Abgeordnetenhaus von Berlin - 9. Wahlperiode
82. Sitzung vom 7. Dezember 1984
Swinne
(A) erfreulich, festzustellen, daß die Phosphateliminierungs
anlagen nun bald arbeiten und mindestens diesen Schad
stoff für unsere Gewässer zukünftig beseitigen werden.
Es gibt aber in diesem Bereich noch vieles zu tun. Der
naturnahe Ausbau der unterschiedlichen Oberflächenge
wässer muß noch entschiedener betrieben werden; Ver
spundungen sollten Ausnahmen sein. Aus wasserwirt
schaftlicher Sicht können zwar Verspundungen sinnvoll
sein. Sie sind jedoch kein Beitrag zum Erhalt der Natur
und der Landschaft.
Auch beim Berliner Röhricht wird zukünftig die Situa
tion nach der Verbesserung der Wasserqualität wieder
hoffnungsvoller werden. Bis dahin gilt ähnliches wie im
Wald: Die bestehenden Bestände müssen geschützt, ge
pflegt und erneuert werden. Auch hier haben die Koali
tionsfraktionen eine Initiative ergriffen, um privaten Röh
richtschutz durchzuführen. Entsprechende Haushaltsmittel
sind bereitgestellt worden, damit der Private unmittelbar
in seinem ihm zugänglichen Gelände Maßnahmen der
Röhrichtanpflanzung durchführen kann. Dies scheint mir
dringend geboten. Ich glaube auch, daß der Senat gut
daran tut, durch ständige Aufklärungsarbeit und Öffent
lichkeitsarbeit dem Bürger die Gefahren einer Obernut
zung der Uferzonen bewußt zu machen. Im Bereich der
Ufer stehen wir vor der Frage, wie Freizeitinteressen und
Freizeitansprüche unserer Gesellschaft mit den Belangen
des Natur- und Landschaftsschutzes harmonisiert werden
können.
Herr Dr.Meisner und Herr Freudenthal haben darauf
hingewiesen, daß in Berlin ständig der Landschaftsver
brauch wachse. Aber die Koalitionsfraktionen haben sich
gemeinsam dafür eingesetzt, daß die Freiflächenbilanz
erstellt worden ist — eine Bestandsaufnahme, wie die
Situation der Freiflächen in den Berliner Außenbezirken
(B) aussieht —, und diese Koalition hat auch die politische
Kraft gehabt,
[Dr. Meisner (SPD); Rudower Felder!]
entsprechende Maßnahmen durchzuführen. Wir haben da
für gesorgt — auch bei internem Widerstand —, daß die
Heiligenseer Felder nicht bebaut werden, daß die letzten
Lichtenrader Felder von einer Bebauung frei bleiben, daß
für die Rieselfelder in Spandau eine Veränderungssperre
erlassen worden ist. Das hätte schon lange geschehen
können; diese Koalition hat es aber durchgesetzt. Wir
haben dafür gesorgt, daß die Freiflächen an der Wupper
straße von der Bebauung freigehalten werden, und die
Entscheidung steht an, daß der Stichkanal als Ersatz- und
Ausgleichsmaßnahme für den Teltowkanal von der Schiff
fahrt freigehalten wird.
[Dr. Meisner (SPD): Das ist schon vor vier
Jahren beschlossen worden!]
Schon vorhin wurde von einem Zwischenrufer gesagt, daß
auch am Görlitzer Bahnhof — mitten in Kreuzberg — eine
Grünanlage gebaut wird, die attraktiv sein wird — mit
Schwimmbad usw. — und der Freizeit und Erholung der
Bevölkerung dient, auf einem Gelände, das ganz anders
gewidmet war — als Bahngelände — und heute der Er
holung in Freizeit in der Natur zugeführt wird. Diese Koa
lition hat erreicht, daß die Geschoßflächenzahl in land
schaftlich geprägten Wohngebieten herabgesetzt wird, um
die bisherige dortige Stadtstruktur zu erhalten. Das ist
auch ein wesentlicher Beitrag, daß die Bebauung in ge
wissen landschaftlich geprägten Wohngebieten nicht über
hand nimmt, sondern daß das dortige Klima erhalten
bleibt.
[Beifall bei der F.D.P.]
Die Koalition hat Stück für Stück die Maßnahmen zur (C)
Verkehrsberuhigung in den Wohnstraßen durchgeführt,
die zwar schon während der sozial-liberalen Koalition ein
geleitet worden sind; aber wenn Sie in die Investitions
planung schauen, stellen Sie fest, daß derartige Maßnah
men nicht geringer werden, sondern daß sie zunehmen
werden. Leider sind auch die Bezirke nicht so sehr daran
interessiert, derartige Maßnahmen, die möglich wären,
beschleunigt umzusetzen. Und wenn Sie in die Investi
tionsplanung des Landes Berlin sehen, werden Sie für
die nächsten Jahre feststellen, daß die Mittel bereitgestellt
wurden, um unsere Stadt durch die Anlegung von Rad
wegen fahrradfreundlicher zu machen.
Ich bin der Auffassung, daß diese Koalition im Bereich
des Umweltschutzes erfolgreich war; Beispiele dafür habe
ich genannt. Warum war diese Koalition erfolgreich? —
Wir Liberale haben seit der Aufklärung die Erfahrung ge
macht, daß Demokratie nur durch die Fähigkeit zum Kom
promiß lebensfähig bleibt. Diese Republik ist seit Kriegs
ende mit dieser Politik nicht schlecht gefahren. Für uns
Liberale ist der Kompromiß, den wir in unterschiedlichen
Koalitionen machen müssen, nichts Verwerfliches. Diese
Berliner Koalition ist innerlich stabil, weil sie über einen
breiten politischen Konsens verfügt, der durch eine intri
genfreie Partnerschaft ergänzt wird. Die innere Stärke
dieser Koalition ist der einwandfreie menschliche Umgang
zwischen den Mitgliedern der CDU und der F.D.P. Daß
dieser politische Stil wieder in Berlin möglich wurde, ist
das Verdienst beider Regierender Bürgermeister in dieser
Legislaturperiode. Die Achtung des politischen Partners
in dieser Koalition ist eine gute Voraussetzung zum Funk
tionieren dieser Koalition auch über den nächsten Wahl
termin hinaus.
[Wachsmuth (AL): Dafür müßte man Erschwernis
zulage kriegen!] W
Diese Koalition hat keine regierungsfähige politische
Alternative.
[Heiterkeit bei der AL]
Die gestrige öffentliche Abgrenzung der beiden Opposi
tionsfraktionen zueinander zeigte dies klar auf. Die so
genannten Visionen des Dr. Köppl, die zu einer anderen
Republik führen, sind in dieser Stadt nicht mehrheitsfähig,
[Heiterkeit bei der AL]
und die Unfähigkeit der SPD, sich zu ihren Fehlern in der
Vergangenheit zu bekennen, wie wir es wiederholt in der
Haushaltsberatung gesehen haben, erschüttert die Glaub
würdigkeit der jetzt vorgetragenen Argumente für eine
bessere Zukunft. Die jahrelange Kumpanei der Berliner
SPD und der Gewerkschaften in den Berliner Eigenbetrie
ben hat auf Kosten der Gebührenzahler zu Privilegien der
Beschäftigten und zu betriebswirtschaftlichen Mißständen
geführt. Dies ist erstmalig durch diese Koalition in ihren
Auswüchsen gestoppt worden und hat zu einer Verlust
reduzierung bei den Eigenbetrieben geführt. Das zeigt
jedermann, daß diese Koalition verantwortungsvoll für
diese Stadt wirkt.
[Beifall bei der F.D.P. und der CDU]
Diese Stadt will nicht von politischen Miesmachern regiert
werden, diese Stadt will wieder durch eigene Leistungen
und mit Selbstvertrauen und Optimismus in die Zukunft
schauen. Die Katastrophenszenarien von SPD und AL lau
fen politisch ins Leere, da der Bürger von diesen Dingen
inzwischen die Nase voll hat.
[Beifall bei der F.D.P. und der CDU]
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