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Volume Nr. 6, 27. Juni 1985

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1985, 10. Wahlperiode, Band I, 1.-18. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 10. Wahlperiode 
6. Sitzung vom 27. Juni 1985 
318 
Dr. Meisner 
(A) worden, und wo sind denn nun die Erfolge, derentwegen 
Sie uns diese zweite Plenardebatte beschert haben? 
[Beifall bei der SPD und der AL] 
Der Senat hat eben nicht, wie es uns immer wieder 
versichert wird, alles getan, um diese Dreckschleuder zu 
verhindern, in deren Rauchfahne Berlin bei Westwind in 
Zukunft liegen wird. Er hat Buschhaus geschäftsmäßig be 
handelt. Er hat sich den Sachzwängen gebeugt und vor 
allem den Koalitionszwängen im Bundestag und im Bun 
desrat. Er hat sich politisch von dem Thema praktisch 
schon vor einem Jahr verabschiedet, als im Bundestag 
CDU und und F.D.P. und CSU die energiepolitische Ver 
nunft und die umweltpolitische Notwendigkeit verleugnet 
haben und dem Prestigeobjekt des Herrn Albrecht zuge 
stimmt haben. 
[Beifall bei der SPD] 
Und nun wollen Sie, meine Damen und Herren von der 
CDU und von der F.D.P., mit dieser Entschließung, die 
Buschhaus ohne Entschwefelung erst einmal hinnimmt, 
daß auch das Berliner Abgeordnetenhaus vor der ener 
giepolitischen Unvernunft und vor der umweltpolitischen 
Verantwortungslosigkeit kapituliert. 
[Fabig (F.D.P.): Sie wissen, daß Sie unseriös sind!] 
Ich möchte manche Redner in diesem Haus einmal daran (C; 
erinnern, welches wechselvolle Verhältnis sie zu Gerichts 
urteilen haben; je nachdem, wie es gerade in den Kram 
paßt, ist das jeweilige Verwaltungsgericht beeinflußt, nicht 
objektiv, und bei anderer Gelegenheit sehen Sie die 
Dinge dann wieder ganz anders. Und es wird immer wie 
der gesagt, das Oberverwaltungsgericht Lüneburg bestä 
tigt eindeutig den Standpunkt der niedersächsischen Lan 
desregierung, das stellt uns eigentlich nicht zufrieden, 
aber wir müssen das akzpeptieren. 
[Zuruf des Abg. Dr. Meisner (SPD)] 
— Und wenn Sie sagen, Herr Dr. Meisner — ich höre ge 
rade wieder Ihren Zwischenruf —, dadurch wird die BKB 
ja doch nicht gezwungen, dann will ich Sie doch einmal 
auf folgendes hinweisen: Mich ärgert auch — das habe 
ich verschiedentlich gesagt —, daß ein öffentliches Unter 
nehmen sich so verhält, das ist umweltpolitisch nicht zu 
friedenstellend. Aber nach dem Aktienrecht hat eben auch 
die Bundesregierung keine Mehrheit, insbesondere schon 
gar keine vorherrschende Mehrheit. Und was die Mitbe 
stimmung angeht — das ist ein ganz interessanter Fall —, 
so haben wir dort die Montan-Mitbestimmung — dafür 
sind Sie auch, wir auch. 
[Staffelt (SPD): Die Mitbestimmung ist an allem 
schuld!] 
Wir werden das nicht mitmachen. Bei Kapitulationen pflegt 
man weiße Fahnen zu hissen; diese Fahne wird sehr 
schnell dreckig werden! 
(B) 
[Frau Bischoff-Pflanz (AL): Schwarz! — Beifall bei 
der SPD und der AL] 
Bei der Montan-Mitbestimmung ist der große Vorteil, daß 
die Arbeitnehmer bei 15 Sitzen einschließlich einem 
neutralen Mann sieben Sitze haben, und die Arbeiter 
sind aufgrund ihres großen Mitbestimmungsrechtes für 
die Inbetriebnahme. Das wären die beiden Möglichkeiten, 
die heute eine Inbetriebnahme ohne Entschwefelungs 
anlage gestatten. ^ 
Stellv. Präsident Longolius: Nächster Redner — der 
Kollege Liepelt. 
[Dr. Meisner (SPD): Da haben Sie den Schuldigen 
endlich gefunden!] 
Liepelt (CDU): Herr Präsident! Meine sehr geehrten 
Damen und Herren! Als wir im letzten Jahr mit>einer ge 
meinsamen Beschlußfassung in diesem Hause für die ge 
meinsamen Berliner Interessen eingetreten sind, war dies 
ein Akt der Glaubwürdigkeit gegenüber der Öffentlich 
keit. Ich sage dies auch insbesondere für die beiden 
großen Patreien, denen das nicht leichtgefallen ist, ge 
genüber unseren jeweiligen Parteifreunden im übrigen 
Bundesgebiet. Mit dieser Beschlußvorlage aus dem Stadt 
entwicklungsausschuß, die auch der Ausschuß für Bun 
desangelegenheiten übernommen hat, sagen wir, dies 
bleibt ein Akt der Glaubwürdigkeit, denn alles andere 
wäre ein Akt der Gaukelei, wir würden den Leuten einen 
Handlungsspielraum vorgaukeln, der heute nicht mehr ge 
geben ist. Und wenn Umweltpolitik glaubwürdig bleiben 
will, darf sie den Leuten auch nichts vorgaukeln. Das wäre 
der erste Schritt, die Leute für den Umweltschutz zu fru 
strieren. Deshalb ist diese heutige Beschlußfassung eine 
glaubwürdige Beschlußfassung, denn sie bietet einen 
disponiblen Handlungsspielraum, und diesen soll der Se 
nat ausnutzen. Das ist die Forderung dieses Beschlusses. 
[Abg. Dr. Kremendahl (SPD) meldet sich zu einer 
Zwischenfrage.] 
Stellv. Präsident Longolius: Gestatten Sie eine Zwi 
schenfrage, Herr Liepelt? 
Liepelt (CDU): Nein, danke! — Wir haben eben nun 
einmal nicht nur die Beschlußlage des Bundestages, son 
dern auch die Beschlußlage des Oberverwaltungsgerichts. 
Sie wollen das nicht zur Kenntnis nehmen. 
[Staffelt (SPD): Darauf haben wir gewartet! 
Das ist die 5. Auflage Ihres Dauermärchens!} 
Ich finde, man sollte bei einer solchen Debatte auch 
einmal klären, was ist denn nun die Lösung, die uns 
heute ins Haus steht, mit der Buschhaus in Betrieb ge 
hen soll? — 1. Wir haben die Zusage — und wir fordern 
die niedersächsische Landesregierung auf, dies zügig zu 
entwickeln und zu betreiben —, daß dort eine Filteranlage 
eingebaut wird. Im übrigen wird das eine Filteranlage 
sein, deren Technik vor rund 15 Monaten noch nicht für 
möglich gehalten wurde. Hier haben wir einen — wenn 
auch aus einem betrüblichen Anlaß — innovativen Fort 
schritt zu verzeichnen. 
Zweitens: Der Beschluß des Bundestages erfüllt zu 
mindest aus unserer Sicht minimale Forderungen. Im er 
sten Jahr wird der jetzige Ausstoß von 145 000 t um 
20 000 t reduziert. Im Jahr 1987 wird dieses Konzept zu 
einer Reduzierung auf 35 000 t führen. Wenn wir dem Be 
schluß der AL folgen würden, hätten wir bis 1987 keinen 
Rückgang der Emissionen, sondern eine gleichbleibende 
Emission von 145 000 t. Trotz unserer gleichbleibenden 
Unzufriedenheit ist im Vergleich zu Ihrem Antrag dieses 
Konzept immer noch das weitaus fortschrittlichere. 
Alle Parteien haben es 1980 im Bundestag mit einer 
Änderung des sogenannten Verstromungsgesetzes er 
möglicht, daß die schwefelhaltige Braunkohle mit öffent 
licher Hilfe verfeuert werden kann. Das war damals eine 
Initiative der Bundesregierung, die von der SPD gestellt
	        
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