Abgeordnetenhaus von Berlin - 10. Wahlperiode
11. Sitzung vom 17. Oktober 1985
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Frau Saß-Viehweger
(A) ten Senatsdirektor, den wir kürzlich beim Haushaltsgesetz zu dis
kutieren hatten, Sie haben aber herzlich wenig zu den Dingen
gesagt, um die es hier geht und die in der Begründung sicher
auch in aller Sachlichkeit dargelegt sind.
Sie haben dann gemeint, wir hätten sowohl den Vorschlag
eines zweiten Senatsdirektors als auch diese Bezeichnungs
änderung - wie Sie sagten: „verschämt“ - irgendwoanders ver
stecken sollen. Dazu möchte ich Ihnen deutlich sagen: Wenn wir
es für richtig halten, einen Antrag einzubringen, dann verstecken
wir den nicht verschämt irgendwo, sondern dann stellen wir den
ganz klar und offen.
[Beifall bei der CDU]
Wir haben es von der Sache her weiß Gott nicht nötig, den
irgendwo zu verstecken, und dann könnte man uns, das finde ich,
wirklich einen Vorwurf machen - wenn das also ganz unten ir
gendwo untergejubelt würde. Was Sie vermuten, soll gerade
nicht untergejubelt werden, daß hiermit der Einstieg in Besol
dungsänderungen erstrebt ist, denn es steht schwarz auf weiß in
der Begründung gedruckt und ist auch jederzeit von jedem zitier
bar, daß eine Änderung der Besoldung damit nicht verbunden ist
und auch nicht geplant ist. Ich meine, dieses Thema, das mit der
B-Besoldung umhergeistert, ist nicht von uns erfunden worden,
sondern das lag schon in den Schubladen von früheren Regie
rungen, war also bestimmt nicht unsere Erfindung,
Aber Sie haben gefragt: Was ist denn nun der Grund für diese
Änderung? Sei das etwa das Geltungsbedürfnis der betreffen
den Herren, daß man dieses so ändern wollte? - Nein, der
Grund ist ein ganz sachlicher, daß nämlich in fast allen anderen
Bundesländern diese Bezeichnung so gebraucht wird. Ich habe
dazu ein Lexikon befragt: Darin wird der Staatssekretär als Ver
treter eines Ministers erklärt, während man einen Senatsdirektor
mindestens in mittelgroßen Lexika überhaupt nicht findet. Dort
findet man zwei Senatoren und Senatspräsidenten und manches
andere, und den Direktor findet man natürlich auch, aber der
(B)
Senatsdirektor hat sich nicht einmal zum Range eines Lexikons
vorgearbeitet, und ich meine, wenn man schon Begriffe wählt,
sollte man sich solche suchen, die allgemein als das verstanden
werden, was sie sind. In der Tat dient diese Änderung der Klar
heit, und ich verstehe nicht, weswegen man einer Änderung zur
Klarheit unbedingt widersprechen will, es sei denn, man will
polemisieren.
Aber wenn Sie meinen, die Geltungssucht stünde dahinter,
dann, muß ich sagen, ist das nach dem Wortsinn her gar nicht
gegeben, denn wenn man sich überlegt: Direktor ist klar, das ist
der Leiter von irgend etwas, wobei man allerdings, am Rande
gesagt, immer das Problem mit der weiblichen Bezeichnung
hätte, ob das vielleicht eine Senatsdirektrice wäre, wenn wir sie
hätten. Auch dies ist im übrigen ein Grund dafür, dann vielleicht
einmal eine Staatsekretänn zu haben; das klingt vom Wort her
sicher besser. Aber was ist denn ein Sekretär? - Sie haben ja
gesagt, daß Sie den Geheimen Staatssekretär einführen lassen
wollen. Das wäre nun wirklich ein weißer Schimmel, denn der
Sekretarius ist nämlich historisch ein Geheimschreiber ge
wesen. Und das englische Wort secret deutet auch noch heute
darauf hin. Also den „geheimen“ brauchen Sie nicht mehr hinzu-
zugeheimnissen, er ist im Wort bereits enthalten.
Aber was ist denn ein Sekretär noch? Ich habe mich dann
etwas weifergebildef, man soll sich ja immer gut vorbereiten.
Und dabei habe ich herausgefunden, daß der Sekretär ein afrika
nischer Raubvogel ist mit dem schönen lateinischen Namen
sagittarius serpentarius. Und er ernährt sich von Giftschlangen.
Und eine solche Fähigkeit kann man - glaube ich - in mancher
unserer Senatsverwaltungen ganz gut in der Praxis anwenden.
[Beifall bei der CDU und der F.D.P.]
Sie sehen also, daß es die Geltungssucht nicht gewesen sein
kann. Es sollte der Klarheit des Ausdrucks dienen. Und aus
diesem Grunde sollte man - meine ich - das auch so machen.
Allerdings mit einem Punkt haben Sie recht. Den § 2 brauchen
wir nicht, weil das gleiche bereits im § 82 Absatz 3 Satz 3 des
Landesbeamtengesetzes geregelt ist. Aber dieses können wir
dann ja im Zuge der Ausschußberatung noch mit berücksichti- (C)
gen.
[Beifall bei der CDU und der F.D.P.]
Alterspräsident Poritz: Nächster Redner ist der Abgeord
nete Helms.
Helms (AL): Meine Damen und Herren! Ich kann der Frau
Saß-Viehweger wirklich nur zustimmen, daß der Kollege Pätzold
das Problem, um das es hier geht, wirklich nicht ernst nimmt.
In der Begründung wird ziemlich eindeutig und offen fest
gestellt, daß unsere Senatsdirektoren Schwierigkeiten haben,
außerhalb unserer Stadt mit ihrer Funktion durchzudringen. Wo
möglich halten die Regierungssprecher der anderen Bundes
länder die Senatsdirektoren für Postboten oder ähnliche etwas
untergeordnete Regierungsbeamte. Und weil die AL dafür
bekannt ist, daß sie für Minderheiten eintritt, auch wenn es sich
um höhere Beamte handelt, die womöglich als Berliner als
höhere Beamte diskreditiert werden in anderen Bundesländern,
kann ich überhaupt nicht verstehen, Herr Pätzold, daß Sie diese
Nöte unserer höheren Beamten nicht verstehen wollen.
[Pätzold (SPD): Sie haben recht, ich ziehe meinen
Redebeitrag zurück! - Beifall bei der AL]
- Gut! Nun haben wir uns ernsthaft mit dem Vorschlag der CDU
auseinandergesetzt. Und wir haben doch etwas Bedenken, ob
der Begriff Staatssekretär wirklich ausreichend ist, um unseren
jetzigen Senatsdirekforen das richtige Selbstbewußtsein für
Gespräche im Bund oder im Ausland mitzugeben. Wir halten
das nicht für ausreichend, was die CDU dort anbietet. Wir sind
der Ansicht, wenn man schon einmal dafür eintritt, daß unsere
Senatsdirektoren mit einem vernünftigen Titel, der sie als das
ausweist, was sie sind, ausslatten will, reicht der Begriff Staats
sekretär nicht aus.
Wir haben auf Begrifflichkeiten aus alten deutschen Heimat- (D)
filmen zurückgegriffen, die sehr bekannt sind, und zwar haben
wir uns als Änderungsantrag überlegt, daß wir vielleicht
[Landowsky (CDU): Landvogt!]
Nein, nicht Landvogt, das hat so einen repressiven Bei
geschmack. Wir haben uns überlegt, daß vielleicht der Begriff
„Rittmeister“ der richtige Begriff wäre. Und vielleicht, damit man
auch noch weiß, woher er kommt, daß man sagt: Ein Rittmeister
der Metropole Berlin. Wenn Sie sich vielleicht damit einverstan
den erklären könnten, wäre vielleicht allen, insbesondere aber
unseren Senatsdirektoren, geholfen. Wir werden zumindest im
Innenausschuß diesen konstruktiven Änderungsantrag einbrin-
gen.
[Beifall bei der AL]
Alterspräsident Poritz: Nächster Redner ist der Abgeord
nete Lange.
Dr. Lange (F.D.P.): Herr Präsident! Meine Damen und Her
ren! Also Kollege Helms, Ihre Ausführungen waren so geistvoll,
daß man kaum zu sich findet. Ich muß darüber noch längere Zeit
nachdenken, wie Sie das alles gemeint haben. Ich möchte
eigentlich auf den Kollegen Pätzold, den ich sehr schätze, ein-
gehen.
[Frau Ahme (AL): Der hat doch seinen Beitrag
zurückgezogen I]
- Gnädige Frau, das Mikrofon ist dort, nicht da! Herr Kollege
Pätzold hat zwar versucht, im nachhinein seinen Beitrag zurück
zuziehen, aber er war - auch begrifflich - so schön, so gewaltig,
daß man doch einige Dinge noch einmal in Erinnerung rufen
muß.
[Pätzold (SPD): Gut, dann nehme ich meinen Beitrag
wieder auf!]
Vor allen Dingen, Herr Kollege Pätzold, was ich sehr schätze: Ich
weiß, daß Sie etwas davon verstehen, da Sie ja alle politischen