangemessen die Verantwortung auf
einen Personenkreis, der mitunter nach dem ersten Augenschein
gar nicht beurteilen kann, um welche Schwere einer Verletzung
es sich da tatsächlich handelt; denn zur Zeit sind herkömmliche
Feuerwehrbeamte auf den Rettungswagen nicht speziell in der
Notfallmedizin ausgebildet. Also, ich freue mich, daß Sie sich
dafür einsetzen werden, aber damit haben wir noch lange nicht
die ausgebildeten Feuerwehrleute. Ich könnte mir vorstellen, daß
schon aus Selbstschutzgründen sogenannte Erste-Hilfe-Kran-
kenhäuser nur relativ selten angefahren werden und von vorn
herein mehr auf die tatsächlichen Unfallkrankenhäuser bzw.
Unfallschwerpunktkrankenhäuser zurückgegriffen wird. Dennoch
glaube ich, daß der Ansatz richtig ist, daß nämlich ein vermehrtes
Angebot von Erste-Hilfe-Ambulanzen, die rund um die Uhr ver
fügbar sein sollen, wirklich eine qualitative Verbesserung darstel
len könnte.
Probleme habe ich natürlich, was die Regionalisierung der
Unfallschwerpunktkrankenhäuser anbelangt. Sie sollen künftig
nach dem Willen der Senatsplanung nur noch an den drei Stand
orten der Häuser der Zentralversorgung, also Neukölln, Universi
tätsklinik Steglitz und ein eventuell neu zu schaffendes Klinikum
Wedding, bestehen. Die Lücke, die eine Schließung des Univer
sitätsklinikums Charlottenburg gerade in der Unfallversorgung
hinterläßt, ist nicht zu schließen, und angesichts verstopfter
Stadtautobahnen kann der Weg eben bis zum RVK eine tödliche
Bedrohung für einen Schwerverletzten darstellen. 40 000 Erste-
Hilfe-Leistungen im Jahr 1984 dokumentieren die Bedeutung
der Klinik als Unfallkrankenhaus.
Außerdem meine ich, daß man die Unfallversorgung nicht los
gelöst vom Rettungswesen sehen darf, und darf in diesem
Zusammenhang an die Diskussion um die weitere Stationierung
von Notarztwagen erinnern. Berlin wird überall um dieses
Rettungssystem beneidet. Der Senat hat zumindest in seine
B) Überlegungen mit einbezogen, aus finanziellen Gründen eine
Umstellung dieses Systems auf die kleineren Noteinsatzfahr
zeuge vorzunehmen. Nun gut, mit gewisser Befriedigung haben
wir heute der Zeitung entnommen und auch gehört, was der Herr
Senator Fink heute gesagt hat - ich nehme an, auf Drängen wohl
auch der SPD -, daß der Herr Lummer inzwischen wohl auch
einsichtig geworden ist, daß der Stationierung eines Notarzt
wagens am Humboldt-Krankenhaus nichts mehr im Wege steht,
[Schicks (CDU): „Nur“ womöglichst noch!]
- Ich würde sagen, wirklich „nur“, denn ich kann mich erinnern,
Herr Schicks, bei der Beratung im Innenausschuß haben eigent
lich die regierungstragenden Fraktionen relativ Seite an Seite mit
Lummer gestanden, vielleicht etwas abgeschwächt, das gebe
ich zu, aber im Grunde genommen haben sie uns nicht dabei
unterstützt zu sagen, daß es aus medizinischen Gründen sehr
wichtig sei, einen Notarztwagen auch am Humboldt-Kranken
haus zu stationieren.
[Schicks (CDU): Das haben wir aber
im Gesundheitsausschuß gesagt!]
- Wir haben sowohl im Gesundheitsausschuß wie auch im
Innenausschuß - und ich war in beiden dabei - darüber disku
tiert.
Die vom Senat angestrebte Strukturverbesserung zur Behand
lung Verbrennungskranker, die zu einer stärkeren Zentrierung
führen sollen, sind an sich zu begrüßen, wenn man auch hier
wieder sagen muß, daß es sich wieder lediglich um Absichtser
klärungen handelt. Wir hätten eigentlich erwartet, daß nach der
Beratung im Ausschuß - das liegt schon wieder einige Monate
zurück - der Senat seine Überlegungen in die Vorlage des Kran
kenhausplanes bereits hätte einfließen lassen können. Be
schwichtigend wird auf die zentrale Anlaufstelle für die Vermitt
lung freier Behandlungsplätze in Hamburg hingewiesen, für den
Fall nämlich, daß die im Landesplan enthaltenen Behandlungs
plätze belegt oder nicht belegbar sind. Und letzteres scheint ein
Problem hier in Berlin zu sein, denn wir wissen, daß hier Patien
ten die Betten für Brandverletzte belegen dürfen, normale Pa
tienten eben aus dem operativen Routineprogramm. Ich will das (C)
hier im Moment nicht weiter vertiefen, wir nehmen erst mal zur
Kenntnis, daß da an eine Zentrierung gedacht ist.
Über die Frage der Onkologie, Krebskranke-Zentren wird ein
Kollege von mir noch sprechen. Ich möchte trotzdem abschlie
ßend sagen, daß ich es nicht besonders gut und schicklich finde,
vorweg Teilaspekte einer Gesamtplanung im Plenum nachzufra
gen, bevor die Gelegenheit da war in diesem Hause, diese Spe
zialfragen in einem großen Rahmen der Betfenplanung zu disku
tieren. Dazu gehören natürlich die Maßnahmen einer ambulanten
Versorgung, die am Schluß hier noch so ein bißchen eingespielt
wurden, dazu gehören die Vorstellungen der SPD über die flan
kierenden Maßnahmen, und ich meine, es ist auch kein so beson
ders guter demokratischer Stil, wenn man eine Opposition ein
lädt, im Interesse einer guten medizinischen Versorgung dieser
Bevölkerung gemeinsam über Lösungsmöglichkeiten nachzu
denken, dann aber quasi schon die gesamte breite Palette der
- wie der Senat meint - ach so erfolgreichen Krankenhauspla
nung hier ausbreitet. - Schönen Dank!
[ Beifall bei der SPD und der AL]
Stellv. Präsident Longolius; Nächste Rednerin ist die Kol
legin Schmid-Petry.
Frau Schmid-Petry (F.D.P.): Herr Präsident! Meine Damen
und Herren! Das Gerücht, das ich eben in der Brandenburghalle
gehört habe, daß Herr Fink die Schwarzwald-Klinik schließen
will, trifft wohl nicht zu.
[Zurufe von der SPD: Ha, ha, ha!]
Ansonsten muß es zwischen den Fraktionen der CDU und der
F.D.P. und dem Hause des Gesundheitssenators Schwierigkei
ten gegeben haben bei der Übermittlung der Großen Anfrage.
Herr Fink, ich kann Sie beruhigen: Sie haben mit Hinweis auf
die Zeit die Frage der Rheuma-Klinik ausgelassen. Danach (D)
haben wir überhaupt nicht gefragt. Wir haben auch nicht nach
dem Punkt „natürliche Heilweise“ gefragt. Wir haben auch gar
keine Fragen gestellt zur Sozialstation; wir haben auch keine
Fragen gestellt zu AIDS.
Dafür haben wir andere Fragen gestellt, von denen ich mir
allerdings eine etwas detailliertere Beantwortung gewünscht
hätte oder - falls Sie das noch nicht können - zumindest die Dar
stellung des jetzt anstehenden Entscheidungsprozesses.
Ich gehe mal die Fragen im einzelnen durch: Die Fragen 1
bis 3 darf ich zusammenfassen, weil sie etwas miteinander zu
tun haben. Daß wir in der Kinderheilkunde heute überall das
„Rooming-in“ haben, ist sehr erfreulich. Wir wissen auch aus der
vorliegenden Bettenplanung, daß wir nicht nur eine ausreichen
de Kapazität, sondern daß wir eine Überversorgung haben. Die
Frage, die auch in der Fragestunde heute anklang, war, ob tat
sächlich bei der Kinderheilkunde die regionale Versorgung opti
mal gewährleistet ist. Da gebe ich Frau Brinckmeier recht: Dar
über werden wir sicherlich im Detail noch zu reden haben.
Wenn Sie an die Erkrankung der Atemwege denken - das ist
bei Kindern ja häufig der Fall -, sind besonders die kurzen Wege
wichtig. Ich meine sowieso, daß die regionale Versorgung gera
de bei Kindern wichtiger ist als in anderen Bereichen.
Zu den ersten drei Fragen - am liebsten würde ich sie Ihnen
noch einmal vorlesen, ich gebe sie Ihnen nachher noch einmal -
wäre ich dankbar, wenn Sie noch einmal detaillierter auf sie ein-
gehen könnten.
Zur psychologischen Betreuung: Wir sind uns einig, glaube
ich, in allen Fraktionen über die Notwendigkeit der psychologi
schen Betreuung besonders bei krebskranken Kindern und ihren
Eltern. Ich frage mich aber schon, was es heißt, wenn Sie sagen,
Herr Fink, daß Sie das so bald wie möglich sicherstellen wollen.
Stellen Sie doch mal den Entscheidungsprozeß so, wie er sich
Ihnen als Gesundheitssenator darstellt, dem Abgeordnetenhaus
vor. Vielleicht können wir das nachvollziehen. Sie haben den Sta
tus quo gut analysiert. Sie haben gesagt, daß einige Stellen aus