Abgeordnetenhaus von Berlin - 9. Wahlperiode
82.Sitzung vom /.Dezember 1984
Sen Wronski
(A) Das ist doch ein Faktum. Das alles wollen Sie abschaffen?
Wie kommen Sie auf solche Ideen? Wir hatten im vorigen
Jahr den Tiefpunkt des Transfers mit 3100 Spezialisten
und Facharbeitern, die am Arbeitsmarkt Berlin trotz 78 000
Arbeitsloser nicht vorhanden sind. Wir werden in diesem
Jahr — das wissen wir heute schon — 40 bis 45% mehr
nach Berlin geholt haben, über 4 500 werden es wieder
sein. Das ist übrigens einer der vielen Indikatoren, daß
die Wirtschaft greift, genauso wie der rasante Rückgang
der Kurzarbeit, der ein weiterer Indikator ist; Kollege
Pieroth wird Sie darauf noch einmal aufmerksam machen.
Hier in völliger Fehleinschätzung der Situation und kurz
sichtig zu fordern, diese Tätigkeiten, die mein Kollege im
Amt eingeführt hat, jetzt abzubrechen, das geht nicht.
Ich unterstelle nicht, daß hier Arglist im Spiel ist, das
wäre in der Tat schlimm. Das waren meine Anmerkungen'
zum Arbeitsmarkt.
Ich bin Ihnen noch einige Anmerkungen zum Komplex
der Eigenbetriebe schuldig.
[Landowsky (CDU): Sehr richtig!]
Der Herr Kollege Staffelt hat kurz, kräftig und laut, aber
im Ergebnis völlig falsch, dazu gesprochen. Ich weiß nicht,
worüber Sie gesprochen haben!
[Beifall bei der CDU und der F.D.P.]
Hier ist sowohl von Ihnen wie gestern in größerer Breite
wieder der Grobtenor der sozialdemokratischen Opposi
tionspolitik erkennbar gewesen, nämlich die sogenannte
Verelendungskampagne der SPD. Herr Schneider, Sie
haben gestern behauptet, innerhalb unserer Regierungs
zeit sei die BVG um 30 % teurer geworden — das ist
schlicht falsch. Der Zeitraum von 1982 bis 1984 — durch-
(B) schnittliche Tariferhöhung 23,3%. Im nächsten Jahr, wenn
Sie die 6,8 % dazurechnen, kommen wir in der Tat auf
über 30%, das ist richtig. Ich nehme die drei Zeiträume,
die Fakten sind, und sage Ihnen, wie die drei Jahre davor
im Durchschnitt bei der BVG ausgesehen haben. 23,3 %
jetzt; von 1979 zu 1981 — das haben Sie noch zu verant
worten, denn die Tarife von 1981 sind 1980 beschlossen
worden — 29,7 %.
[Krüger (CDU): Hört, hört!]
Und in den drei Jahren davor, 1976 bis 1978 — da waren
Sie doch auch an der Regierung — 49,6 %.
[Landowsky (CDU): Unerhört!]
Wie können Sie dann von Verelendungstheorien reden?
Das ist eine dreiste und unverschämte Verdrehung der
Tatsachen.
[Beifall bei der CDU und der F.D.P. — Buwitt
(CDU): Ist der Staffelt nicht sogar Vorsitzender
des Ausschusses? Was der sich erlaubt, ist
unmöglich!]
Die drei Zeiträume bei der GASAG sehen wie folgt aus:
CDU-Regierung 21,5% Tarifanhebung, SPD-Regierung
1979 bis 1981 28,4%, SPD-Regierung 1976 bis 1978 34,6%.
Wie können Sie angesichts einer solchen Entwicklung, die
nachzulesen ist, sagen, wir betrieben eine Verelendungs
politik, wir seien diejenigen, die die Tarife in die Höhe
trieben? — Sie haben sie in die Höhe getrieben, und wir
sind diejenigen, die die Tarife systematisch in gleich
mäßigem Abstand auf realistische Größen zurückführen.
[Beifall bei der CDU und der F.D.P. —
Staffelt (SPD): Sie reden doch dauernd
von Verelendungspolitik!]
Schauen Sie sich die übrige Entwicklung der letzten Jahre (C)
an. Was ich Ihnen am Beispiel der BVG und der GASAG
vorgerechnet habe, sind Fakten, die Sie verblüffen, weil
Sie Ihre Reden schlampig vorbereitet haben, weil Sie sich
die Fakten nicht ansehen und meinen, Sie kämen mit ein
paar flotten Worten über die Runden. Bei mir nicht, da
müssen Sie schon nachlesen, was los ist!
[Beifall bei der CDU und der F.D.P.]
Einige weitere Fakten: Was haben die Eigenbetriebe
in den letzten Jahren an Investitionsmitteln in die Ber
liner Wirtschaft hineingegeben? Ich nenne folgende Zah
len: 1981 von Ihnen in den Haushalten aller Eigenbetriebe
552 Mio DM. 1984 773,4 Mio DM, das sind 221 Mio DM
mehr, gleich 40% mehr Investitionsmittel aus den Eigen
betrieben in die Berliner Wirtschaft. Das gehört dazu, um
eine gerechte Bewertung des Wirtschaftsgeschehens die
ser Eigenbetriebe vorzunehmen. Die Eigenbetriebe haben,
wie kürzlich der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, ange
schoben durch den Senat, ein F- und E-Programm auf
gelegt, das in den kommenden Jahren mit 120 Mio DM —
dazu kommen Mittel des BMFT und aus anderen Haus
haltsstellen — zu Buche schlagen wird. Die Akquisition
technischer Anwendungspotentiale, eine naheliegende
Überlegung; Alle Eigenbetriebe, insbesondere die fünf
großen, haben natürlich ein rasantes und großes tech
nisches Anwendungspotential. Ich habe mich immer ge
fragt: Warum wird das nicht genutzt, warum wird das nicht
demonstrativ als Akquisitionsargument für unsere Stadt
benutzt?
Wenn wir andere Kommunen betrachten, nicht nur im
Inland, sondern auch im Ausland — und das haben wir
inzwischen, der Südostraum bietet sich hervorragend da
für an, man muß nicht über jede Dienstreise, die man (|
macht, groß reden, aber wir machen sie, und wir haben
Verbindungen mit dem Südostraum geknüpft, im west
lichen, zu Ihrer Beruhigung, keine Angst —, sollten wir
Akquisition technischer Anwendungspotentiale betreiben,
die da sind, als Demonstrationsobjekt,
[Staffelt (SPD): Sind wir ja einverstanden]
mit der Absicht, Hardware in Form von Aufträgen auf die
Berliner Wirtschaft zu leiten. Das scheint mir eine sinn
volle Symbiose zu sein, vorhandene Engagements im
technischen Bereich der Kommunalbetriebe in der rich
tigen und optimalen Weise zu nutzen.
Die Personalentwicklung dieser Eigenbetriebe, 1981 vor
gefunden: 26 916 Personale, 1984 ohne S-Bahn 26 454, eine
Reduktion, die sich in erster Linie aus dem begründeten
Abbau des Personalkörpers der BSR, wozu ich noch be
sonders etwas sagen werde, ergibt, und die begründet
und vertretbar ist. Daß uns die S-Bahn inzwischen weit
über 1 000 Arbeitsplätze im Bereich der öffentlichen Be
triebe gebracht hat, weiß jedermann hier im Raum.
Ausbildungsplätze; Ich habe darüber im Zusammenhang
mit Teil 1 meiner Anmerkungen bereits gesprochen. Die
Eigenbetriebe haben allein innerhalb von vier Jahren
301 Ausbildungsplätze mehr eingerichtet, 49 % mehr im
Jahre 1984 gegenüber 1981, ganz besonders hervorragen
des Engagement des Eigenbetriebes BSR!
[Beifall bei der CDU und der F.D.P.]
Und abschließend — das alles gehört zur wirtschaft
lichen Entwicklung — ist es gelungen, innerhalb der letz
ten drei Jahre 13,7 % aller Gesamtverluste der Eigen
betriebe zu reduzieren. 87,8 Mio DM zahlt die öffentliche
Hand im letzten Jahr weniger an Verlustzuschüssen als
in den zwei Jahren davor.
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