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Volume Nr. 11, 17. Oktober 1985

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1985, 10. Wahlperiode, Band I, 1.-18. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 10. Wahlperiode 
11. Sitzung vom 17. Oktober 1985 
520 
Sen Fink 
(A) Preis gestiftet, wenn er mit solchen Leistungen hätte antreten 
können! 
[Beifall bei der CDU und der F.D.P.] 
Stellv. Präsidentin Wiechatzek: Herr Senator, gestatten 
Sie zwei Zwischenfragen? 
Fink, Senator für Gesundheit und Soziales; Frau Korthaase, 
Sie natürlich zuerst! 
Frau Korthaase (SPD): Senator Fink, würden Sie so nett 
sein, die Zahlen der Sozialhilfeempfänger dazu zu sagen, denn 
Sie haben ja Hochkonjunktur in Kundschaft? 
Fink, Senator für Gesundheit und Soziales: Auf das Thema 
wollte ich ohnehin zu sprechen kommen. Deshalb behandeln wir 
vielleicht erst einmal dieses Thema. 
Stellv. Präsidentin Wiechatzek: Gestatten Sie die zweite 
Zusatzfrage des Kollegen Dr. Kremendahl? 
Fink, Senator für Gesundheit und Soziales: Betrifft die das 
selbe Thema? 
[Dr. Kremendahl (SPD): Nein!] 
- Dann muß ich erst diese Frage beantworten und kann Ihre 
Frage jetzt noch nicht zulassen. - Also zur Sozialhilfe: Sie, Frau 
Korthaase, haben dargetan - und ich finde, für jeden, der ein biß 
chen sozial mitempfinden kann, auch zu Recht dargetan -, daß 
es wahrhaftig kein Vergnügen ist, von Sozialhilfe leben zu müs 
sen. Und aus diesem Grund müssen alle Anstrengungen darauf 
gerichtet sein, dafür zu sorgen, daß Menschen möglichst keine 
Sozialhilfe in Anspruch nehmen müssen, und dem dient die Poli- 
W tik der Bundesregierung und insbesondere des Senats von Ber 
lin, wie es der Kollege Elmar Pieroth zu Recht auch ausgeführt 
hat. Aber so zu tun, als ob es in der Zeit, als Ihre Partei in Bonn 
Regierungsverantwortung getragen hat, den Sozialhilfeempfän 
ger besser gegangen sei, 
[Zuruf von der AL: Das ist doch kein Maßstab!] 
das ist nun allerdings falsch. Denn Sie haben im Jahre 1969 
1,4 Millionen Sozialhilfeempfänger übernommen. Bis zum Jahre 
1982, dem letzten Jahr, als Ihre Partei Regierungsverantwortung 
getragen hat, ist die Zahl der Sozialhilfeempfänger auf sage und 
schreibe 2,3 Millionen angestiegen! Und was war weiterhin? - In 
dieser Zeit haben Sie es bei einer Preissteigerungsrate von über 
6% zu verantworten, daß damals entgegen den Grundsätzen 
der Sozialhilfe die Sozialhilfesätze nicht mit dem Preisanstieg an 
gehoben worden sind, sondern in einem Jahr ist einfach vom 
1. Januar auf den 1. Juli die Anpassung verschoben worden, und 
im zweiten Jahr ist die Anpassungsrate willkürlich auf 2 % festge 
setzt worden, obwohl die Preise um 6% gestiegen sind. Wir 
haben erst in diesem Jahr dafür gesorgt, daß mit einer nach 
holenden Steigerungsrate von 8 %, die deutlich über den Preis 
anstieg von 2 % liegt, dieses Unrecht aus sozialdemokratischer 
Zeit endlich wiedergutgemacht wird. 
[Beifall bei der CDU und der F.D.P.] 
Stellv. Präsidentin Wiechatzek; Gestatten Sie jetzt die 
Zusatzfrage? 
Fink, Senator für Gesundheit und Soziales: Ja. 
Stellv. Präsidentin Wiechatzek: Bitte, Herr Dr. Kremen 
dahl! 
Dr. Kremendahl (SPD): Herr Kollege Fink, es ist ja durch 
unsere Zwischenfragen das gemeinsame Bemühen von Frau 
Korthaase und mir, zu verhindern, daß Sie gleich am Beginn Ihrer 
Rede auf den falschen Trip kommen; deshalb möchte ich Sie (C) 
fragen: Wären Sie nicht bereit, anstatt hier Globalzahlen zu nen 
nen, die sicherlich interessant sind, aber so aussagekräftig nun 
wieder auch nicht, mal auf die im Beitrag von Frau Korthaase ge 
nannten konkreten Beispiele einzugehen? Was sagen Sie 
eigentlich diesen Menschen, und glauben Sie, daß denen mit 
den Daten, die Sie nennen, geholfen ist? 
[Beifall bei der SPD] 
Fink, Senator für Gesundheit und Soziales: Herr Abgeord 
neter, dazu habe ich ja bereits Ausführungen gemacht und kann 
Ihnen dazu sagen: Schauen Sie, wir haben nämlich nicht nur die 
Sozialhilfesätze zum 1. Juli um diese genannten 8 % erhöht, wir 
haben zusätzlich einen Mehrbedarfszuschlag für alle Alleinerzie 
henden mit Kindern unter sieben Jahren eingeführt; den gab es 
zu Ihrer Zeit nicht. Zweitens: Wir haben einen Mehrbedarfszu 
schlag für alle Leute über 60 Jahre eingeführt, früher gab es den 
erst ab 65, wir haben dafür gesorgt, daß ein älterer Arbeitsloser 
nicht, wie zu Ihrer Zeit, lediglich ein Jahr lang Arbeitslosengeld 
bekommt, sondern er bekommt es 18 Monate, und durch die 
neuesten Entscheidungen der Bundesregierung wird gerade für 
diese Menschen, die ja ganz besonders stark von Arbeitslosig 
keit betroffen sind und die wenig Chancen haben, wieder einen 
Arbeitsplatz zu bekommen, die Zeit des Arbeitslosengeldes 
noch einmal verlängert. Wer hat das Vorruhestandsgeld denn 
überhaupt eingeführt? Wer ist es denn, der ein Erziehungsgeld 
in der Bundesrepublik Deutschland eingeführt hat? Wer ist es 
denn, der dafür gesorgt hat, daß es mit einer Beschäftigungsga 
rantie verbunden ist, wer ist es denn überhaupt gewesen, der 
dafür gesorgt hat, daß ein besonderer Kinderzuschlag für die Be 
dürftigen eingeführt wurde? Wer hat denn dafür gesorgt, daß 
beispielsweise in Berlin als erstem Bundesland ein Familiengeld 
eingeführt worden ist? Wer hat dafür gesorgt, daß in Berlin dar 
über hinaus 10 Mio DM für die Stiftung „Familie in Not“ bereit 
gestellt wurden, und so weiter und so weiter? 
[Lebhafter Beifall bei der CDU und der F.D.P. - (®) 
Widerspruch bei der SPD und der AL - 
Momper (SPD): Das sind ja Taschenspielertricks, 
die Sie hier vorführen!] 
Ich sage nur dazu: Frau Abgeordnete Korthaase, ich habe sehr 
genau gehört, was Sie gesagt haben, nur, Sie müssen dafür den 
Beweis antreten, Sie haben gesagt, die SPD würde das Gebot 
der Solidität nicht nur als theoretisch-abstrakten Begriff benut 
zen, sondern es praktisch ernst nehmen. Wenn ich Sie nun auch 
schon nicht für die letzten 13 Jahre der Politik in Bonn verant 
wortlich machen kann oder will oder dies tue, dann muß ich doch 
aber zumindest erwarten, daß Sie Ihren Einfluß auf die Länder, in 
denen Sie heute Regierungsverantwortung ausüben, geltend 
machen, um dafür zu sorgen, daß dort wenigstens das getan 
wird, was wir hier in Berlin schon tun. Ich frage Sie: Gibt es in 
Nordrhein-Westfalen - und den dortigen Ministerpräsidenten 
haben Sie doch zum Spitzenkandidaten gekürt - etwa ein Fami 
liengeld? - Es gibt keins. Gibt es dort eine Stiftung „Hilfe für die 
Familie“? - Es gibt keine. Ist es dort beispielsweise so, daß es 
dort Wiedereingliederungskurse für Frauen in der Mitte der 
Lebensjahre gibt? - Es gibt sie nicht. Gibt es dort beispiels 
weise Frauenläden für ausländische Frauen? - Es gibt nichts 
dergleichen. Familienerholung gab es dort mal, nur, gestrichen 
worden ist sie vor kurzem. Ich sage Ihnen: Wer wirklich von Soli 
darität redet - und das geht natürlich auch an die Alternative 
Liste: In der ganzen Vereinbarung, die Sie mit der SPD in Hes 
sen geschlossen haben, steht über allerlei was drin, über Frank 
furt, den Flughafen und dergleichen mehr, nur, zu Fragen der 
Sozialpolitik steht überhaupt nichts Positives für die Menschen 
drin, überhaupt gar nichts! 
[Lebhafter Beifall bei der CDU und der F.D.P.] 
Deshalb sage ich: Wer den Vorwurf erhebt, daß eine Partei es 
mit der Solidarität nicht ernst meine, der muß dieses wenden 
gegen die Parteien, die Regierungsverantwortung 13 Jahre lang 
in Bonn getragen haben und heute noch Regierungsverantwor 
tung in Ländern wie Nordrhein-Westfalen und Hessen tragen, 
muß das auch an seine Genossen - das sage ich der Alternali-
	        
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