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Volume Nr. 14, 28. November 1985

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1985, 10. Wahlperiode, Band I, 1.-18. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 10. Wahlperiode 
14. Sitzung vom 28. November 1985 
707 
(A) Schicks (CDU): Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten 
Damen und Herren! Angesichts der noch sehr langen Tagesord 
nung möchte ich die Begründung der Großen Anfrage meiner 
Fraktion und der Fraktion der F.D.P, über Qualitätsverbesserung 
und Humanisierung in Berliner Krankenhäusern recht kurz halten, 
zumal sich die Fragen weitestgehend auch aus sich selbst 
heraus begründen und das Thema „Weiterentwicklung und Qua 
litätsverbesserung in der Kinderheilkunde“ heute in der Frage 
stunde im Zusammenhang mit zwei Mündlichen Anfragen recht 
ausführlich behandelt worden ist. 
Ein spezielles Thema ist das des Krebses im Kindesalter. 
Leider gibt es da mehr Fälle von Leukämien und Tumorerkran 
kungen, als wir uns das vorstellen. Gerade vor einer halben 
Stunde habe ich vom Kollegen Schütze aus dem Petitionsaus 
schuß erfahren, daß es da eine Petition über eine Krebserkran 
kung im Kleinstkindesalter - das Kind ist noch nicht einmal ein 
Jahr alt - gibt, die in den Ausschuß für Gesundheit und Soziales 
gehen wird zur Stellungnahme - eine schlimme Krankheitssitua 
tion, meine ich. 
Die Fachmediziner haben uns erklärt, daß durch die beson 
dere Struktur des Krebses im Kindesalter bessere Behandlungs 
chancen bestehen als beispielsweise bei einer Krebserkrankung 
im jungen Erwachsenenalter oder im Erwachsenenalter. Durch 
neue, differenzierte Behandlungsverfahren gibt es hier tatsäch 
lich bessere Chancen für eine Heilung, Aber diese differenzier 
ten Behandlungsverfahren haben einen hohen Überwachungs 
bereich, haben hohe Überwachungszeiten, die in die Richtung 
der Intensivüberwachung und Intensivpflege gehen, und das 
muß natürlich gewisse Konsequenzen im personellen und auch 
im Ausstattungsbereich haben. 
Einen besonderen Stellenwert hat dabei die psychologische 
Betreuung, und zwar der Kinder und der Eltern, die sich ja um 
ihre Kinder ganz intensiv kümmern und sie während des Kran 
kenhausaufenthalts ganz permanent und intensiv begleiten müs 
sen, und das nach dem Schock der Mitteilung, daß das Kind an 
(B) Krebs erkrankt ist. - Dies eine kurze Begründung zu den Fragen 
1 bis 3 der Großen Anfrage. 
Meine Damen und Herren! Das Thema „Krebs“ insgesamt hat 
angesichts der anstehenden Fortschreibung der Krankenhaus 
planung in einigen Bereichen zu der bangen Frage geführt, wie 
es mit der Weiterführung der Krebszentren steht. Unter diesem 
Gesichtspunkt ist auch die Fragestellung nach der Unfallversor 
gung sowie Neukonzeption der Unfallversorgung in den Kran 
kenhäusern und die Frage nach der Versorgung von schwer 
Brandverletzten zu sehen, die Fragen 4 bis 6, auf die wir hier von 
Herrn Senator Fink eine klare Antwort erbitten. 
Vor zwei Monaten ist diese Große Anfrage konzipiert, vor 
knapp einem Monat ins Parlament gebracht worden. Nach der 
Diskussion in der Aktuellen Stunde vor zwei Wochen im Plenum 
hätten sich eigentlich die Fragen 7 und 8 erübrigt. In den letzten 
14 Tagen hat es aber von seiten der Opposition und bestimmter 
Gruppen gerade in der Frage eines abgestuften Krankenhaus 
versorgungssystems sehr, sehr kritische Bemerkungen zu den 
bekanntgewordenen Plänen des Senats gegeben, und ich 
meine, daß deshalb die Frage 7 im Rahmen der Großen Anfrage 
eine zentrale Bedeutung bekommt. Ich möchte Herrn Senator 
Fink deshalb eigentlich bitten, diese Frage vorzuziehen und 
zuerst zu beantworten, wegen der zentralen Bedeutung des 
abgestuften Krankenhausversorgungssystems. 
Die Frage 8 hätte sich auch erübrigen können nach der Aktuel 
len Stunde vor zwei Wochen zur beabsichtigten Verlegung des 
Klinikums Charlottenburg an den Standort Rudolf-Virchow-Kran- 
kenhaus, in der gesagt worden ist, daß ein zweites Universifäts- 
klinikum in Berlin notwendig ist. Es ist aufgefordert worden, für 
diese von der Opposition kritisierte Planung gegebenenfalls 
Alternativvorschläge vorzulegen. Inzwischen gibt es einen Alter 
nativvorschlag, den der Krankenhausleilung des Rudolf-Virchow- 
Krankenhauses, vorgetragen vom Ärztlichen Direktor, Herrn 
Dr. Wülsten, der vorschlägt, auf ein zweites Universitätsklinikum 
in Berlin zu verzichten angesichts der zu hohen Medizinstuden- 
ten-Zahl. Ich meine, daß ein solcher Alternativvorschlag nicht von 
vornherein vom Tisch gewischt werden kann, da er zumindest 
vom Ansatz her begründet ist. Ich bitte daher Herrn Senator Fink, (C) 
diese Frage hier heute aufzugreifen und den Stand der Bespre 
chung dieses Punktes bzw. die heutige Haltung des Senats in 
dieser Frage dem Parlament mitzuteilen, - Herzlichen Dankl 
[Beifall bei der CDU] 
Stellv. Präsident Longolius: Zur Beantwortung hat Sena 
tor Fink das Wort. 
Fink, Senator für Gesundheit und Soziales; Herr Präsident! 
Meine Damen und Herren! Wie kann die Humanität eines Kran 
kenhauswesens beurteilt werden? - Es gibt keine allgemeingül 
tigen Kriterien dafür, ich glaube, daß man sich dieser Frage am 
ehesten nähern kann, wenn man drei Fragen beantwortet: 
1. Wie sieht es mit dem Personal aus? 
2. Wie ist der Zustand der Krankenhäuser? 
3. Wo sind die Krankenhäuser gelegen? 
Zu 1: Für den Krankenhauspatienten hängt die Qualität und 
die Humanität der Krankenversorgung zuallererst davon ab, 
welche Ärzte, welche Krankenpflegekräfte ihn pflegen. In den 
vergangenen vier Jahren sind entgegen manchen Unkenrufen in 
Berlin die Voraussetzungen für eine menschlichere Riege und 
ärztliche Betreuung in den Krankenhäusern Berlins verbessert 
worden. Es hat erhebliche Personalverschiebungen in den Berli 
ner Krankenhäusern gegeben. Sie sind aber nicht zu Lasten des 
patientenunmittelbaren Personals - also der Ärzte und der Kran 
kenpflege - gegangen. Im Gegenteil! Obwohl es 1984 im Ver 
gleich zu 1980 fast 3 000 Betten weniger in den Berliner Kran 
kenhäusern gab, hat sich die Zahl der Ärzte und Krankenpflege 
kräfte, die in den Krankenhäusern Berlins beschäftigt sind, nicht 
verringert, sondern die Zahl hat sich erhöht. Heute sind in den 
Berliner Krankenhäusern 331 Ärzte und 350 Krankenpflegekräf 
te mehr beschäftigt als 1980, und auch die Qualifikation der 
Krankenpflegekräfte beispielweise konnte verbessert werden. 
Der Anteil der dreijährig ausgebildeten Krankenpflegekräfte hat 
sich erhöht. Dieser Erfolg ist nicht hoch genug einzuschätzen. 
Durch Konzentration der Kräfte ist es gelungen, dafür zu 
sorgen, daß sich die Ärzte und Krankenschwestern intensiver um 
den Patienten kümmern können. Sie brauchen nicht mehr so viel 
Patienten wie früher zu betreuen. Heute ist eine Krankenschwe 
ster im statistischen Durchschnitt für weniger als zwei Betten zu 
ständig - ein Erfolg, den in den 70er Jahren niemand für möglich 
gehalten hätte. Und ähnliche Erfolge sind auch bei der soge 
nannten Ärztedichte erzielt worden. 
Der Senat weiß - und er hat durch seine Politik die Rahmen 
bedingungen für diese Verbesserungen auch sicherstellen kön 
nen -, daß letztendlich es entscheidend darauf ankommt, wie der 
einzelne Arzt und wie die einzelne Krankenpflegekraft mit dem 
Patienten umgeht. Es ist Zeit und es ist Anlaß, hier zu sagen: 
Allen am Krankenhaus Beschäftigten gebührt für ihren schweren 
Dienst herzliche Anerkennung. 
[Beifall bei der CDU] 
Zur Frage 2, zum baulichen Zustand des Krankenhauswesens 
von Berlin: Sehr viele Krankenhäuser in Berlin waren, als wir im 
Jahr 1981 die Regierungsverantwortung übernahmen, in ihrer 
baulichen Substanz stark erneuerungsbedürftig. Mit dem Erwäh 
nen dieses Umstands ist kein Vorwurf verbunden. Die Vorgän 
gersenate standen vor der Aufgabe, Massenprobleme zu bewäl 
tigen. Heute können wir uns auf Qualitätsverbesserungen kon 
zentrieren. Voraussetzung ist allerdings, daß wir den Mut zur 
Konzentration haben. 
In den vergangenen vier Jahren wurde erheblich in der Moder 
nisierung und Erneuerung Berliner Krankenhäuser investiert, 
mehr als vergleichsweise in irgendeinem anderen Bundesland, 
1,2 Milliarden DM insgesamt - eine erhebliche Anstrengung für 
den Berliner Landeshaushalf. Hinzu kommt, daß wir Jahr für Jahr 
die Investitionsmittel steigern konnten, und zwar von 299 Mio 
DM im Jahr 1981 auf jetzt mittlerweile 365 Mio DM. 
Der Schwerpunkt der kommenden Jahre wird auf der durchge 
henden Sanierung und Modernisierung der vorhandenen Bau-
	        
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