Abgeordnetenhaus von Berlin - 10. Wahlperiode
10. Sitzung vom 26. September 1985
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Helms
[A) 1 000 DM auszugeben, der spendiere ich einen Kasten Sekt.
Das macht die Situation vielleicht am deutlichsten.
[Beifall bei der AL - Klinski (AL): Ich nehme
die Wette an! - Heiterkeit]
Stellv. Präsident Longolius: Gestatten Sie eine Zwischen
frage?
Helms (AL): Ja, natürlich!
Stellv. Präsident Longolius; Bitte, Herr Dr. Lange!
Dr. Lange (F.D.P.): Herr Kollege, ist Ihnen denn entgangen,
daß Sie die Argumente, die Sie eben vorgetragen haben, bereits
in der letzten Sitzung des Abgeordnetenhauses gebracht
haben ?
Helms (AL): Aber nein, ich habe doch zu Beginn gerade
gesagt, daß ich mir damals Mühe gegeben habe, mit anschau
lichen Beispielen und Zahlenmaterial aufzuwarten, daß aber lei
der nur eine verhaltene Reaktion vorhanden war. Vielleicht lag
das daran, daß Sie mich deshalb nicht richtig verstanden haben,
weil ich zu leise gesprochen habe.
Die eigentliche Unverschämtheit dieses Gesetzes liegt nicht
nur an der Diätenerhöhung selbst, sondern daß die Abgeord
netenhausfraktionen versuchen, diese Diätenerhöhung auch
noch als einen Akt des Maßhaltens, als Akt des Verzichts, als Akt
der Solidarität mit den sozial Schwachen dieser Stadt darzustel
len. Das ist eine Veräppelung der Öffentlichkeit, die jedes Vor
urteil, das die Leute draußen gegen Politiker und Parlamentarier
haben, voll bestätigt; das ist noch der zusätzliche Hammer zu der
eigentlichen Diätenerhöhung selbst. Wenn die Abgeordneten
noch wenigstens bereit wären - wie Herr Longolius das letzes
Mal noch versucht hat -, zu sagen: Okay, der Abgeordneten-
(B) haus-Job muß ja irgendwie vergleichbar sein mit anderen Jobs in
der Privatwirtschaft oder der Verwaltung, deshalb erhöhen wir
die Diäten und stehen dann auch dazu und lassen vielleicht auch
mit uns darüber reden, - dann wäre das ehrlich, aber so etwas
Hinterhältiges jetzt, wo doch jeder hier im Hause weiß, daß eine
Unkostenpauschale von 1 000 DM mehr als ausreichend ist!
[Edel (SPD): Wieviel überweisen Sie denn an
Ihre Fraktion?]
- Habe ich letztes Mal hier wohl vorgerechnet: 1 600 DM pro
Monat überweisen wir an unsere Fraktion.
[Weitere Zurufe des Abg. Edel (SPD)]
- Ja, habe ich doch voriges Mal hier schon gesagt.
[Dr.Meisner (SPD): Was machen Sie denn mit
den 1 000 DM?]
- Was ich mit den 1 000 DM mache? Na, ich sagte doch, ich
schaffe es zumindest nicht, diese 1 000 DM als Unkostenpau
schale pro Monat auszugeben. Ich habe ja hier schon erzählt,
daß wir die Möglichkeit haben, im Fraktionsraum den Kopierer zu
benutzen, daß es einen Schreibdienst gibt, daß man sich hier
Papier abholen kann, daß man Briefe hier frankieren lassen kann;
ich schaffe es also wirklich nicht, diese 1 000 DM im Monat aus
zugeben, und ich behaupte, daß es auch nicht ein einziger Abge
ordneter dieses Hauses schafft, diese 1 000 DM als Unkosten
pauschale auszugeben. Diese Unkostenpauschale ist nichts
weiter als eine Form der unversteuerten Diätenerhöhung in
diesem Jahr.
Stellv. Präsident Longolius: Gestatten Sie noch eine Zwi
schenfrage? - Ach, das war die Beendigung? Entschuldigung!
[Zuruf: Ach, fahren Sie doch fort!]
Helms (AL): Nein, ich trage jetzt nichts mehr vor, sondern
freue mich, daß endlich eine erste Reaktion aus dem Abgeord
netenhaus erfolgt.
[Beifall bei der AL]
Stellv. Präsident Longolius: So, dann sind Sie schon dran, (C)
Herr Dr.Lange!
Dr. Lange (F.D.P.): Herr Präsident! Meine Damen und Her
ren! Herr Kollege Helms, wären wir im Bayerischen Landtag,
dann würde ich sagen, das war ausgesprochen hinterfotzig, was
Sie hier heute und neulich vorgetragen haben. Sie haben uns
eben sehr schön unsere Presseerklärungen vorgehalten, die
damals anläßlich der Vorlage des Berichts des Präsidenten von
uns abgegeben wurden; Sie haben allerdings versäumt, dem
Parlament mitzuteilen, daß auch die AL damals eine Presseerklä
rung abgegeben hat; und man höre und staune, was forderte
die AL damals? - Sie sprach sich vehement gegen Diätenerhö
hungen und gegen die Erhöhung der Unkostenpauschale aus,
aber sie forderte eine angemessene Erhöhung des Oppositions
zuschlages. Nun kann man sagen, sie war damals bei den Bera
tungen im Hauptausschuß zu dumm, aber das können wir dem
Kollegen Köppl gar nicht unterstellen, weil der in dieser Bezie
hung ein „cleveres Kerlchen“ war und genau wußte, wo die AL
am elegantesten und nach außen am solidesten wirkend die für
die Erledigung ihrer Arbeiten notwendigen Mittel eintreiben
kann. Denn das pfeifen ja nun die Spatzen von den Dächern, daß
Sie alle hier im Abgeordnetenhaus arbeiten und daß Sie die
Kosten für Bleistifte, Kopierer usw. - Sie haben das ja alles sehr
plastisch hier dargestellt - über den Oppositionszuschlag
abrechnen! Deshalb, Herr Kollege, wenn Sie hier schon zitieren
und in der Maske des Biedermannes für die AL sagen: Pfui, das
Geld fassen wir nicht an! - dann müssen Sie, bitte schön, auch
so ehrlich sein, zu sagen: Wir wollen auch nicht versteckt und
verschämt - damit können Sie dann wahrscheinlich auch gleich
Ihre Basis ein bißchen beruhigen - das Geld auf anderem Wege,
nämlich über die Erhöhung des Oppositionszuschlages, rein
holen. - Wenn Sie konsequent gewesen wären, dann hätten Sie
gesagt: Die AL verzichtet auch in diesem Jahr auf die Erhöhung
des Oppositionszuschlages.
[Beifall bei der F.D.P.] (D)
So bleibt das, was Sie vorgetragen haben, letztendlich eine
schlichte Farce, und es wird unsere Aufgabe sein, diese
Heuchelei dem Bürger einmal deutlich zu machen.
[Beifall bei der F.D.P. und der CDU]
Stellv. Präsident Longolius: Das Wort hat jetzt noch ein
mal der Kollege Helms.
Helms (AL): Ich finde das Kohl, diese Antwort, die da jetzt
kam, und zwar deshalb: Nehmen wir einmal an, Sie hätten recht
und es wäre hinterfotzig, wie Sie sagten, was die AL da mache,
aber ein inhaltliches Argument gegen das, was ich gesagt habe,
haben Sie nicht gebracht. Wissen Sie, was Sie eben versucht
haben? Sie haben im Prinzip nur versucht, uns in die allgemeine
Kumpanei hier im Parlament mit einzubeziehen, also zu sagen:
Warum kritisiert Ihr uns, Ihr habt doch selber Dreck am Stecken ?
- Das ist doch die Methode, nach der Sie eben vorgegangen
sind. Auf meinen inhaltlichen Beitrag sind Sie mit keinem ein
zigen Wort eingegangen, haben keinen einziges Wort dazu
gesagt, warum die jetzige Unkostenpauschale nicht ausreichend
sei, sondern haben darauf verwiesen, daß die AL an anderer
Stelle ja auch Geld wolle. Das war Ihr einziges Argument.
Aber jetzt will ich mal was dazu sagen, weil Sie vorhin in einem
Zwischenruf gefragt haben, ob das nicht die gleiche Rede sei,
die ich letzes Mal schon gehalten habe. Ich habe es diesmal
etwas kürzer gemacht und will Ihnen jetzt mal eine Passage von
dem vorlesen, was ich letztes Mal gesagt habe. Das war folgen
des und fängt damit an: Die AL hat nichts gegen Diäten. - Das
ist die erste Überschrift. Und nun die zweite, die war, daß wir die
Wahlkampfkostenrückerstattung in Ordnung finden. Und jetzt
zitiere ich wörtlich:
Für ebenso unerläßlich halfen wir finanzielle Zuschüsse an
die Parlamentsfraktionen, um deren Funktionen bei gesetz-
gebenschen Willensbildungen überhaupt zu ermöglichen;
insbesondere die jeweiligen Oppositionsparteien bedürften