Abgeordnetenhaus von Berlin - 9. Wahlperiode
82. Sitzung vom 7. Dezember 1984
Sen Fink
(A) Keine einzige Alternative! Und selbst bei seinen bösarti
gen Sozialkaspereien, die er dabei gemacht hat, ist er
noch nicht einmal erfolgreich. Er versucht, den Eindruck
zu erwecken, als ob der Senat von Berlin beispielsweise
bei Personalentscheidungen sich nicht an Leistungskrite
rien orientiere, und hat dazu die Berufung eines Beamten,
[Momper (SPD): Aus Caracas!]
der vorher im Entwicklungsdienst gearbeitet hat — Herrn
Dr. Kramer, um es noch genauer zu sagen —, als eine
parteipolitische Entscheidung hingestellt. Und dazu sage
ich nur: Selbst dieses ist Ihnen noch nicht einmal gelun
gen, denn der Personalrat, der ja ein Mitbestimmungs
recht bei der Besetzung dieser Stelle hat und der ja be
kanntlich in meinem Hause nicht überwiegend mit CDU-
Mitgliedern besetzt ist, hat aufgrund der Qualifikation
dieses Mannes sich dazu entschlossen, ihm den Vorrang
vor anderen zu geben; und auch der Landespersonalaus-
schuB hat wegen der Qualifikation dieses Mannes seiner
Einstellung zugestimmt. Und um auch das eben noch zu
Ende zu führen, Herr Abgeordneter Momper: Wenn wir
Leute einstellen, die das SPD-Parteibuch haben, dann
höre ich von Ihnen überhaupt nichts, da könnte ich bis
nach Äthiopien, Nicaragua oder sonstwohin telefonieren,
' aber in dem Moment, in dem wir einen qualifizierten
Mann aus der Entwicklungsarbeit einstellen wollen, grei
fen Sie zu dem Instrument der Denunziation. Und eben
das weise ich hier ganz entschieden zurück.
[Beifall bei der CDU]
Dieser Senat richtet sich nach Leistung, und zwar im
Unterschied zu vielem von dem, was vorher geschehen
ist!
(B)
Stellv. Präsident Longolius: Gestatten Sie eine Zwi
schenfrage, Herr Senator?
Fink, Senator für Gesundheit, Soziales und Familie:
Na, obwohl es mir beim Abgeordneten Momper immer so
ein bißchen schwerfällt, eine ja.
Stellv. Präsident Longolius: Herr Momper!
Momper (SPD): Herr Senator, ich stelle anheim, mich
das nächste Mal zu informieren, wenn Sie einen Sozial
demokraten einstellen sollten. Die Frage ist, ob es nicht
im Zusammenhang mit der Einstellung des Bewerbers
aus Caracas so war, daß Sie alle übrigen qualifizierten
Mitbewerber aus dem Hause vorher versorgt haben, so
daß er der einzige Bewerber war, der noch in Frage kam?
[Vetter (CDU); Unverschämt und frech!]
Fink, Senator für Gesundheit, Soziales und Familie:
Also, Herr Abgeordneter Momper, das ist Ihre übliche
Taktik: Da besorgen Sie sich irgendwo auf irgendwelchen
dunklen Kanälen irgendwelche Papiere, die von irgend
welchen Leuten erstellt worden sind, verkünden das in
der Öffentlichkeit, auch dann, wenn es überhaupt nicht
stimmt, versuchen damit, den Eindruck zu erwecken, daß
da irgend etwas nicht stimme, und in Wirklichkeit gehen
selbst Ihre bösartigen Sozialkaspereien alle nach hinten
los.
[Beifall bei der CDU]
In dem Zusammenhang sage ich noch ein Zweites,
Herr Abgeordneter Momper: Es wird Ihnen, auch wenn
Sie noch so sehr unterhalb der Gürtellinie versuchen,
einen der fähigsten Senatsdirektoren Berlins zu treffen (C)
und ins Abseits zu stellen, dieses nicht gelingen, und
ich sage Ihnen klipp und klar: Ich habe Ihnen auf An
forderung im Hauptausschuß einen Bericht zugeleitet,
einen siebenseitigen Bericht über das, wozu Sie auch
heute wieder subkutan einen Verdacht geäußert haben.
Sie haben nun mit keinem Wort dazu Stellung genom
men, was auf sieben Seiten ausführlich dargestellt wor
den ist. Dazu sage ich nur eines; So etwas ist der Ver
such, eine Rufmordkampagne zu machen, und das weise
ich auf das entschiedenste zurück.
[Beifall bei der CDU]
Und nun möchte ich zur Frau Abgeordneten Schulz
kommen.
[Momper (SPD): Das war's schon? Sehr wenig!]
Frau Abgeordnete Schulz, Sie haben damit angefangen
und zu Recht dahin gehend Ausführungen gemacht, daß
nun schon zum wiederholten Male der Abgeordnete Mom
per in überhaupt keiner Weise eine Alternative hier an-
geboten und insbesondere auch nichts zu dem gesagt
hat, wofür seine Partei in der Vergangenheit die Ver
antwortung getragen hat. Das haben Sie ausgeführt und
gesagt, Sie selbst wollten nun zeigen, wie es besser ge
macht wird. Also, offen gestanden, ich habe überhaupt
nichts gehört, keinen einzigen Vorschlag, keine einzige
Alternative, und wissen Sie, Frau Abgeordnete Schulz,
mir ist auch klar, warum nicht, denn gerade in Fragen der
Sozialpolitik sind mit Ausnahme der Fragen im Selbst
hilfebereich — das will ich Ihnen zugestehen, im Selbst
hilfebereich gibt es durchaus interessante Aufsätze, die
auch von seiten der Alternativen Liste mitentwickelt wor
den sind, das will ich gar nicht bestreiten —, aber in den (D)
anderen Fragen der Sozialpolitik, von der Behinderten
politik bis insbesondere zur Altenpolitik habe ich von
Ihnen außer nebulösen Wolken — einer allgemeinen Min
destversicherung, von der jedermann weiß, daß seit der
Einführung des Rentensystems 1957 diese Möglichkeit
nicht mehr besteht — überhaupt nichts an alternativen
Vorschlägen gehört. Und dann habe ich mir gedacht, viel
leicht könne man das einmal dort sehen, wo die Alter
native Liste bzw. ihre Freunde Verantwortung tragen,
vielleicht kann ich dort einmal erkennen, wo denn nun
die sozialpolitischen Alternativen der Alternativen und
Grünen wirklich liegen. Und ich habe demzufolge einmal
in die Koalitionsvereinbarung bzw. in die Duldungsver
einbarung geschaut, die die Grünen mit den Sozialdemo
kraten in Hessen abgeschlossen haben. Und, was soll ich
sagen, ich finde überhaupt nichts zu den Punkten; ich
hätte doch wenigstens erwartet, wenn Sie hier anmahnen,
daß die Sozialstationen nicht hinreichend finanziert wür
den, obwohl wir im nächsten Jahr 8,8 Mio DM für die
Sozialstationen ausgeben, daß, wenn Sie es wirklich ernst
meinen, Ihre Freunde in Hessen etwas gefordert hätten,
wo nämlich das Land Hessen keinen einzigen Pfennig für
die Sozialstationen dazugibt. Ja, wenn Ihnen das solch
ein Anliegen ist, Herr im Himmel, warum haben Sie es
denn dort nicht durchgesetzt?
[Beifall bei der CDU —
Kunzelmann (AL); Stimmen wir Ihnen voll zu!]
— Also, ich darf hier mal für alle Beteiligten klarstellen —
und das finde ich durchaus anerkennenswert —, daß auch
Frau Schulz und der Abgeordnete Kunzelmann eben Bei
fall gezollt haben. Ja, das freut mich, daß Sie das so
sehen.
[Frau Schulz (AL):
Wenn Sie recht haben, haben Sie recht!]
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