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Volume Nr. 11, 17. Oktober 1985

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1985, 10. Wahlperiode, Band I, 1.-18. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 10. Wahlperiode 
11. Sitzung vom 17. Oktober 1985 
542 
Liepelt (CDU): Bitte! 
(A) 
Stellv. Präsident Longolius: Bitte schön! 
Lohauß (AL): Herr Kollege, ist Ihnen noch im Ohr, daß der 
Herr Finanzsenator heute mittag anläßlich der Einbringung des 
Haushalts gesagt hat, kein einziger Betrieb dürfe in Berlin wegen 
fehlender Fläche nicht angesiedelt werden, und wie stehen Sie 
dazu, wenn Sie jetzt hier die Aussage treffen, der Naturschutz 
habe Vorrang? 
Liepelt (CDU): Sie wissen doch, daß diese Aussage - und 
ich möchte Ihnen das erklären - kein Gegensatz ist zu unserer 
Auffassung der Vereinbarkeit von Ökologie und Ökonomie. Der 
Umweltschutz und der Naturschutz haben sicherlich in der Frage 
der Landschaftsprogramme und des Flächennutzungspro 
gramms die Aufgabe, sich von anderen Nutzungen oder anderen 
Bereichen etwas zu nehmen, keine Frage. Aber in diesem Fall, 
daß wir Betrieben eine sichere Entscheidung ermöglichen über 
Ansiedlungs- oder Erweiterungsabsichten, kann der Umwelt 
schutz durch seine Maßnahmen zur Reinhaltung des Bodens 
auch etwas für andere Bereiche tun. Beides schließt sich nicht 
aus. Das ist unser generelles Konzept auch für den Umwelt 
schutz, und wir werden Gelegenheit haben, das auch in Zukunft 
hier an dieser Stelle eingehender zu erklären. 
[Beifall bei der CDU] 
Diese Sorge - Herr Behrendt hat das ausführlich dargetan - 
haben wir gemeinsam vor dem Hintergrund, daß in den letzten 
20 Jahren über 8 000 ha Natur verbraucht worden sind in 
unserer Stadt, und deswegen müssen wir die Natur in unsere 
Stadt zurückholen. Dies hat auch etwas mit der polyzentralen 
Struktur Berlins zu tun, mit den Bezirken. Gott sei Dank ist die 
Zeit vorbei - und das begrüßen wir ja -, daß statt dieser inte 
grierten Planung nicht mehr nur einheitlich von einer einzelnen 
Leitstelle, wie das ja mal zu Ihren Zeiten, Herr Behrendt, der Fall 
(B) war, bis in die Bezirke hinein verplant wurde. Das ist Gott sei 
Dank vorbei, das haben wir abgebaut und haben jetzt ein schwie 
riges integriertes, mit Konflikten behaftetes Planungsgefüge. 
Und das Bild von der Grünen Mitte - ich glaube, Herr Kollege 
Lohauß, Sie haben das heute in der Haushaltsdebatte gebraucht 
- ist nicht der Begriff der AL. Das ist der Begriff, mit dem das Pla 
nungskonzept für den zentralen innerstädtischen Bereich, da 
mals noch von Herrn Senator Hassemer, vorgestellt wurde, und 
auf diesen Begriff der Grünen Mitte, den wir auch durchsetzen 
wollen - da stehen wir im Wettbewerb miteinander -, sind wir 
stolz, und auf diese Herkunft möchte ich doch auch an dieser 
Stelle verweisen. 
Es gibt sicherlich einige Ziele, die wir dabei beachten müssen. 
Ich will sie nur stichwortartig aufzählen, und sie sind auch in den 
vorangegangenen Beiträgen hier dargetan worden: die Entwick 
lung des Artenschutzprogramms, die fehlende Kartierung der 
Biotope im inneren Sladtbereich muß vorangetrieben werden, 
die ökologische Vielfalt auch der Brachflächen muß gesichert 
werden, und Flächen wie beispielsweise der Große Tiergarten 
müssen von einer Übernutzung befreit werden. Hier passen 
eben Erholung und Naturschutz nicht zusammen. Auch das ist 
eine Aufgabe, die in den Landschaftsplänen - und es gibt ja 
dafür einen - berücksichtigt wird. Und wir wollen - und das ist 
auch eine Frage der Stellen in den Bezirken - die Gartenbau 
ämter dazu bewegen, zu erkennen, daß man nicht überall den 
englischen Rasen haben muß, sondern daß auch irgendwo in 
den Parks etwas mehr wild wachsen kann, als es bisher der Fall 
ist. Hier beziehen wir die standortgemäße Anpflanzung gebiefs- 
typischer Arten ein, im übrigen auch die Spontanvegetation. 
Ich will aus den vorliegenden parlamentarischen Initiativen 
zwei Spannungsfelder herausarbeiten. 
1. Die SPD kritisiert die zögerliche Entwicklung der ganzen 
Planungsvorhaben. Ich finde, es ist dann etwas widersprüchlich, 
wenn Sie beispielsweise in den Punkten 8 und 9 Ihrer Anfrage 
zusätzliche Planungsaltemativen, die Entwicklung eines Normen- 
kontrollverfahrens und eine größere Beteiligung der Bürger mit 
mehr Planungsaltemativen fordern. Ich muß Ihnen sagen: Das 
alles, für sich genommen, hört sich gut an. Nur, dies führt natür 
lich nicht zu einer Beschleunigung des Verfahrens, sondern zu (C) 
einer weiteren Verzögerung, und Sie müssen diese Wider 
sprüche in Ihrer Argumentation zumindest abzudecken ver 
suchen. Sie können nicht einerseits sagen, es dauert Ihnen zu 
lange, und zum anderen Instrumente fordern, die die Entwicklung 
der Landschaftspläne noch länger, als es ohnehin der Fall ist, 
hinauszögem. Dies geht auf diese Weise nicht. 
2. Ebenso löst die Neuschaffung einer Behörde - das ist vom 
Senator schon gesagt worden - meiner Meinung nach keines 
der Probleme. Wir müssen eine Verbesserung im Verfahrens 
ablauf erreichen, und zwar denke ich hier nicht nur an die blanke 
Zahl der neuen Stellen, sondern an eine Verbesserung des Ver 
fahrensmanagements. Das ist wichtig, was wir jetzt machen 
müssen! Eine neue Institution - das ist meine Befürchtung - ver 
bürokratisiert die ganze Geschichte und nützt nach meiner Beur 
teilung nichts. Die Tätigkeit privater Planungsbüros allerdings hat 
sich hervorragend bewährt, denn der vorliegende Entwurf eines 
neuen Flächennutzungsplanes ist ja zu erheblichen Teilen auch 
von privaten Planungsgruppen erarbeitet worden, und ich finde, 
das, was jetzt zur Diskussion vorliegt, ist eine ganz hervorra 
gende Grundlage für die weitere Diskussion. 
Die einzelnen Landschaftspläne sichern nicht allein den Natur 
schutz in der Stadt. Die Verknüpfung der Brachflächen und die . 
Schaffung neuer Grünanlagen - der Görlitzer Bahnhof ist ge- | 
nannt worden - finden da ebenfalls ihren Platz. Und ich möchte 
den Senat auffordern - weil dies eine Unterfrage war in Ihrer 
Großen Anfrage -, auch die innerstädtische Lebensqualität zu 
erweitern, und ich fordere ihn auf, alle Anstrengungen zu unter 
nehmen, um - wie einmal angedacht - im Jahr 1991 eine neue 
Form einer Landesgartenausstellung in die innerstädtischen 
City-Bezirke zu holen. Das ist ja möglich, und ein erster Anlaß, 
dies noch einmal zu tun mit erneutem Engagement, ergibt sich ja 
bei der Tagung des Gartenbau-Kongresses jetzt am Wochen 
ende aus Anlaß der zu Ende gehenden Buga. 
Wenn wir das alles sehen, so gibt es einiges zu beklagen. 
Aber es gibt auch aus der Verknüpfung der Planungselemente (^) 
eine große Herausforderung und eine Chance, die wir einlösen 
müssen. Denn nur wenn wir die Landschaftsplanung, wenn wir 
das Landschaftsprogramm in der Parallelität mit dem Flächen 
nutzungsplan qualitativ gut in der Diskussion bestreiten und ab 
schließen können, dann sichern wir für lange Zeit die Lebens 
grundlagen für diese Stadt. Was daran an Organisatorischem 
und an der personellen Situation zu verbessern ist, um diese Be 
dingungen zu erfüllen, das werden wir zu verbessern versuchen, 
und ich bin sicher, daß wir mit der Diskussion dieser Planungs 
vorhaben einen zum Schluß langfristig wirkenden Beitrag nicht 
nur für den ausgewogenen Naturhaushalt, sondern auch für den 
langfristigen Erhalt der Lebensressourcen in Berlin schaffen kön- | 
nen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. 
[Beifall bei der CDU und der F.D.P.] 
Stellv. Präsident Longolius: Das Wort hat jetzt die Kollegin 
Preisler-Holl. 
Frau Preisler-Holl (AL): Herr Präsident! Meine Damen und 
Herren! Ich beginne jetzt mal wieder mit der Frauenrunde, die 
durch die Männerbeiträge unterbrochen wurde, und möchte auf 
einige Aspekte eingehen, die Sie jetzt vorgebracht haben. 
[Zuruf] 
- Wir können ja auch mal umgekehrt diskriminieren. 
[Beifall bei der AL] 
Herr Liepelt, Sie haben den Flächennutzungsplan als zukünf 
tige Aufgabe für die Weiterentwicklung der Stadt bezeichnet. 
Heute morgen hatten wir im Ausschuß eine Beratung über Flä 
chennutzungspläne, und ich war sehr erstaunt, daß ich als ein 
zige im Ausschuß überhaupt etwas zu den Flächennutzungsplä 
nen gesagt habe und keine andere Fraktion Beiträge dazu gelie 
fert hat. 
[Zuruf von der CDU: Dafür hatten wir sie ja mit!]
	        
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