Abgeordnetenhaus von Berlin - 10. Wahlperiode
11. Sitzung vom 17. Oktober 1985
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Sen Fink
(A) benötigen auf welchen Feldern, so daß dann die Betreffenden,
die sich im Rahmen dieser Aktion gemeldet haben, ganz spontan
ihre Mitarbeit erklären können.
Ich möchte die Gelegenheit hier gerne wahrnehmen, dazu auf
zurufen, in allen Feldern, wo es geht, sich an dieser Aktion zu be
teiligen und andere zu ermutigen, an dieser Aktion teilzunehmen.
Es ist notwendig, daß wir die professionellen Dienste, die wir in
Berlin in einem beachtlichen Maße ausgebaut haben, ergänzen
durch nachbarschaftliche und ehrenamtliche Tätigkeit, weil es
noch viel zuviele Berlinerinnen und Berliner gibt, die einen Man
gel an Kontakt haben und vereinsamt sind. Hier können nachbar
schaftliche ehrenamtliche Tätigkeiten und Dienste helfen.
Stellv. Präsident Longotius: Erste Zusatzfrage - Flerr
Biederbick!
Biederbick (F.D.P.): Darf ich noch einmal nachfragen bezüg
lich des Punktes der Prüfung der Fachkunde derjenigen, die hier
ehrenamtlich helfen wollen? Auf diese Frage sind Sie ja nicht ein
gegangen. Darf ich das so verstehen, daß die von Ihnen genann
ten Verbände, die dann ja diejenigen, die sich melden, aufneh
men und mit ihnen arbeiten sollen, diese Prüfung, ob jemand ge
eignet und in der Lage ist, diese Arbeit zu verrichten, vornehmen
und daß sie eben nicht von Ihnen vorgenommen wird?
Stellv. Präsident Longolius; Senator Fink!
Fink, Senator für Gesundheit und Soziales: Für Tätigkeiten,
die eine entsprechende fachliche Vorbildung verlangen, werden
die ehrenamtlichen Kräfte nicht eingesetzt, sondern dort werden
die professionellen Kräfte eingesetzt. Die ehrenamtlichen Kräfte
werden für solche Tätigkeiten eingesetzt, wo eben keine ent
sprechende fachliche Vorbildung notwendig ist.
Richtig ist, daß es notwendig ist, dafür zu sorgen, daß der
' Flilfsbereite und der Hilfsbedürftige, daß die richtigen Menschen
zueinander kommen. Die von mir vorhin genannten Institutionen
bieten Gewähr dafür, daß dieses in einem optimalen Maße ge
schieht - zumal wir ja, wie Sie vielleicht wissen, für jede Sozial
station eine Sozialarbeiterstelle finanzieren mit der Aufgabe, ge
rade die Kontakte zwischen den Hilfsbedürftigen und denjeni
gen, die nachbarschaftlich ehrenamtlich tätig sein wollen, herzu
stellen.
Stellv. Präsident Longolius: Herr Edel!
Edel (SPD): Herr Senator, können Sie uns beantworten, ob
die Institutionen, für die Sie werben, Sie um Hilfe gebeten haben,
weil sie unter Personalmangel leiden, also zum Beispiel die be
zirklichen Sozialkommissionen?
Können Sie uns weiterhin mitteilen, Herr Senator, was die
doch sehr aufwendige Werbeaktion - 14 Tage, sagten Sie - ge
kostet hat, damit wir uns ein Bild darüber machen können, wie
sich Ertrag und Kosten zueinander verhalten?
Stellv. Präsident Longolius: Senator Fink!
Fink, Senator für Gesundheit und Soziales: Ich kann Ihnen
gerne dazu Auskunft geben: Die Aktion selber wird in etwa einen
Betrag von 300 000 DM verursachen, von denen 150 000 DM
durch die Stiftung „Hilfswerk Berlin“ finanziert werden. Ich halte
diese Mittel für sehr gut angewandt. Wenn Sie beispielsweise
bedenken, mit welchen Millionen für Waschmittel und derglei
chen geworben wird,
[Gelächter bei der SPD und der AL]
dann muß ich sagen: Es ist wirklich wichtig, daß man hier für eine
der wichtigsten Sachen auf der Welt, nämlich für mehr mit
menschliches und nachbarschaftliches Engagement, wirbt.
[Frau Bischoff-Rlanz (AL); Auf demselben Niveau!]
Denn es darf einen überhaupt nicht wundern, wenn in der Bun- (C)
desrepublik Deutschland sehr viel weniger das Nachbarschaft
liche und Ehrenamtliche ausgeprägt ist als beispielsweise im an
gelsächsischen Raum. Das liegt eben nicht zuletzt daran, daß wir
über viel zu viele Jahre immer zu sehr auf den Staat gebaut
haben. Der Staat ist aber gar nicht in der Lage, alle sozialen Pro
bleme zu lösen, die er anscheinend zu lösen vorgibt. Die Erfah
rungen, die man in den vergangenen Jahren damit gemacht hat,
zeigen, wie wichtig es ist, daß die fachlichen, professionellen
Dienste ergänzt werden um nachbarschaftliche und ehrenamt
liche Tätigkeit. Die ganzen Diskussionen gerade auch in den Be
reichen, wo auch Sozialarbeiter aufgeschlossen diskutieren, zei
gen, daß viele, gerade auch freundschaftliche Beziehungen
ganz besonders stark und gut aufgenommen werden können,
wenn eben ein nachbarschaftliches Engagement vorliegt.
Nun zu Ihrer zweiten Frage: Sie haben gefragt, ob diese Aktion
von den Wohlfahrtsverbänden unterstützt wird. Ich kann dieses
bejahen. Ich möchte gerne darauf hinweisen, daß ich mich auch
bei dieser Gelegenheit ausdrücklich dafür bedanken möchte,
daß beispielsweise neben dem Regierenden Bürgermeister von
Berlin auch der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Bran
denburg, Herr Kruse, der Generalvikar der Katholischen Kirche,
HerrTobei, Herr Galinski, der Präsident der Ärztekammer, bis hin
zu Juppi Becher von der UFA-Fabrik diese Aktion unterstützen
und auch der geschäftsführende Verband im Rahmen der Liga,
also die Arbeiterwohlfahrt durch Herrn Buschmann, ausdrücklich
bei dieser Aktion und bei der Vorstellung dieser Aktion vertreten
waren als Vertreter derjenigen, die diese Aktion mitunterstützen;
denn ihnen kommt sie ja letzten Endes auch zugute.
[Vereinzelter Beifall bei der CDU]
Stellv. Präsident Longolius: Herr Momper!
Momper (SPD): Herr Senator, wie hoch sind denn die Kosten
für diese PR-Aktion? (D)
[Zurufe von der CDU: Hat er doch gesagt!]
Stellv. Präsident Longolius: Senator Fink!
Fink, Senator für Gesundheit und Soziales: Herr Abgeord
neter Momper, Ihr neues Amt und ein gewisses Wechseln aus
dem sozialpolitischen Gebiet wird dafür verantwortlich sein, daß
Sie nicht mitbekommen haben, daß ich die Frage gerade eben
beantwortet habe.
Stellv. Präsident Longolius: Ich werde daraufhin dem Kol
legen Biederbick nachher noch eine weitere Zusatzfrage gestat
ten, weil dies keine Frage im Sinne der Fragestunde war. Herr
Haberkorn, bitte!
Haberkorn (AL): Herr Senator! Ist Ihnen die ziemlich vernich
tende Studie der Freien Universität - Professor Grottian, Lütke
und andere - bekannt, die sich mit Ihrer letzten Aktion „Ich für
Dich“ - oder „Ich für ich“, je nach Sicht des Betrachters - aus
einandersetzt und die zu dem Ergebnis kommt, daß nicht mehr
als sehr notwendige Hilfen für Sozialstationen - weil die dort an
fallenden Arbeiten nicht abgedeckt werden können - von Ihnen
angedacht werden? Wie beurteilen Sie diese Studie? Haben
Sie sich mit ihr auseinandergesetzt und eigene Schlußfolge
rungen daraus gezogen?
Stellv. Präsident Longolius: Senator Fink'
Fink, Senator für Gesundheit und Soziales: Mir ist die Studie,
von der Sie geredet haben und die unter der Leitung von Profes
sor Grottian erstellt worden ist, natürlich bekannt. Ich habe
dazu bereits Stellung genommen. Es ist eine Studie, die nicht
sorgfältig erstellt worden ist - indem beispielsweise lediglich
eines der möglichen Einsatzfelder befragt worden ist, nämlich