Abgeordnetenhaus von Berlin - 10. Wahlperiode
13. Sitzung vom 14. November 1985
638
Sen Vetter
(A) daneben das Filmzentrum Esplanade, das Deutsche Historische
Museum und dann die notwendigen BaumaBnahmen am Kultur
forum, aber - ich sage es gleich - das ist eben der Bau der „klei
nen Philharmonie“, wie er auch genannt wird, der Kammermusik
saal.
[Frau Ahme (AL): Kein Kammergericht, Herr Vetter?]
- Ich habe an dieser Stelle überhaupt nicht davon gesprochen!
Die Frage der M-Bahn: Die BaumaBnahmen gehen weiter,
allerdings nicht in dem gerichtsanhängig strittigen Bereich des
Robinienwäldchens. Über den Erfolg der M-Bahn kann erst nach
Beendigung des Forschungsvorhabens geurteilt werden. Wir
alle waren davon überzeugt, daß es slädtebauplanerisch nicht
ganz einfach war, die M-Bahn dort einzufügen, aber wir sind
auch davon ausgegangen, daß dies für Berlin als eine Stadt, die
jeder neuen Technologie aufgeschlossen gegenübersteht, eine
Möglichkeit wäre, auch wirtschaftliche Chancen auszunutzen.
Der Bund für Naturschutz hat Widerspruch gegen den Planfest
stellungsbeschluß eingelegt; ein Gerichtstermin ist, glaube ich,
für November beantragt, nach meinen Informationen soll am
22. November über die Klage entschieden werden. Dann wird
auch über diese Restfläche befunden werden können.
Zur Frage 7: Durch Flächenaustausch wurde der Arbeitsamts-
Komplex aus dem ökologisch bedeutenden Bereich Tiergarten
straße 29 herausgenommen, und darüber bin ich sehr zufrieden,
denn in dem Bereich hat es einen Landschaftsentwicklungsplan
des Bezirks gegeben, und es ist uns, obwohl dieses Grundstück
ja verkauft war an eben die Bundesanstalt, gelungen, diesen
Standort freizumachen und das Arbeitsamt und die Schule von
dort zu verlagern; dadurch und durch Inanspruchnahme von
Straßenland ist die Schonung wertvoller Vegetationsflächen
erreicht worden.
Frage 8 kann ich kurz beantworten; Möglichst weitgehende
unbeschränkte Zugänglichkeit der im Bereich des Museums für
Verkehr und Technik verbleibenden Freiflächen. Dies wird von
(B) uns angestrebt, soweit das mit der Struktur und dem Betrieb des
Museums irgend vereinbar ist.
Zur Frage 9: Mit der Nahverkehrskonzeption hat sich der
Senat für eine Verbesserung des Angebots im öffentlichen Per
sonennahverkehr ausgesprochen und erwartet eine Verlagerung
vom Individual- auf den öffentlichen Verkehr. Eine Herausnahme
und Verlagerung des Individualverkehrs aus dem Zentralen Be
reich ist nicht möglich, ich habe das vorhin schon angedeutet. Es
wäre geradezu ein Schildbürgerstreich, wenn wir in diesem
Raum die gesamten Verkehrsverbindungen unterbrechen
würden und damit unsere Stadt an dieser Stelle noch einmal neu
teilten. Ich sage dies hier einmal ganz deutlich.
[Beifall bei der F.D.P. und der CDU]
Zur Frage 10: Der Senat schreibt den Wettbewerb für den
Platz der Republik, Alsen-Viertel und den Raum nördlich der
Spree aus; die Termine: Auslobung noch in diesem Jahr, Abga
be März/April 1986; das Preisgericht wird dann im April 1986
entscheiden. Dabei keine Vorgabe der Rekonstruktion des Plat
zes der Republik auf historischer Grundlage; Vorschläge zur Ge
staltung werden durch den Wettbewerb erwartet. Vorgabe für
die Position des Deutschen Historischen Museums: am ehema
ligen Kroll-Oper-Sfandort; Vorgabe im verkehrstechnischen Be
reich ist die Stimmgabel-Lösung, das heißt eigentlich, die Drei
teilung des Platzes.
Die Frage nach einer Unterstützung einer prominenten Bürger
initiative kann ich Ihnen nicht beantworten. Ich habe nie mit
dieser Bürgerinitiative gesprochen, ich kann sie auch nicht defi
nieren. Ich kann Ihnen also hier von seiten des Senats klipp und
klar antworten, daß es eine solche Unterstützung nicht gibt, da
diese Initiative nicht bekannt ist.
Lassen Sie mich noch ein paar Worte zur Frage 11 sagen. Sie
haben hier verlangt, daß das Gutachten des DEC veröffentlicht
wird, öffentlich diskutiert wird. Ich halte es geradezu für absurd,
daß man, wenn man mit der anderen Seite in absehbarer Zeit in
Verhandlungen treten will, ein vertrauliches Gutachten, das der
Position des Senats und der Bundesregierung als Wissen
schaftsgrundlage dienen soll, offen auf den Tisch legt, auf dem (C)
Markt diskutieren soll. Dies würde die Verhandlungssituation so
schwächen, daß es wirklich ein Schildbürgerstreich wäre, so zu
verfahren. Selbstverständlich wird der Senat, wenn er seine Vor
stellungen entwickelt hat, mit den Repräsentanten dieses
Hauses in die Gespräche eintreten.
Frage 12: Eine Bundesgartenschau herkömmlicher Art ist
nicht geplant, auch nicht für 1991. Es bestehen Überlegungen,
neuartige Wege und Ansätze zum Thema „Grün in der Stadt“ zu
Beginn der 90er Jahre unter anderem im Zentralen Bereich zu
demonstrieren. Dazu könnte die unter Bürgerbeteiligung reali
sierte Begrünung von zur Zeit noch ungeordneten Freiflächen
ebenso gehören wie z. B. umfassende Projekte einer ökologi
schen Sanierung von Höfen und gegenwärtig noch benachteilig
ten Wohnquartieren. Die Teilentscheidungen zu diesem Kom
plex sind noch nicht getroffen, Gespräche mit dem Zentralver
band Gartenbau werden in Kürze geführt werden. Ich gehe
davon aus, daß es Ergebnisse im Frühjahr nächsten Jahres dazu
geben könnte. Wir werden, wenn wir in konkretere Überlegun
gen einsteigen können, selbstverständlich mit diesen Vorstellun
gen dann ins Parlament kommen.
Zur Frage 13, der letzten Frage: Der genaue Standort für eine
als Parklabyrinth gestaltete Anlage als ersten Schritt zu einer
weitergehenden Begrünung des Areals zwischen Tiergarten und
Landwehrkanal im Bereich der ehemaligen Potsdamer Straße ist
noch nicht festgelegt. Mit Andre Heller ist ein Vertrag in Vorbe
reitung, der ein Stufenverfahren vorsieht. Die Ausführung wird im
wesentlichen durch Berliner Firmen vorgenommen. Der Kosten
rahmen hat durch Senatsbeschluß eine Begrenzung auf 4 Millio
nen DM erfahren.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend
sagen: Dieser Raum ist für die zukünftige Stadtentwicklung von
zentraler Bedeutung für Berlin (West), aber auch für ein späteres
Wiederzusammenwachsen beider Stadthälften; deshalb wird
der Senat der Planung und der Gestaltung dieses Raumes auch
in der nächsten Zeit hohe Priorität beimessen. - Schönen Dank! (D)
[Beifall bei der F.D.P. und der CDU]
Stellv. Präsident Longolius; So, meine Damen und Herren,
wir kommen zur Aussprache; jede Fraktion hat für alle vier Be
ratungsgegenstände zusammen bis zu 30 Minuten Redezeit,
wenn sie darauf besteht. - Erster Redner ist Kollege Nagel.
Nagel (SPD): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen
und Herren! Herr Senator Vetter, ich bedauere es außerordent
lich, daß Sie eingangs nicht den Teil Ihrer Ausführungen weiter
vertieft haben, der uns hätte vermuten lassen, daß es heute dem
Senat mit dieser Großen Anfrage auch um die Chance geht, in
konzeptionell-politischer Hinsicht, nicht nur städtebaulicher Hin
sicht, einen Beitrag zu leisten, und daß Sie die Chance nicht ge
nutzt haben, vielleicht etwas intensiver das, was Sie - positiv aus
meiner Sicht, aus unserer Sicht - gesagt haben, noch ein wenig
auf festere Füße zu stellen. Sie haben sich offensichtlich von den
Fragen der Alternativen Liste - Sie haben es ja selbst Sammel
surium genannt -, von diesem Sammelsurium von Detailfragen
leiten lassen, und Sie waren wohl eher in der Pflicht, diese nach
unserer Auffassung doch recht beziehungslos nebeneinander
stehenden Einzelfragen zu beantworten. Ich bedauere es auch
sehr, daß die Alternative Liste heute nicht die Möglichkeit ge
nutzt hat, ihrerseits deutlich zu machen, daß man diesen Bereich
nicht mit Einzelproblemen angehen kann, daß man das nicht an
einzelnen Punkten abhandeln kann, sondern daß man im Vorfeld
einzelner baulicher, städtebaulicher, gartendenkmalpflegerischer
oder verkehrlicher Fragen politisch wissen will, wissen muß und
auch ansprechen muß, was man mit diesem Raum, der lange
Zeit Vorhalteraum für eine Hauptstadt in einem wiedervereinig
ten Deutschland war, tatsächlich machen will. Statt dessen
haben Sie sich mit Verfahrensfragen zum Flächennutzungsplan
befaßt, haben gefragt nach dem Containerbahnhof Neukölln,
zum Tunnel des Tiergartens, nach Andrö Hellers Gartenlabyrinth.
- Ich meine, daß eine solche Art der Auseinandersetzung, das
Rücken von Einzelaspekten in den Vordergrund, wirklich deutlich