Abgeordnetenhaus von Berlin - 10. Wahlperiode
4. Sitzung vom 23. Mai 1985
Frau Ahme
\) kehrswert, der vom Senat geschätzt wurde. 86 Millionen Mark
wurden für den Ankauf der Randbebauung Schlangenbader
Straße ausgegeben. Jetzt muß man fragen, was die DEGEWO
dafür bekommen hat: Sie hat dafür 114 Wohnungen im sozia
len Wohnungsbau und 422 Wohnungen im steuerbegünstigten
Wohnungsbau bekommen. Für die 422 Wohnungen im steuer
begünstigten Wohnungsbau - das sind fast exakt vier Fünftel
der hier in Rede stehenden Wohnanlage - läuft am 30. Juni
1986 die Förderung mit Aufwendungsdarlehen und Aufwen
dungszuschüssen aus, das bedeutet, daß ab 1. Juli 1986 die
Bewirtschaftung dieser Wohnungen nur durch die Kostenmiete
abgewickelt werden kann; Sie wissen aber alle, daß die Kosten
miete - und das ist ja nicht nur ein Wort, das sind die tatsäch
lich auflaufenden Kosten, die auf die DEGEWO zukommen -,
also das, was die DEGEWO dort jeden Monat für jeden Qua
dratmeter aufbringen muß, 19,18 DM beträgt. Diese Kosten
miete aber wird sie dort nicht erzielen, das heißt: Sie wird dort
Monat für Monat, Jahr für Jahr mehr in Schulden geraten. Daher
versteht man jetzt auch, weshalb die Wohnpark Wilmersdorf
diese Wohnungen so schnell loswerden wollte.
Man muß sich einmal vorstellen, wie das gelaufen wäre, wenn
dieser „Deal“ mit der DEGEWO nicht geklappt hätte - Herr Lan
dowsky, Sie wissen das ja am allerbesten, wie das gelaufen
wäre Die Wohnpark Wilmersdorf wäre auf die WBK zuge
gangen und hätte gesagt: Nächstes Jahr läuft die Förderung
aus, wir haben Kostenmieten von 19,18 DM; was können wir
machen? - Und es wäre entweder eine Umwandlung in Sozial
wohnungen oder eine Nachförderung beantragt worden. Da
sich aber der Senat und die WBK auf den Standpunkt stellen -
und das finde ich richtig -, daß es für steuerbegünstigten Woh
nungsbau keine Nachförderungen und auch keine weiteren
Subventionierungen gibt, heißt das, daß die Firma spätestens
mit Ablauf des Jahres 1986 mit erhöhtem Tempo in die Pleite
gegangen wäre. Deshalb behaupte ich hier, daß es nicht um die
paar Mülltonnen ging, wie das immer vorgeschoben und im Be
richt - aber dort auch nur kurz - erwähnt wird. Es wurde ja
) immer gesagt, daß es um die Mülltonnen, daß es um die Wege
rechte geht, daß bei der Schlangenbader Straße die Autobahn
überbauung und die Randbebauung zusammengefügf werden
müssen, weil es dort diese Nachbarschaftsprobleme gibt -
aber darum ging es nicht, sondern es ging darum, die Woh
nungsbaugesellschaft Wohnpark Wilmersdorf aus der Pleite zu
retten. ,
[Jewarowski (CDU): Das ist Ihre Meinung!]
- Das ist meine Meinung, und die ergibt sich aus dem Untersu
chungsbericht. - Hier ging es darum, 86 Millionen Mark zu be
rappen, und zwar für ein Gebäude, das im Grunde - und das ist
Originalton Wohnpark Wilmersdorf - „keinen realen Handels
werf mehr hatte“. Herr Franke hat dagegen immer von Wertstei
gerungen gesprochen - angeblichen Wertsteigerungen -, was
bei steuerbegünstigtem Wohnungsbau Hohn ist wo die Förde
rung ausläuft und die Wohnungen zudem noch schlecht in
standgehalten worden sind. Dort ist eine Randbebauung hinge
stellt worden, es wurde kassiert, die Verluste wurden eingestri
chen, dann hat man das Gebäude herunterkommen lassen, und
jetzt hat sich die DEGEWO zum „Ausputzer“ für diese private
Wohnungsbaugesellschaft gemacht.
Und ich behaupte so lange, daß es hier nur um die Rettung
der Wohnpark Wilmersdorf ging, bis mir jemand erklärt, warum
kein Verkehrswertgutachten eingeholt worden ist, wie es im
übrigen auch im Untersuchungsbericht steht.
Das behaupte ich so lange, bis mir jemand erklärt, warum aus
dem Röver-Jochmann-Gutachten die kritischen Passagen ge
strichen wurden, in denen auf Wunsch von Herrn Claus auf die
Ermittlung des Verkehrswertes hingewiesen und in denen auf
die von der WBK anerkannten Gesamtkosten in Höhe von 69
Millionen DM verwiesen wurde. Diese zwei Punkte sind gestri
chen worden - aber da steht ja auch noch ein Meineidverfahren
aus. Herr Franke bestreitet ja, daß es sein Wunsch gewesen sei,
diese zwei Teilpunkte zu streichen - wir werden weitersehen,
wie sich diese Sache entwickelt. Das sind im übrigen keine Be
hauptungen von mir, das können Sie alles im Untersuchungsbe
richt auf Seite 22 nachlesen.
Ich erhalte meine Behauptung so lange aufrecht bis Sie mir (C)
erklären, warum in Berlin - das ist jetzt ein allgemeinerer Ge
danke - eigentlich generell keine Kapitalzuführungen mehr an
die gemeinnützigen städtischen Gesellschaften erfolgen, in
solchen Fällen aber Ausnahmen gemacht werden. Was hat das
denn zur Folge? - Das hat doch zur Folge, daß die gemeinnützi
gen städtischen Gesellschaften nicht mehr bauen können und
ihnen für die Sanierung das Geld fehlt, daß sie gezwungen wer
den, ihren Hausbesitz zu veräußern, um irgendwie wieder an
Geld zu kommen. Nun erklären Sie mir doch einmal den Wider
spruch: Auf der einen Seite sollen die gemeinnützigen und
städtischen Wohnungsbaugesellschaften ihren Hausbesitz ab
stoßen, auf der anderen Seite ist der Kaufmännische Direktor
der DEGEWO dafür, einen derartig maroden Wohnungsbe
stand aufzukaufen! Das ist doch eine Perversion; das kann
doch niemand verstehen - wenn er eben nicht wüßte, warum
dieser „Deal“ gelaufen ist, wie ich es hier behaupte.
[Beifall bei der AL und des Abg. Nagel (SPD)]
Ich behaupte das so lange — Herr Franke ist übrigens gar
nicht im Raum; wo ist er eigentlich?
[Simon (CDU): Doch! Augen aufmachen! -
Nagel (SPD): Es ist da, wo er hingehört:
auf der Hinterbank!]
- Schön, daß Sie schon die Senatsbank räumen; so weit woll
ten wir heute noch gar nicht gehen! - Ich behaupte das so
lange, Herr Franke, daß es ein reiner Gefälligkeitsdienst war, bis
Sie mir sagen - und das wäre nur ein Satz, ein Argument, eine
Protokollnotiz oder etwas - und mir damit nachweisen, daß Sie
versucht haben, den Kaufpreis zu reduzieren. Sagen Sie mir
eine solche Handlung, dann würde ich hier so manches
zurücknehmen. Aber das ist ja nicht nachzuweisen, und genau
das sagt auch der Untersuchungsbericht. Das war eine Gefäl
ligkeit, und die Gefälligkeit konnte gefeiert werden; die Firma
wurde aus der Pleite gerettet und hat dafür noch Geld bekom
men. Für alle die, die nicht die Zeit dazu hatten, den Untersu- jqj
chungsbericht nachzulesen, lese ich einmal vor —
[Simon (CDU): Was soll denn der Quatsch? -
Das kann doch jeder nachlesen!]
- Nein, ich lese es vor, weil ich davon ausgehe, daß so manche
Sachen nicht gelesen worden sind -:
Die „Nebenkosten“ - 3,4 Mio DM - wurden an die Urbana
Verwaltungsgesellschaft mbH ausgezahlt.
- So, und jetzt geht's los -:
Davon erhielt der Zeuge Prill für seine Vermittlertätigkeit
425000 DM, An den Beirat der Wohnpark KG wurden als
sogenannte „Tantieme“ 250000 DM gezahlt. An die Her
mes Hausverwaltungsgesellschaft, die für die Randbe
bauung der Schlangenbader Straße die Hausverwaltung
durchgeführt hatte, wurde ein Betrag in Höhe von rund
400 000 DM gezahlt für die Auflösung der Hermes-Ver
träge. Und 1,385 Mio DM gingen an die Gesellschafter der
Urbana Verwaltungsgesellschaft mbH für den Wegfall
der Verwaltung der Wohnpark Wilmersdorf KG. Diese
1,385 Mio DM wurden entsprechend den Beteiligungsver
hältnissen der Gesellschafter an der Urbana - zu denen
auch der Zeuge Seidel gehört - unter diesen aufgeteilt.
Zwei Gesellschafter der Urbana Verwaltungsgesellschaft
mbH erhielten von den 3,4 Mio DM nochmals 807 000 DM,
ohne Beteiligung des Hauptgesellschafters, durch den
Zeugen Seidel zugeführt. Den Betrag hatte der Zeuge Prill
im Auftrag des Zeugen Seidel mit seiner Firma Merkur Be-
treuungs- und Vermittlungsgesellschaft mbH der Ur
bana Verwaltungsgesellschaft mbH in Rechnung gestellt
und einer Firma des Zeugen Seidel, der Immobilien-Fonds-
KG, AFK Agentur für Kapitalanlagen GmbH und Co., nach
Abzug einer Provision von 1 % übermittelt.
So wird da mit dem Geld umgegangen! Das ist diese Beutepoli
tik, wie sie auch von der CDU in den Bezirken betrieben wird.
Das ist doch wirklich Wahnsinn! Man muß sich das einmal vor-
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