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Volume Nr. 81, 6. Dezember 1984

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1984/85, 9. Wahlperiode, Band V, 71.-86. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 9. Wahlperiode 
81. Sitzung vom 6. Dezember 1984 
Pätzold 
(A) alles richtig einschätze; er sollte es auch nicht bleiben! Bitte 
haben Sie deshalb Verständnis dafür, daß wir diesen Haushalt 
ablehnen werden. 
[Beifall bei der SPD] 
Stellv. Präsident Longolius: Die Kollegin Saß-Viehweger hat 
jetzt das Wort. 
Frau Saß-Viehweger (CDU): Herr Präsident! Meine Damen 
und Herren! Nach diesen Ausführungen, lieber Herr Kollege 
Pätzold, kann man eigentlich nur sagen: Gott weiß alles, aber 
Pätzold weiß alles besser! 
[Beifall und Heiterkeit 
bei der CDU und der F.D.P.] 
Sie haben hier einen Spaziergang durch alle möglichen 
Bereiche der Innenpolitik und auch ein paar umliegende 
Bereiche gemacht und haben mehr oder minder Vorwürfe 
unsubstantiiert aaneinandergereiht, die bei etwas näherer 
Betrachtung dann aber doch wohl nicht standhalten. Sie 
haben gesagt, hier werden nach dem Rasenmäherprinzip 
Stellen eingespart, und der Senat betätigt sich als Arbeits 
platzvernichter. Aber was ist denn eigentlich, wenn sich der 
Senat darüber Gedanken macht, welche Aufgaben eventuell 
entfallen könnten, welche Stellen man aus Funktionsgründen 
einsparen könnte; und wenn er das auf ein Papier schreibt, 
dann heißt das „Giftliste“ - das ist wieder die Kehrseite der 
Medaille. Wie man es auch anfängt, man wird es Ihnen nicht 
recht machen, und wie auch immer der Haushalt aussehen 
wird - da kann man sicher sein, daß Sie ihm ohnehin nicht 
zustimmen werden, so daß man sich folglich an der Sache 
orientieren sollte und nicht an dem, was Sie uns hier gesagt 
haben, was wir ohne Sie vielleicht nicht zustande gebracht 
hätten. 
Tatsache ist doch - um im Bereich der Stellenpolitik zu 
bleiben -, daß die Anzahl der Ausbildungsplätze erhöht 
wurde, daß auch die Teilzeitarbeitsmöglichkeiten erhöht wur 
den und somit auch mehr Menschen beschäftigt werden 
können-das kritisieren Sie nun allerdings auch schon wieder, 
weil Sie meinen, man würde Leute, die gar nicht teilzeit 
arbeiten wollen, dazu zwingen; ich kann Ihnen sagen, ich 
kenne genügend, die einen Teilzeitarbeitsplatz suchen und 
gar nicht so leicht einen finden. Es sind eingeschränkt worden 
die Möglichkeiten von Nebentätigkeiten, und das soll - das ist 
ja auch unser gemeinsames Bestreben - weiter geschehen, 
so daß hier, finde ich, sehr sachlich überlegte Einsparmöglich 
keiten genutzt werden. Sie können doch nicht sagen, daß der 
öffentliche Dienst dazu da ist, um die Arbeitsmarktsituation in 
irgendeiner Weise zu korrigieren oder auszugleichen - das 
würde doch zur Folge haben, daß wir bei geänderter Arbeits 
marktsituation dann auch die Leute aus dem öffentlichen 
Dienst wieder entlassen müßten, um die Stellen zu besetzen, 
und das kann doch wohl nicht so sein. Der öffentliche Dienst 
hat bestimmte Aufgaben zu erfüllen, und er braucht so viele 
Mitarbeiter, wie nötig sind, um diese Aufgaben sachgerecht zu 
erfüllen. Das heißt, man kann gegen die Einsparung einer 
Stelle sein, wenn man meint, da wird eine wichtige Aufgabe 
nicht mehr ausgefüllt; man kann doch aber nicht sagen: Ich 
brauche soundso viele Stellen, nur weil ich, aus welchen 
Gründen auch immer, so viele Leute beschäftigen muß. - Das 
ist nicht Aufgabe des öffentlichen Dienstes, das wäre die 
Überlegung in einem ganz anderen Bereich, nicht bei dem 
Haushalt des Innensenators, das kann man sich im Bereich 
von Wirtschaftsförderung und anderem überlegen. Da sind Sie 
ja immer gegen alle Maßnahmen, die von uns vorgeschlagen 
werden. 
Wenn Sie davon sprechen, daß es eine unglaubliche 
Personalpolitik gibt, dann wäre ich Ihnen doch sehr dankbar, 
wenn Sie außer nebulösen Andeutungen auch konkret würden (C) 
und das einmal gegenüberstellen würden der - würde ich 
sagen - zu 98% bestehenden Übermacht zugunsten Ihrer 
Parteigenossen im öffentlichen Dienst, dann würde sich das 
ganz anders darstellen. Aber diese Betrachtungen haben Sie 
früher nicht angestellt, die werden Sie heute sicher auch nicht 
anstellen. 
Ein Wort noch zum Thema Verwaltungsreform. Sie haben 
vielleicht gemeint, mich davon abzuhalten, etwas zu Ihren 
kritischen Äußerungen zu sagen, indem Sie mich ausdrücklich 
gelobt haben. Ich glaube nicht, daß mit dem, was bisher, von 
welcher Seite auch immer, zum Thema Verwaltungsreform in 
diesem Hause vorgelegt worden ist als mögliche Konsequenz 
aus dem Bericht der Enquete-Kommission, aller Tage Abend 
ist. Wir haben in unserem Bericht ausdrücklich gesagt, daß 
eine solche Reform nichts Statisches ist, sondern etwas 
Dynamisches, was sich entwickelt, und ich meine, so haben 
auch Sie es gemeint, daß wir einen Prozeß einleiten, der sich 
über Jahre und noch länger erstrecken wird und der nicht mit 
einer Vorlage erledigt ist, und dann sagt man: Ach! Das war 
schon alles? Das reicht uns nicht! - Wenn Sie jetzt selber nicht 
mehr wahrhaben wollen, daß damit eine Bewegung eingelei 
tet werden sollte, die jetzt erst anfängt, die noch weitergehen 
muß — 
[Pätzold (SPD): Das ist doch in dem 
Bericht alles vorprogrammiert!] 
- Nun seien Sie doch nicht so entmutigt, lieber Herr Kollege, 
bleiben Sie doch dran an den Dingen, die wir da beschlossen 
haben. Ich würde das gar nicht so verbissen sehen, wie Sie 
das tun. 
[Momper (SPD): Gut, daß Sie nicht mehr 
so lange dran sind!] (p) 
- Wie lange ich hier noch dran bin, das richtet sich nach 
meiner Redezeit. Über die haben Sie nicht zu entscheiden. 
Herr Kollege Pätzold! Sie haben hier mit einem Halbsatz 
gesagt: Der Innensenator hat sich um nichts gekümmert, und 
deshalb hatten wir sechs Tote am Augustaplatz zu beklagen. 
[Pätzold (SPD): Hab’ ich nicht gesagt!] 
Ich darf in Ihre Erinnerung rufen, daß wir gestern zu dieser 
Thematik eine sehr ernsthafte - von Einzelheiten vielleicht 
abgesehen - Diskussion hatten und daß diese billige Schluß 
folgerung nun wirklich von keinem Mitglied, auch den Kolle 
gen aller Fraktionen aus dem Ausschuß, geteilt wurde. Ich 
wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie vielleicht erst mit Ihren 
Kollegen aus dem Ausschuß reden, ehe Sie hier weiterhin 
solche Behauptungen aufstellen, die Sie auch seinerzeit 
aufgestellt haben-sie waren damals nicht zutreffend, und sie 
sind es auch heute nicht. 
[Beifall bei der CDU] 
Wenn wir heute über den Haushalt des Innensenators 
reden, dann sollten wir eigentlich uns auch einmal darauf 
besinnen, daß es sehr positiv ist, daß wir über viele Dinge, die 
uns früher viel Kopfzerbrechen gemacht haben, heute nicht 
mehr reden müssen. Wir müssen nicht mehr über eine große 
Anzahl besetzter Häuser reden, wir müssen nicht mehr über 
Krawalle reden und über Ausschreitungen, und wir müssen 
auch nicht mehr beklagen, daß die polizeiliche Präsenz auf 
der Straße zu gering ist. Nun kann man sicher über Schritte 
streiten, die jetzt eingeleitet worden und in der Erprobung 
sind. Ich möchte hier auch sagen, wenn wir neue Dienstzeiten 
erproben, sollte das eine wirkliche Erprobung sein, und dann 
sollten nicht die einen und die anderen versuchen, die 
Erprobung so laufen zu lassen, daß sich genau das erweist, 
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