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Volume Nr. 3, 9. Mai 1985

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1985, 10. Wahlperiode, Band I, 1.-18. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 10. Wahlperiode 
3. Sitzung vom 9. Mai 1985 
118 
Fähig 
(A) Begriffes herausführt. Berlin begründet und hat immer 
begründet seine Qualität als Metropole nicht nur aus der 
historischen Aufgabe als politische Hauptstadt, die sie 
ja war, sondern insbesondere aus der Leistungsfähigkeit 
in Wissenschaft, Technik und Kunst. Und wenn ich die 
Regierungserklärung richtig verstanden habe und das, 
was bisher zu diesem Thema in der Debatte gesagt wor 
den ist, dann stimmen dem ja auch alle zu. Und so würde 
ich vorschlagen, daß wir Berlin definieren als eine „euro 
päische Metropole der Wissenschaft, Technik und Kunst“, 
die auch aus dieser Definition eine Zukunftsaufgabe be 
ziehen kann, 
[Beifall bei der F.D.P.] 
[Beifall bei der F.D.P.] 
Das wäre ein Begriff, der einen Sinn machte, eine Auf 
gabe, die auch zukunftsorientiert ist. 
Zur Frage nach der Zukunft dieser Stadt gehört auch 
die Frage nach der Politik, die wir mit unserer Umwelt, 
der politischen Umwelt betreiben, wie wir das Verhältnis 
(B) zur DDR gestalten. Für diese Politik der Beziehungen 
zwischen den beiden deutschen Staaten sollen — so heißt 
es allerorten, ist ja auch richtig so — Impulse von West- 
Berlin ausgehen. Wir sind immerhin die größten Nutz 
nießer dieser Politik, dieser vernünftigen Politik zwischen 
der Bundesrepublik und der DDR; wir sollten deshalb 
auch die größten Vordenker, die größten Denker in dieser 
Richtung sein. Dagegen ist nichts einzuwenden. 
[Dr. Meisner (SPD): Auch Täter!] 
- Ja, natürlich, auch die Täter, die Handelnden, die auch 
wirklich etwas tun, und zwar konkret, praktisch im Sinne 
eines beiderseitigen Interessenausgleichs; denn wir 
haben ja Interessen, und die DDR hat nicht minder Inter 
essen, nur, ich warne davor, diese Interessen so zu defi 
nieren, als ob es bei der DDR nur materielle Interessen 
wären; es gibt auch immaterielle Interessen, die respek 
tiert und in ihren berechtigten Ansprüchen von unserer 
Seite anerkannt werden sollten. Aber auch wir haben 
handfeste Interessen, materielle wie ideelle, und poli 
tische Interessen, und hier von West-Berlin aus unsere 
Interessen wahrzunehmen, zu dem sollten wir gelegent 
lich mehr Mut entwickeln, ähnlich wie der Regierende 
Bürgermeister von Weizsäcker 1983 im Herbst es sagte, 
als er mit dem Staatsratsvorsitzenden der DDR und Gene 
ralsekretär der SED, Honecker, gesprochen hat, oder, wie 
Herr von Weizsäcker gesagt hat, als ein deutscher Poli 
tiker mit einem deutschen Politiker sich in dieser Stadt, 
auch wenn es jenseits der Mauer war, getroffen hat. 
(Beifall bei der F.D.P.] 
Ich habe mit Interesse zur Kenntnis genommen, daß das, 
was ich eigentlich sagen wollte, daß wir in dieser Frage 
keine Berührungsängste haben sollten, vom Regierenden 
Bürgermeister Diepgen so mit diesen Worten deutlich 
gesagt wurde. 
[Dr. Meisner (SPD): Er muß aber 
jetzt auch etwas tun!] 
— Ich hoffe, daß der Senat den Mut hat, etwas zu tun; 
und ich vertraue ihm dabei. Wir fragen danach, Herr Dr. 
Meisner, wir machen das schon. Was dem bayerischen 
und dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten 
oder was manchen Fachministern aus den Bundesländern 
recht ist, kann auch dem Regierenden Bürgermeister oder 
einem unserer Senatoren recht sein. Warum nicht auch 
dem Abgeordnetenhaus oder seinen Ausschüssen? Ich 
wiederhole meinen Appell, daß einmal ein Ausschuß mit 
gutem Beispiel vorangehen und den entsprechenden Aus 
schuß der Stadtverordnetenversammlung in Berlin (Ost) 
hierher einladen sollte. Warum nicht? 
[Beifall bei der F.D.P.] 
Ein Bereich, der in der Politik mit der DDR besonders 
wichtig ist, sind Umweltschutz und Luftverschmutzung, 
der schon von meinem Kollegen Rasch behandelt worden 
ist, so daß ich mir das hier sparen kann. Ich appelliere 
nur, daß wir in der Frage der Übereinkunft mit der DDR 
zum Umweltschutz — insbesondere Luftverschmutzung — 
hier endlich über die Gesprächsrunde der Experten hin 
auskommen müssen, daß wir endlich ein konkretes Sta 
dium konkreter Vereinbarungen erreichen müssen. Dabei 
müssen wir uns darüber klar sein, daß wir, wenn wir in 
dieser Politik zu Erfolgen kommen wollen, nicht darum 
herumkommen, der DDR klar zu sagen, wie man so etwas 
praktisch macht. Dabei geht es nicht nur um das Know- 
how. 
[Frau Heitmann (AL): Warum machen 
Sie es nicht vor?] 
— Verehrte Kollegin, selbst wenn wir es vormachen wür 
den, dann wäre das Problem der fünf bis acht Millionen 
Tonnen Schwefeldioxid, die pro Jahr in der DDR ausge 
stoßen werden, nicht gelöst, denn nach der energiepoli 
tischen Planung der DDR wird es sogar noch mehr Dreck 
werden. Ich gebe Ihnen aber recht, wir sollten — und wir 
haben auch die klare Erklärung des Senats, hier vorbild 
lich tätig zu werden — nicht nachlassen, auch im eigenen 
Hause für Ordnung zu sorgen. 
[Beifall bei der F.D.P.] 
Was ich aber sagen wollte: Wir können nicht erwarten, 
daß wir je zu Vereinbarungen kommen, die für uns und 
die Luftreinhaltung in Berlin (West) wichtig sind, denn so 
dicht sind die Grenzen nicht, als daß der Smog nicht auch 
nach drüben kommt. Wenn wir zu Vereinbarungen kom 
men wollen, kommen wir nicht umhin, klipp und klar zu 
erklären, wie die DDR dieses finanzieren soll. Wir werden 
uns mit dem Verursacherprinzip nicht aus der Schlinge 
ziehen und abwarten können, ob die DDR dies auch finan 
ziell machen kann. Wir werden ohne langfristige Kredite 
— als eine Möglichkeit — nicht vorankommen. 
Wir machen etwas falsch, wenn wir unsere Politik in 
Richtung Warschauer Pakt nur auf die Deutschland-Poli 
tik verkürzen würden. Wir müssen auch begreifen, daß wir 
unser politisches Umfeld weiter als nur die DDR fassen 
müssen. Ich habe das vorhin in Zusammenhang mit dem 
Begriff der Metropole schon erwähnt und bin der Mei 
nung, daß wir von Berlin aus auch einen intensiveren 
Kontakt zu den Ländern des Warschauer Paktes oder des 
Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe pflegen und aus 
weiten sollten. Wenn wir, wie der Regierende Bürger 
meister in seiner Regierungserklärung gesagt hat, die 
Annäherung an andere Metropolen wie Paris, London und 
New York anstreben wollen, dann sollten wir durchaus 
denn wir in Berlin, von unserem geographischen Standort 
aus, wenn wir denn schon fragen, wo unsere politische 
Aufgabe in der Zukunft liegen soll, wir hätten mit unserem 
Leistungswillen und mit der Absicht, noch mehr in dieser 
Hinsicht zu tun — Wissenschaft und Technik —, eine her 
vorragende Aufgabe, auf dem halben Wege in die ost 
europäischen Länder hier einen Anlaufpunkt zu bilden 
und, wenn Sie so wollen und ich das sagen darf, als 
„Schaufenster neuer Wissenschaft, neuer Technik und 
neuer Kunst“ ein Ort des Ost-West-Treffens und der Ost- 
West-Kommunikation zu sein.
	        
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