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Volume Nr. 82, 7. Dezember 1984

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1984/85, 9. Wahlperiode, Band V, 71.-86. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 9. Wahlperiode 
82. Sitzung vom 7. Dezember 1984 
Müller 
(A) nen sagen: Es wird nicht mehr auf der grünen Wiese ge 
baut! Es werden Baulücken geschlossen, es werden 
Schwerpunkte dort gesetzt, wo Bauen notwendig ist; und 
nicht allein die Neubautätigkeit 
[Freudenthal (AL): Die letzten Kindergärten 
werden zugebaut!] 
— Ja, wissen Sie, Herr Freudenthal, was Kindergärten mit 
Wohnungsbauförderung zu tun haben, das müssen Sie 
mir erst mal erklären; aber das zeigt etwa Ihre Sachkennt 
nis in dieser Frage! 
Wir haben, Herr Nagel, die Wohnungsbauförderung 
nicht umgestellt, weil wir uns von Fachleuten haben be 
lehren lassen müssen, daß dieses im ersten Jahrzehnt der 
Umstellung eine Haushaltsbelastung mit sich brächte, die 
einfach nicht zu verkraften ist. 
[Nagel (SPD); Fragen Sie mal Herrn Klingbeil!] 
Aber wir haben das Bauen billiger gemacht und haben 
nicht nur den Wohnungsneubau forciert, wir haben die 
Modernisierung vorangetrieben, die Instandsetzung, die 
Energieeinsparung. 121 000 Wohnungen sind in dieser 
Legislaturperiode modernisiert, instandgesetzt und mit 
energieeinsparenden Maßnahmen versehen worden. Wann 
haben Sie denn jemals so etwas geleistet? Als Herr 
Ristock erstmalig das sogenannte 20-Millionen-Programm 
verkündete für Instandsetzung außerhalb von Sanierungs 
gebieten, da haben Sie das mit einem publizistischen Auf 
wand verkündet, als ob da etwas Weltbewegendes pas 
sierte. 
Inzwischen betragen die Modernisierungs- und Instand- 
(B) setzungsmittel im Etat 1985 sage und schreibe 435 Mio DM. 
Das ist mehr als das 21fache, eine Steigerung von 2 100 %. 
Was sollten wir denn erst sagen, wenn Sie wegen der 
20 Millionen schon so ein Geschrei gemacht haben? 
Aber ich sage Ihnen eines; Wenn Sie damals, als Sie 
an der Regierung waren, als Regierende genauso gut ge 
wesen wären, wie Sie es heute im Sprücheklopfen sind, 
dann hätten die Berliner Sie nie davongejagt! 
[Beifall bei der CDU] 
Natürlich können nicht alle Wünsche befriedigt werden. 
Und wenn dann die Altbau-IBA und der Bezirk Kreuzberg 
kommen und sagen, daß wir ihnen zuwenig geben, dann 
werden wir ihnen sagen, daß sie bereits ein Drittel aller 
Mittel für Berlin bekommen und Wedding und Schöneberg 
sich bereits beschweren. Wir müssen nach Sachgesichts- 
punkten unsere Mittel vergeben und nicht an den, der am 
lautesten schreit. 
Wir haben Großprojekte angepackt. Die Kongreßhalle 
wird wiederaufgebaut. 
[Freudenthal (AL): Das ist noch nicht so sicher! 
Das Geld reicht doch nicht!] 
Der Kammermusiksaal wird gebaut, über den Sie zehn 
Jahre lang diskutiert haben. Wir haben beschlossen, daß 
er gebaut wird und die Mittel dafür bereitgestellt. Das 
Kulturforum wird geschaffen. Man kann natürlich darüber 
streiten, Herr Kollege Nagel, ob Hollein nun das Gelbe 
vom Ei ist oder nicht. Da gibt es wohl in allen Fraktionen 
unterschiedliche Auffassungen, denn Geschmacksfragen 
werden Gott sei Dank noch nicht durch Parteitagsbe 
schlüsse entschieden. Und nur bei uns hat man die Mög 
lichkeit — und das ist von diesem Platz hier aus gesche 
hen —, seine abweichende Meinung auch zu sagen. In der 
SPD darf niemand reden, der zur Wohnungspolitik ande- (C) 
rer Meinung als der Kollege Nagel ist. 
[Jungclaus (SPD); Sie sind doch ein Schlaumeier!] 
Das ist der Unterschied! 
Die Internationale Bauausstellung kommt voran. Sie 
wird zusammen mit der 750-Jahr-Feier im Jahre 1987 welt 
weit über Berlin hinaus Beachtung finden. Wir haben die 
Hausbesetzungen beseitigt. Wir sind im Augenblick ge 
rade dabei, die Bauordnung zu entbürokratisieren. 
[Wachsmuth (AL): Da lachen ja sogar die Verbände!] 
Das soll ja schließlich keine Bauverhinderungsverordnung 
sein. Bei Ihnen war das ja lange der Fall. 
Wir haben den Bezirken bei den Bebauungsplänen ein 
wesentliches Stück mehr an Kompetenz eingeräumt. Dies 
ist ein gutes Stück praktizierter Verwaltungsreform. Sie 
haben immer nur davon geredet, wir haben gehandelt. 
Der Senator für Stadtentwicklung und Umweltschutz hat 
den Entwurf eines neuen Flächennutzungsplanes vorge 
stellt. Damit ist zum Beispiel beabsichtigt, in den Außen 
bezirken die Zubetonierung zu verhindern. 
[Dr. Rüter (SPD): Siehe Rudower Felder!] 
Alles in allem meine ich, daß wir heute eine Bilanz vor 
legen können, die sich sehen lassen kann. Wir werden 
diese Arbeit auch in den nächsten vier Jahren fortsetzen. 
Und wenn Sie den Senator Franke persönlich angreifen 
und verunglimpfen, dann heißt das doch zweierlei: 1. Der 
Mann ist gut. Wenn er das nicht wäre, würden Sie ihn 
nicht beachten. Und 2. Die Sachargumente sind Ihnen aus 
gegangen, und deswegen versuchen Sie es mit der per- (D) 
sönlichen Attacke. 
[Beifall bei der CDU] 
Stellv. Präsidentin Wiechatzek: Nächster Redner ist der 
Abgeordnete Wachsmuth. 
Wachsmuth (AL); Frau Präsidentin! Meine Damen und 
Herren! Es ist schon bezeichnend, daß solche Debatten, 
wenn sie von einem Kollegen der CDU-Fraktion gerade 
beendet worden sind, sich immer dadurch auszeichnen, 
daß sie sich im wesentlichen mit Selbstbeweihräucherung 
und Selbstlob beschäftigen. Aber Sie sollten einmal tat 
sächlich zu einer selbstkritischen Bestandsaufnahme der 
Bau- und Wohnungspolitik bereit sein. 
[Dr. Mahlo (CDU): Es rühme niemand sich 
Enthaltsamkeit aus Mangel an Gelegenheit, 
Herr Kollege!] 
Da wir ja heute einen der größten Einzeletats des Ber 
liner Landeshaushalts zu besprechen haben, sollte auch 
nicht nur zu den Mietfragen oder den Fragen der Um 
wandlung und des Eigentums — alles sehr wichtige 
Aspekte — gesprochen werden. Ein ganz wichtiger Punkt 
ist sicherlich die Stadterneuerung und der Wohnungsbau. 
Im Bereich der Stadterneuerung haben wir ja nun ein 
Phänomen festzustellen. Ich bedauere es sehr, daß Herr 
Landowsky jetzt nicht im Raume ist, weil ich lieber mit 
Leuten als über Leute rede. Ich muß noch einmal auf 
einige Sätze eingehen, die gestern hier von ihm 'vorge- 
tragen worden sind. Es war davon die Rede, daß die 
Stadt schöner geworden ist, daß jetzt alles sehr viel far 
benprächtiger aussieht. Aber wie das so häufig in Ihrer 
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