Abgeordnetenhaus von Berlin - 10. Wahlperiode
13. Sitzung vom 14. November 1985
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Stellv. Präsident Longoiius
(A) Lfd. Nr. 25 a, Drucksache 10/352:
Beschlußempfehlungen des Ausschusses für Ver
kehr und Betriebe vom 22. Oktober 1985 und des
Hauptausschusses vom 6. November 1985 zur Vor
lage - zur Beschlußfassung - Uber Neufassung der
Tarife für Straßenreinigung und Abfallbeseitigung
der Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR) -
Eigenbetrieb von Berlin Drucksache 10/218
Lfd. Nr. 25 b, Drucksache 10/353:
Beschlußempfehlungen des Ausschusses für Ver
kehr und Betriebe vom 22. Oktober 1985 und des
Hauptausschusses vom 6. November 1985 zur Vor
lage - zur Beschlußfassung - über Neufassung
des Wassertarifs unter Änderung der Tarifstruktur
bei den Berliner Wasserwerken - Eigenbetrieb von
Berlin Drucksache 10/219
Lfd. Nr. 25 c, Drucksache 10/354:
Beschlußempfehlungen des Ausschusses für Ver
kehr und Betriebe vom 22. Oktober 1985 und des
Hauptausschusses vom 6. November 1985 zur Vor
lage - zur Beschlußfassung - über Neufassung
des Tarifs für das laufende Entwässerungsentgelt
bei den Berliner Entwässerungswerken - Eigenbe
trieb von Berlin Drucksache 10/221
Lfd. Nr. 25 d, Drucksache 10/355:
Beschlußempfehlungen des Ausschusses für Ver
kehr und Betriebe vom 5. November 1985 und des
Hauptausschusses vom 6. November 1985 zur Vor
lage - zur Beschlußfassung - über Neufassung der
Verkehrstarife der Berliner Verkehrs-Betriebe
(BVG) - Eigenbetrieb von Berlin Drucksache
(B) 10/220
Lfd. Nr. 25 e, Drucksache 10/356:
Beschlußempfehlungen des Ausschusses für Ver
kehr und Betriebe vom 5. November 1985 und des
Hauptausschusses vom 6. November 1985 zum
Antrag der Fraktion der SPD über BVG-Sondertarif
an verkaufsoffenen Sonnabenden vor Weihnach
ten und zu Silvester, Drucksache 10/295
Wortmeldungen in der Beratung? - Das Wort hat der Kollege
Staffelt.
Staffelt (SPD): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen
und Herren! Alle Jahre wieder haben wir Tariferhöhungen bei
den Berliner Eigenbetrieben hier in diesem Hause zu diskutieren.
[Frau Schmid-Petry (F.D.P.): Egal bei welcher Regierung!]
Ich darf zunächst einmal die Entscheidung der SPD-Fraktion
zu den einzelnen Tarifen kurz begründen. Die SPD-Fraktion hat
sich entschlossen, den Tarifen für die Berliner Wasserwerke und
für die Berliner Entwässerungswerke zuzustimmen, obwohl wir
Bedenken haben gegen die Finanzierung von Investitionen, die
diesen Eigenbetrieben auferlegt werden, und gegen die Einbe
ziehung von Abschreibungen auf Wiederbeschaffungswerte in
die Tarifkalkulation. Ich sage das insbesondere vor dem Hinter
grund, daß wir die Gefahr sehen, daß über Jahre hinweg die da
durch entstehenden Zinslasten wiederum auf die Tarife Auswir
kung haben werden mit der Konsequenz, daß eine noch stärkere
Belastung für die Bürger dieser Stadt in diesen Bereichen ent
stehen wird. Andererseits haben wir eingesehen, daß die Not
wendigkeit von Umweltschutzinvestitionen einerseits, aber auch
der ökologische Auftrag, den insbesondere die Berliner Wasser
werke und die Entwässerungswerke haben, eine Verantwortung
auch der Opposition in diesem Sektor voraussetzen. Dieser Ver
antwortung wollten wir uns nicht verschließen.
Wir haben es allerdings im Rahmen der Diskussion innerhalb
des Ausschusses außerordentlich begrüßt, daß wir uns gemein
sam darauf haben verständigen können, daß die Berliner Was- (C)
serwerke bzw. die Berliner Entwässerungswerke uns einen Be
richt über die Möglichkeiten der Einführung eines progressiven
Tarifs und auch über die Durchsetzung des Verursacherprinzips
bei den Starkverschmutzern vorlegen werden. Wir erwarten im
Frühjahr des nächsten Jahres die entsprechenden Ausarbeitun
gen und werden sie dann gegebenenfalls in die darauf folgende
Tarifdiskussion für das Haushaltsjahr 1987 einbeziehen.
Gestatten Sie mir darüber hinaus einige grundsätzliche An
merkungen, Die erste Anmerkung betrifft die Bedenken, die die
SPD-Fraktion hat wegen der auf allen Sektoren, in denen die
öffentliche Hand Verantwortung trägt, immer weiter steigenden
administrierten Preise mit der Konsequenz einer zusätzlichen Be
lastung für die Lebenshaltungskosten der Bürger dieser Stadt
bei immer stärker nach unten laufenden Einkommenszuwächsen.
Ich rede hier nicht von Realeinkommen, denn dann müßten wir in
den Minusbereich gehen. Wir sind der Auffassung, daß das Par
lament gerade auf diesem Sektor eine besondere Verantwortung
trägt und insbesondere auch die Dienstleistung der Stadt für den
Bürger in entsprecnender Weise hinsichtlich seiner Tarifgestal
tung berücksichtigt.
Der zweite Punkt, der mir hier aus grundsätzlicher Sicht an
merkenswert erscheint, ist die Tatsache, daß der Senat sich im
Prinzip ja als Mäzen, als Missionar der Marktwirtschaft versteht,
offenbar aber, was die Eigenbetriebe angeht, nicht in der Lage
ist, auch nur ein kleines Stück mehr Freiheit, das heißt mehr Mög
lichkeiten, wirtschaftlich zu arbeiten, diesen Eigenbetrieben ein
zuräumen.
Wir sagen, daß die Notwendigkeit besteht, endlich auch die
Landeshaushaltsordnung in stärkerem Maße für Wirtschafts-
betriebe, wie sie die Eigenbetriebe dieser Stadt sind, gangbar zu
machen. Und wir sind sogar der festen Überzeugung, daß sich
daraus Einkommenszuwächse ergeben können, die sich dann
auch positiv auf die Tarifgestaltung zugunsten des Bürgers aus
wirken werden. Ich denke hier nur an die Tatsache der Unflexibili-
täl der GASAG beim Einkauf von Rohstoffen beispielsweise, ein
Tatbestand, den kein privates Konkurrenzunternehmen, auch die
Bewag nicht, in irgendeiner Weise verpflichtet ist durchzuführen.
Wir meinen: Hier bedarf es der Reform.
Lassen Sie mich nun konkret zu dem Thema der Tarife bei den
Berliner Stadtreinigungs-Betrieben kommen. Ich beginne einmal
mit der Überraschung, die uns im Ausschuß für Verkehr und Be
triebe erwartet hat. Wir haben eine Tarifvorlage des Senats vor
gefunden, die offenbar von den Fraktionen von CDU und F.D.P.
nicht getragen wurde. Mit großen Argumenten wurde von seiten
der F.D.P.-Fraktion und auch von seiten der CDU-Fraktion ver
sucht, die Notwendigkeit des Abweichens von der bisherigen
Linie des Senats, die wir an bestimmten Stellen durchaus geteilt
haben, zu begründen. Herr Senator Wronski hat in diesem Zu
sammenhang festgestellt, daß er zu seiner Vorlage steht. Und ich
erwarte von Ihnen, Herr Senator Wronski, daß Sie hierzu nach
her in Ihrem Beitrag Stellung nehmen und sich kritisch mit den
Wünschen der Fraktionen von CDU und F.D.P. auseinanderset
zen, denn diese Vorschläge sind in keiner Weise geeignet, einer
seits die Dienstleistungen am Bürger zu verbessern und zum
zweiten die betriebswirtschaftliche Seite der Betriebe verbes
sern zu helfen.
Wir haben erlebt, wie der sehr geschätzte Abgeordnete Kitt-
ner ganz im Sinne des Senats Wölkenkuckucksheim spielte, in
dem er den Senat aufforderte, doch endlich die Müllabfuhr um
zubenennen in „Berliner Recycling Unternehmen“, obwohl wir
alle wissen, daß der Senat der BSR das Recycling untersagt hat.
Die BSR darf nicht mehr, als getrennt einsammeln. Hier sollte
also wieder mal ein Popanz aufgebaut werden, der in der Tat
keinerlei Substanz in sich trug.
Und wenn ich hier schon das Wort Substanz gebrauche, las
sen Sie mich sagen, daß es bei den Änderungen, die Sie vorge
nommen haben, in der Tat Änderungen in der Substanz der Tarif
vorlage des Senats gegeben hat.
Wir hatten uns insoweit mit Herrn Wronski über die letzten
Jahre hinweg verständigt, daß es Ziel einer vernünftigen Politik