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Volume Nr. 14, 28. November 1985

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1985, 10. Wahlperiode, Band I, 1.-18. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 10. Wahlperiode 
14. Sitzung vom 28. November 1985 
697 
Dr. Meisner 
(A) - Na, das war doch wohl das erste Argument von Herrn Pieroth 
- übersetzt „wir müssen in Berlin“ und „wir dürfen auf keinen 
Fall“; das sind doch die Worte, die immer wieder dahinterstehen. 
[Palm (CDU): Energieversorgung sicherstellen!] 
Zweitens: Der Hinweis auf die Strompreise ist nun ganz und 
gar falsch, Herr Pieroth. Die hohen Strompreise in Berlin sind 
nicht zuletzt auf eine falsche Investitionspolitik der Bewag zu- 
rückzuführen. 
[Beifall bei der SPD und der AL] 
Die haben die Strompreise in Berlin so angehoben, daß man 
sagt, jetzt könnten wir nicht noch zusätzlich belasten. 
Und ein Drittes darf ich Ihnen noch mal sagen: Die Alternative, 
Umweltschutz in Berlin bei der Energieversorgung durchzuset 
zen, war durchaus noch im Zeitraum Ihrer Regierungszeit gege 
ben, indem man nämlich alternativ zum Ausbau von Reuter-West 
mit diesen Blockgrößen das Geld gleich reinsteckfe in Ent- 
schwefelungs- und Entstickungsanlagen für die in Berlin schon 
vorhandenen Anlagen. Das wissen Sie auch genau. 
[Beifall bei der SPD - Palm (CDU): Woher 
wissen Sie das?] 
- Herr Palm, Sie haben noch mal auf die Geschichte der Ent 
stehung dieser neuen Blöcke zurückgegriffen. Sie wissen, es 
gab das Gegenargument der Blockgrößen von Anfang an, 
Blockgrößen, die es nämlich unmöglich machen, im entspre 
chenden Ausmaß 
[Rasch (F.D.P.): Oberjägerweg?] 
- Sie erinnern sich an alte Sünden, Herr Kollege Rasch, was? - 
wirkliche Dreckschleudern in Berlin abschalten zu können. Dazu 
waren die Blockgrößen in Reuter-West von Anfang an zu groß 
geplant. 
[Palm (CDU): Ist doch nicht wahr!] 
Und das Umweltargument das dagegensteht, Herr Palm, das 
' ' auch von Ihnen immer gekommen ist, wir brauchten dieses neue, 
aber dann saubere Kraftwerk, das wird mit jeder Verzögerung 
von Entstickung immer weiter entkräftet, Herr Palm. Das müssen 
Sie sich auch einmal überlegen. 
Herr Pieroth, Sie haben gesagt, „der einzige Anbieter“. Also, in 
den Veröffentlichungen, die mir hier vorliegen, für Schmelz 
kammerverfahren, sehe ich schon zwei unterschiedliche Anbie 
ter; der eine wird im Jahre 1986 fertig sein und der andere im 
Jahre 1987. Das eine mal steht hier „Walther“ und das andere 
mal steht „Uhde/Lentjes“. Das ist also nicht der einzige Anbieter. 
Wissen Sie, zu dieser Information, die Sie jetzt wahrscheinlich 
wieder von der Bewag über die Verwaltung ins Parlament und in 
die Öffentlichkeit tragen werden, muß ich sagen, das ist das, was 
man angreifen muß, das ist sozusagen die Übertragung von 
Argumenten, die die Bewag liefert - die haben nicht nur Ihrem 
Senat, die haben auch unseren Senaten früher immer die Argu 
mente geliefert -, und was man lernen muß aus der Auseinander 
setzung, aus dem Hinhalteverfahren der Bewag, ist eigentlich 
dies: Man muß denen schärfer auf die Finger sehen, 
[Beifall bei der SPD und der AL] 
man muß die stärker kontrollieren, man muß Auflagen, die das 
Parlament hier beschlossen hat, eben auch durchsetzen. 
Und die technische Unmöglichkeit, die Sie da immer vortra 
gen - ich frage Sie: Wenn in der Bundesrepublik Pilotanlagen 
schon da sind, was sollen denn dann überhaupt Pilotanlagen in 
Berlin noch? Sie wollen doch, die Bewag will doch - ich sage 
immer „Sie“, aber Sie haben sich ja hier auch so gebärdet als 
Sprecher der Bewag, darum verwechsle ich das immer - in 
Berlin auch Pilotanlagen hinstellen. Was kann man denn da noch 
lernen ? 
[Buwitt (CDU): Will nicht, sondern hat! Daß Sie 
das noch nicht mal bemerkt haben, Herr Meisner!] 
- Verzeihung, Herr Buwitt, vielen Dank für die Korrektur! - Was 
also kann man denn dann noch lernen? 
[Sen Pieroth: Die spezifischen Berliner Bedingungen!] 
- Ach, na ja, die spezifischen Berliner Bedingungen, Herr (C) 
Pieroth, das haben Sie übrigens auch vergessen zu erläutern: 
Was sind denn nun eigentlich die spezifisch Berliner Bedingun 
gen? - Eigentlich kann man in einer solchen Pilotanlage Verfah 
rensabläufe studieren und sehen, wie man mit einem bestimmten 
Verfahren im Dauerbetrieb hinkommt. Und damit das nicht allzu 
viel kostet, setzt man eine Pilotanlage hin. Aber, darf ich mal 
fragen, wäre es nicht auch kostengünstiger - weil Sie wieder auf 
die Strompreise abgehoben haben - für das Berliner Energiever 
sorgungsunternehmen gewesen, dies dort zu studieren, wo 
solche Pilotanlagen nun schon eine ganze Weile in Betrieb 
waren ? 
[Palm (CDU): Das tut die Bewag außerdem!) 
- Ach, Herr Palm! 
Es bleibt ein weiteres. Ich gehe jetzt mal nicht auf den Vortrag 
über die Ideologie der freien Marktwirtschaft ein, den uns der 
Herr Kollege Kammholz hier gehalten hat. Wissen Sie, die Be 
sonderheit eines monopolistischen Energieversorgungsunter 
nehmens mit den besonderen Aufträgen, die es gerade für eine 
Stadt wie Berlin hat, und zwar für Berlin sowohl was die Energie 
als auch was den Umweltschutz anbetrifft, die lassen sich eben 
nicht beiseite räumen, indem man sagt, das sei ein Unternehmen, 
als ob das ein Unternehmen sei, das Käse oder irgendein an 
deres Produkt herstellt. Ich will die Käsehersteller jetzt hier nicht 
diffamiert haben! 
Und schließlich will ich noch etwas sagen, Herr Kammholz: 
Die Großfeuerungsanlagenverordnung verpflichtet die Energie 
versorgungsunternehmen, verpflichtet die Betreiber, jeweils die 
Emissionswerte, die auch im Stadium der Planung neuester 
Stand der Technik sind, im Bau umzusetzen; das ist nicht ein 
Draufsatteln, sondern das ist die verdammte RI ich t und Schul 
digkeit, die in Deutschland durch die Großfeuerungsanlagen 
verordnung vorgeschrieben worden ist. 
So, und nun will ich noch etwas sagen: Wir haben heute den 
28. November 1985; am 30. September, also vor knapp zwei ' ’ 
Monaten, hat das Abgeordnetenhaus den entsprechenden Be 
schluß gefaßt, von dem Sie heute sagen, es sei unmöglich, ihn 
durchzusetzen. Nun muß ich dann den Senat fragen: Wo waren 
Sie denn damals, Herr Pieroth ? Also entweder hätte der Senat 
damals vor das Abgeordnetenhaus hinfreten und sagen müssen: 
Was Sie hier beschließen wollen, das geht gar nicht! Lassen Sie 
diesen Beschluß! - Das ist die eine Möglichkeit. Oder aber, der 
Senat hat, wenn er dies versäumt hat, anschließend den Be 
schluß des Abgeordnetenhauses gegenüber dem Energiever 
sorgungsunternehmen durchzusetzen. Und damit, Herr Pieroth, 
steht fest, daß Sie entweder dieses oder jenes versäumt haben. 
- Ich danke Ihnen. 
[Beifall bei der SPD und der AL] 
Alterspräsident Poritz: Nächste Rednerin ist für die AL- 
Fraktion die Abgeordnete Frau Heitmann. 
Frau Heitmann (AL): Herr Präsident! Meine Damen und 
Herren! Es ist sehr schwierig für mich, auf alle diese alten Kamel 
len, wie ich es vorhin schon genannt habe, einzugehen, die hier 
wieder entgegengesetzt worden sind, die angeblich im Wege 
stünden, um das Programm durchzuziehen. 
Ich werde zunächst einmal auf einzelne Dinge eingehen. Sie 
haben vorhin die Angabe des Umwelfbundesamts bezweifelt, 
daß nämlich der Bau einer Entstickungsanlage in anderthalb 
Jahren durchführbar ist. Eine Umfrage bei allen Herstellern hat 
ergeben, daß diese Zeit durchaus möglich ist. Diese Umfrage ist 
im September veröffentlicht worden; dann müssen Sie sich eben 
halt einmal kümmern und so etwas auch einmal lesen. 
Jetzt zu einigen Dingen, die mich besonders geärgert haben: 
Hier möchte ich Herrn Pieroth besonders ansprechen, der ja so 
darauf eingegangen ist, daß die Bewag als Privatunternehmen 
doch nicht so tangiert werden darf. Er hat also wörtlich gesagt, 
das Verhalten der Regierung sei an die Grenze dessen gegan-
	        
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