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Volume Nr. 81, 6. Dezember 1984

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1984/85, 9. Wahlperiode, Band V, 71.-86. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 9. Wahlperiode 
81. Sitzung vom 6. Dezember 1984 
I 
(A) 
(B) 
Landowsky 
Wir haben versucht, diesen Wohnungsmangel zu beseitigen. 
Nachdem wir diesen Wohnungsmangel beseitigt haben, wird 
die Wohnraumreserve von Jahr zu Jahr größer werden 
[Kunzelmann (AL): Nur kann es niemand bezahlen!] 
- mit allen Problemen, die sich daraus ergeben. So hat sich 
auch das Problem der Hausbesetzerbewegung gelöst; die 
Hausbesetzerbewegung ist kein politisches Problem mehr für 
diese Stadt. Sie hat sich aufgelöst, sie ist nicht mehr unser 
Punkt. Die Bürger haben dieses Thema, das diese Stadt 
beeinträchtigt hat, abgehakt. 
[Dr. Köppl (AL): Abgehakt? - 900 Strafverfahren 
sind nicht abgehakt!] 
Und dennoch haben wir etwas gemacht: Wenn junge Men 
schen damals aus Idealismus versucht haben, neue Wohnfor- 
men zu finden, so haben wir diesen Menschen sogar die 
Chande gegeben gegen viele Angriffe derjenigen, die uns 
vielleicht politisch nahestehen. Nein, wer es ernst meint mit 
der Selbstverwirklichung, hat unter unserer Regierung eine 
Chance zur Selbstverwirklichung. 
[Beifall bei der CDU und der F.D.P. - Dr. Köppl 
(AL): Warum machen Sie keine Amnestie, wenn 
das abgehakt ist?] 
Diese liberale Haltung. 
[Dr. Köppl (AL): Liberal?] 
diese preußische Toleranz zeichnet nicht nur Richard von 
Weizsäcker aus, sondern diese liberale Toleranz zeichnet 
auch Eberhard Diepgen aus. 
[Beifall bei der CDU und der F.D.P. - Dr. Köppl 
(AL): Herr Landowsky, 900 Jugendliche sitzen 
dafür im Knast! Das ist nicht abgehakt!] 
- Herr Kollege Dr. Köpl, ich sage Ihnen die Bewertung aus 
meiner Sicht: Das Hausbesetzerproblem ist in dieser Stadt 
gelöst. Jeder, der sich an das Gesetz hält, hat in dieser Stadt 
eine Selbstverwirklichungschance. Das können Sie doch in 
keiner Weise bestreiten. 
Wir haben genügend Wohnungen in der Stadt, und deshalb 
sind wir an einen zweiten Bereich herangegangen, der oft 
immer als erster genannt wird: die Frage der Bezahlbarkeit 
dieser Wohnungen. Die Frage der Bezahlbarkeit ist ein großes 
Problem - und damit haben Sie ja schon eine Vielzahl von 
Wahlkämpfen bestritten ob im Altbau oder im Neubau. Nun 
haben wir etwas gemacht, von dem der Kollege Schneider 
noch in einem Halbsatz gesagt hat: Im Prinzip sind wir auch 
nicht dagegen! - Man muß sich einmal die Dimension vorstel 
len: Wir haben ein System landeseigenen Mietausgleichs 
geschaffen - das ab 1. Januar 1985 gilt -, das Zehntausende 
von Familien entscheidend unterstützt, und zwar nach sozia 
ler Dringlichkeit, nicht nach dem Gießkannenprinzip, wie Sie 
das früher getan haben. Die Familien, die Geringverdienen 
den, die Mehrpersonenhaushalte werden zum Teil - habe ich 
gehört - mit mehreren hundert Mark im Monat durch ein 
landeseigenes Wohngeldgesetz subventioniert. Das ist eine 
Aufbauleistung, von der Sozialmieter in Nordrhein-Westfalen, 
Hamburg und Bremen nur träumen können. 
[Beifall bei der CDU und der F.D.P.] 
Das wollte ich Ihnen eigentlich einmal sagen. 
Es gab einen Bericht in der Fernsehsendung „report". In 
dieser Sendung wurden die beiden Hauptstädte Bremen und 
Berlin gegenübergestellt. Ich weiß nicht, wer das von Ihnen 
vor drei Wochen gesehen hat. Das hätte Ihnen eigentlich die (C) 
Schamröte ins Gesicht treiben müssen, wie sozialdemokrati 
sche Senate mit ihren Bürgern umgehen. Berlin ist dagegen 
ein wahres Paradies. 
Wir fangen uns natürlich auch Vorwürfe ein, nicht nur von 
Bremen, wie es heute in den Zeitungen steht, sondern auch 
von Niedersachsen und den von uns regierten Ländern. Wir 
versuchen, die Nischen, die aufgrund der Sparpolitik des 
Bundes eingetreten sind, durch eigene Maßnahmen mit 
unseren Mitteln auszugleichen. Wir sind der Meinung, daß das 
sein muß. Wohnen ist ein Grundproblem für diese Stadt. 
Keiner darf in seinem Wohnstand verunsichert werden, meine 
Damen und Herren. Dazu gehören genügend Wohnungen. 
Dazu gehört aber auch, daß die Leute diese Wohnungen 
bezahlen können, und darauf können sich die Bürger bei uns 
verlassen. 
[Beifall bei der CDU und der F.D.P.] 
Wir haben trotz der Warnung einer Reihe uns Wohlgesonne 
ner gesagt: So, wie wir dem einen Geld geben, sind wir auch 
bereit, dem anderen Opfer zuzumuten. - Wir haben jahrelang 
in diesem Haus, als Sie noch in der Regierungsverantwortung 
waren, die Diskussionen geführt, wie die Fehlsubvention im 
öffentlich geförderten Wohnungsbau abgebaut werden kann. 
Wir haben gesagt; Jawohl, wir sind für die Fehlbelegungsab 
gabe, weil wir die unselige Diskussion beenden wollten, die 
Sie mit uns geführt haben, ob die Leute aus ihren Sozialbau- 
Wohnungen raus sollen und wir das nicht für gerechtfertigt 
gehalten haben. Die Fehlbelegungsabgabe ist gerecht. Wir 
bitten die Bürger um ihr Verständnis dafür. Wer mehr verdient 
als die Einkommensgrenzen im sozialen Wohnungsbau, muß 
sein Solidaropfer abliefern, damit wir die gering Verdienen 
den finanzieren können. Ich halte das auch vor den Wahlen 
aus dem Gesichtspunkt der Ehrlichkeit für erforderlich. Wir (D) 
müssen dem Bürger ehrlich in die Augen blicken und das nicht 
nach den Wahlen verschieben. Deshalb machen wir das auch 
für den 1. Januar, und wir bitten deswegen um Verständnis. Es 
ist nicht leichtgefallen. Ich finde aber, daß diese Politik ein 
Gebot der Ehrlichkeit ist. Deshalb haben wir es auch zum 1. 
Januar eingeführt. 
[Beifall bei der CDU] 
Der Senat hat seinerseits aufgrund des hohen Angebots, 
das wir in dieser Stadt haben, noch einmal vorletzten Dienstag 
die Höchstgrenzen für diesen Personenkreis zurückgenom 
men. Kollege Nagel hat gestern danach gefragt. Wir sind 
verpflichtet, die Bürger mit einer Aufklärungskampagne dar 
auf hinzuweisen, daß diejenigen, die zwei Mark Fehlbele 
gungssubventionsabgabe zahlen, sich erkundigen, ob die 
Gesamtbelastung aus zwei Mark Fehlbelegungsabgabe plus 
Miete die vom Senat festgesetzten Höchstgrenzen übersteigt; 
dann würde nämlich die Fehlbelegungsabgabe gekürzt wer 
den. Dies wird eine Aufgabe des Senats sein, vielleicht aber 
auch der Presse, meine Damen und Herren, dies dem Bürger 
klarzumachen, daß sie in diesem Falle ihrer Rechte nicht 
verlustig gehen. 
Damit ist übrigens auch die Diskussion beendet, ob die 
Leute im sozialen Wohnungsbau wohnen bleiben können. Ja, 
sie können wohnen bleiben, und selbst Frau Reichel-Koß 
könnte wieder zurückziehen. 
[Heiterkeit und Beifall bei der CDU] 
Wir werden auch die Altbaumieten im Griff behalten. Wir 
haben die Altbaumieten in diesem Jahr um 2% erhöht. Wir 
sind sicher, daß wir ein ausreichendes Wohnungsangebot in 
dieser Stadt schaffen werden, damit die Altbaumieter eine 
Sicherheit hinsichtlich der Mietgestaltung haben. 
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