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Volume Nr. 10, 26. September 1985

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1985, 10. Wahlperiode, Band I, 1.-18. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 10. Wahlperiode 
10. Sitzung vom 26. September 1985 
468 
Helms 
(A) direkter dafür zu prügeln, wie Herr Lummer anbot auf der letzten 
Innenausschußssitzung, habe ich dann noch einmal gefragt, und 
wieder wurde diese Frage verneint. Wenn jetzt gesagt wird, Herr 
Conen hätte auf dieser Innenausschußsitzung im Verlauf dieses 
Besprechungspunktes seine Aussage später korrigiert, so ist 
das schlichtweg unwahr, Herr Conen hat zum Schluß dieses Be 
sprechungspunktes allenfalls gesagt, daß es Polizeibeamte in 
Zivil gibt, daß es auch verdeckte Ermittlungen gibt und daß bei 
verdeckten Ermittlungen keine kriminellen Handlungen getätigt 
werden. An keiner Stelle jedoch hat er gesagt, daß es verdeckte 
Ermittler gibt, die mit falschen Ausweispapieren ausgerüstet 
sind, denen eine Legende - also ein falscher persönlicher 
Lebenslauf - erarbeitet worden ist und die zum Teil in konspira 
tiven Wohnungen wohnen. All dies wurde der Öffentlichkeit 
beziehungsweise dem Zeitung lesenden Abgeordneten erst 
durch eine Presseerklärung des Senators für Inneres vom 12. 
dieses Monats offenbart. Genauso halsstarrig weigerte sich 
Senatsdirektor Conen, zur Konzeption des Bundes Deutscher 
Kriminalbeamter Stellung zu nehmen. Er gab nur an, daß inner 
halb der Innenministerkonferenz darüber diskutiert würde, dies 
allerdings Sache der Experten und Juristen sei und daß der 
Senat nicht in der Lage sei, weitere Auskünfte über den Stand 
der Diskussion zu geben. Er weigerte sich auch, Auskunft dar 
über zu geben, mit welcher politischen Zielrichtung der Berliner 
Senatsvertreter in dieser Innenministerkonferenz am Willens 
bildungsprozeß teilnimmt. Auch dies war erst im nachhinein aus 
der Presseerklärung von Senator Lummer herauszulesen, wo er 
sagt, er befürworte die Ausweitung der Möglichkeiten des Ein 
satzes verdeckter Ermittler. 
Zu einer ähnlichen Falschaussage kam es bei dem Bespre 
chungspunkt über die Gelbe-Karten-Aktion. Hier wurde der 
Senatsdirektor gefragt, welche Schlüsse er beziehungsweise 
der Senat aus dieser Aktion ziehen wolle und ob damit zu rech 
nen sei, daß diese Aktion verlängert werde. Herr Conen sagte zu, 
daß darüber ein abschließender Bericht vorgelegf wird und 
womöglich zu einem späteren Zeitpunkt in ähnlicher Form 
wiederholt würde - allerdings erst, wenn der jetzige Versuch 
ausgewertef worden ist, und dann auch nicht mit einer gelben 
Karle, weil die schon verteilten gelben Karten von einigen Auto 
fahrern als Freiparkschein benutzt würden. Die Aussage, daß der 
Versuch am 14. September abgeschlossen wird, erwies sich im 
nachhinein auch als falsch. Der Straßenverkehrsdezernent 
machte am 17. September gegenüber der Bild-Zeitung klar, daß 
die Gelbe-Karte-Aktion noch mindestens einen Monat fort 
gesetzt wird. 
Zieht man all diese Tatbestände zusammen, so ist nur die 
Interpretation möglich, daß Senatsdirektor Conen als Vertreter 
des Berliner Senats den Ausschuß in mehrfacher Weise falsch 
und unvollständig unterrichtet hat und daß er damit in eklatanter 
Weise die Rechte des Abgeordnetenhauses mißachtet hat; 
denn nach der Verfassung von Berlin hat das Abgeordnetenhaus 
das Recht, über die Verwaltungspraxis vollständig und wahr 
heitsgemäß informiert zu werden. Wenn sich nun der Senator für 
Inneres, Herr Heinrich Lummer, hinter seinen Senatsdirektor 
stellt und von einem Mißverständnis spricht und vielmehr den 
Abgeordneten selbst, dem Ausschußvorsitzenden beziehungs 
weise der Öffentlichkeit die Schuld dafür gibt, daß der Senats 
direktor mißverstanden worden ist, so ist das allenfalls eine 
Schutzbehauptung, es beweist in der Sache gar nichts. Es 
macht vielmehr deutlich, daß auch der Innensenator bereit ist, 
die skandalösen Vorgänge im Innenausschuß zu decken. Die AL- 
Fraktion ist nicht bereit, diesen Vorgang so hinzunehmen und 
etwa damit abzutun, daß der Senatsdirektor Conen nur einen 
schlechten Tag hatte. 
[Beifall bei der AL] 
Vielmehr halten wir diesen Vorgang für symptomatisch. Noch vor 
der Sommerpause haben wir hier im Plenum darüber debattiert, 
ob es notwendig ist, beim Senator für Inneres einen zweiten 
Senatsdirektor einzustellen. Bei der damaligen Aussprache 
haben weder der Senat noch die CDU-Fraktion vermocht, eine 
sachliche Begründung dafür abzugeben, warum ein weiterer 
teurer Verwaltungsbeamter beim Senator für Inneres eingestellt 
werden müsse. Herr Buwitt von der CDU-Fraktion lamentierte 
damals allgemein, die Führungsebene beim Senator für Inneres 
müsse gestärkt werden. Effektivere Arbeit der Verwaltung — 
[Zuruf des Abg. Buwitt (CDU)] 
- das war ein Lamento, das war keine einheitliche Begründung 
für einen zweiten Senatsdirektor! -, effektivere Arbeit der Ver 
waltung - so Herr Buwitt damals - kann auch dazu führen, unten 
etwas besser, schneller und günstiger zu gestalten. Mit einer 
solchen Begründung in dieser Allgemeinheit ist es durchaus 
möglich, bei allen Senatsverwaltungen zwei Senatsdirektoren 
einzustellen. 
[Lummer (CDU): Laßt uns doch abstimmen!] 
- Herr Lummer, dazu kommen wir gleich! Schlimm genug, daß 
auch Sie darüber abstimmen dürfen, obgleich Sie selbst davon 
betroffen sind. - Eine konkrete Beweisführung ist das nicht. 
[Anhaltende Unruhe] 
Deshalb kam bei den Oppositionsparteien damals ein anderer 
Verdacht auf. Der Abgeordnete Pätzold von der SPD formulierte 
das damals so: „Weit wahrscheinlicher ist, daß der jetzige Innen 
senator sehr unzufrieden mit seinem Senatsdirektor ist. Dazu 
muß ich sagen: Anders als in den Fällen, wo Senatoren Senats 
direktoren vorfinden und vielleicht darüber nicht ganz glücklich 
sind, hat sich der Innensenator diesen selber ausgesucht, und 
für ihn trägt er die Verantwortung, Es ist sicher allzu billig, wie es 
hier in der Sozialverwaltung geschieht, einen Senatsdirektor 
nach eigener Entscheidung nach vier Jahren in den einstweiligen 
Ruhestand mit allen Versorgungsansprüchen zu schicken, aber 
im Grunde genommen ist es doch viel grotesker, schlicht eine 
zweite Senatsdirektorenstelle zu fordern - mit all dem, was damit 
zusammenhängt -, um dies zu vermeiden.“ Dieser Aussage des 
Kollegen Pätzold können wir nach wie vor nur zustimmen. Auch 
wir sind der Meinung, daß der zweite Senatsdirektor nur deshalb 
eingestellt werden soll, weil er den Ausputzer für den jetzigen 
Senatsdirektor spielen soll. 
[Beifall bei der AL] 
Natürlich sind wir uns darüber in klaren, daß wir hier einen 
hochdotieren Beamten in die unverdiente Frührente schicken 
wollen, jedoch beantragen wir gleichzeitig, daß der Senator für 
Inneres auf den zweiten Senalsdirektor verzichten soll. Das ist 
schlicht gerechtfertigt und kommt dem Steuerzahler immer noch 
billiger, als wenn demnächst zwei Senatsdirektoren bei dieser 
Senatsverwaltung finanziert werden müssen. - Danke! 
[Beifall bei der AL] 
Präsident Rebsch: Das Wort hat nunmehr der Abgeordnete 
Pätzold. 
Pätzold (SPD): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! 
Zugegebenermaßen handelt es sich bei dem Antrag, der uns hier 
zur Behandlung vorliegt, um einen ungewöhnlichen Antrag. Aber 
der Vorgang, der dem zugrunde liegt, lieber Herr Lummer, ist 
noch viel ungewöhnlicher, und der rechtfertigt durchaus das 
Ungewöhnliche eines solchen Antrages. 
Wie war das denn eigentlich? - Vor zwei Wochen berieten 
wir im Innenausschuß darüber, wie die Vorschläge des Bundes 
Deutscher Kriminalbeamter zur verdeckten Ermitflertätigkeit zu 
werten seien. Der Senatsdirektor Dr. Conen, der seinen Senator 
vertrat, sagte einmal von allein und dreimal auf Nachfrage, also 
insgesamt viermal, in Berlin gebe es keine verdeckten Ermittler. 
Er wich auch aus, als wir ihn nach inhaltlichen Vorstellungen 
fragten, mit dem Hinweis, da gebe es gemeinsame Überlegun 
gen auf Bundesebene, die könnten lange dauern, und in Berlin 
wolle sich niemand festlegen, bevor die Bemühungen auf Bun 
desebene zu konkreten Ergebnissen gekommen seien. Er wollte 
also weder etwas zum Ob eines verdeckten Ermittlers noch zum 
Wie sagen, und am Schluß, etwas gedrängt, sagte er auch noch, 
soweit die Polizei etwa in der Form der Kriminalpolizei ermittle, 
könne man sich auf jeden Fall darauf verlassen, daß dabei nichts 
Rechtswidriges geschehe; aber er hat in keiner Weise seine 
viermal abgegebene Aussage korrigiert, daß es in Berlin keine
	        
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