Path:
Volume Nr. 81, 6. Dezember 1984

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1984/85, 9. Wahlperiode, Band V, 71.-86. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 9. Wahlperiode 
81. Sitzung vom 6. Dezember 1984 
Landowsky 
(A) Politikbereiche den Bürgern dieser Stadt jeweils als Bedro 
hung, möglichst als existentielle Bedrohung darzustellen. 
Dem kann sich der einzelne dann vielleicht auch gar nicht 
entziehen noch erwehren, und er ist deshalb auf die Mei 
nungsführerschaft einer ganz bewußten oder besonders poli 
tisch bewußten Minderheit angewiesen. Nein, wir gehen 
davon aus, daß die gesellschaftlichen Probleme in der Politik 
lösbar sind. Die Kunst der Politik ist es nach unserer Überzeu 
gung, den Bürgern Lösungsmöglichkeiten anzubieten und sie 
nicht fatalistisch dem Schicksal zu überlassen. Unsere Politik 
beinhaltet deshalb in der Tat immer - auch wenn Sie uns das 
vorwerfen - eine große Portion Zuversicht und Optimismus. 
[Beifall bei der CDU - Freudenthal (AL): Jetzt 
kopieren Sie aber die AL] 
Ich bin zwar nicht der Meinung, daß in der Politik der Glaube 
Berge versetzen kann, 
[Freudenthal (AL): Die jungen Wähler werden 
Ihnen nicht glauben!] 
aber richtig ist, daß diese Stadt durch Optimismus und 
Zuversicht in den letzten dreieinhalb Jahren enorm nach vorn 
gebracht worden ist. 
[Beifall bei der CDU und der F.D.P.] 
Ich wende mich an diejenigen, die gestern beispielsweise 
einmal - Ihnen mute ich das nicht zu, aber bei den Sozialde 
mokraten gibt es welche - in die Zeitschrift „Capital“ geblickt 
haben: 
[Momper (SPD): Ach, die lesen Sie immer! Der 
(B) Herr Bankdirektor liest „Capital“!] 
Da gab es einen interessanten Städtevergleich. Wer hätte 
denn vor dreieinhalb Jahren erwartet, daß in der Präferenz 
von Arbeitnehmern bis Unternehmern, von Oberstadtdirekto 
ren bis Politikern Berlin im Städtevergleich heute wieder an 
der Nummer 1 steht? - Das können Sie dort nachlesen! Ist das 
nicht ein Erfolg der Politik für die Menschen, die wieder stolz 
auf ihre Stadt sein können? 
[Beifall bei der CDU und der F.D.P. - Tietz (AL): 
Das schlägt sich nicht bei den Arbeitsplätzen 
nieder!] 
-Werden Sie nicht unruhig! Sie können sich darauf verlassen, 
daß ich auch dieses Thema ausführlich abhandle, Herr 
Kollege Tietz. 
[Tietz (AL): Sie unterstützen ja nur die Großunter 
nehmen, und die rationalisieren sowieso! - Mom 
per (SPD): Deshalb liest er ja „Capital“!] 
Zunächst ein Wort zur Wohnungspolitik; Das Grundbedürf 
nis gesicherten Wohnens ist die Grundvoraussetzung für 
Leben und Arbeiten. Darüber kann es überhaupt keinen 
Zweifel geben. 
[Momper (SPD): Ja, deshalb vermittelt der Prill ja 
auch immer!] 
Gerade der Bereich des Wohnens, also der Wohnungsmangel, 
die ungerechte Verteilung der Wohnungen, waren doch die 
Gründe dafür, weshalb Sie 1981 aus der Regierungsverant 
wortung abgelöst worden sind; Tausende von fehlenden 
Wohnungen, Tausende von leerstehenden Wohnungen, stän 
dig steigende Mieten, eine Verunsicherung der Bewohner 
durch Spekulanten in Wohneigentum. Daneben sind Stadtge- (C) 
staltung und Stadtkultur auf der Strecke geblieben. 
[Wachsmuth (AL); Das ist jetzt alles anders! - 
Kunzeimann (AL): Fragen Sie doch mal Herrn 
Rasch, was die Spekulanten heute machen! 
Dessen Partei ist doch gekauft worden! - Glocke 
des Präsidenten] 
Präsident Rebsch: Herr Kunzeimann! 
Landowsky (CDU): Herr Kunzeimann, es gelingt Ihnen nicht, 
in den letzten drei Parlamentstagen ein einigermaßen zivili 
siertes Verhalten an den Tag zu legen. 
[Beifall bei der CDU und der F.D.P.] 
Die Stadtkultur dieser Stadt war geprägt durch den Begriff 
der Kälte. In dieser Stadt hat sich im Prinzip kaum jemand 
mehr heimisch und wohnlich gefühlt. 
[Oh! bei der SPD] 
Sportpalast, Wertheim-Fassade sind markante Beispiele. Die 
se Politik hat doch dazu geführt, daß Junge Leute unter 
Außerachtlassung von Recht und Gesetz versucht haben, auf 
diese Mißstände durch Häuserbesetzungen hinzuweisen. Ich 
habe das in der vorletzten Sitzung schon einmal gesagt: Sie 
haben das bei diesem Protest nicht gelassen, sondern sie 
haben versucht, sich in unsozialer Weise an der Schlange der 
Wartenden vorbeizudrängeln und haben damit ihren Aktionen 
auch noch den sozialen Anschein genommen. Sie haben 
anschließend rechtswidrig versucht, mit Gewalt ihre Besitz 
stände zu verteidigen. Darauf haben wir die Antwort gegeben, 
wie sie in einem demokratischen Rechtsstaat erforderlich ist: 
Wo Rechte anderer beeinträchtigt sind, muß die öffentliche 
Hand eingreifen und Recht und Gesetz wieder Geltung ver 
schaffen. Das war der eine Punkt. Und der andere Punkt: Wir 
haben die Ursachen beseitigt, die zu diesen Häuserbesetzun 
gen geführt haben. In erster Linie haben wir den Wohnungs 
mangel beseitigt. Herr Kollege Schneider, was Sie hier eben 
erzählt haben, entspricht doch in keiner Weise den Tatsachen. 
Sie wissen doch ganz genau, daß diese Stadt genügend 
Wohnungen hat. In der Tat sind seit der Übernahme der 
Regierungsverantwortung nicht 50000 fertig geworden - heu 
te müssen wir uns schon mit der Frage auseinandersetzen, ob 
es überhaupt sinnvoll ist, diese 50000 zu bauen. Wir sagen: 
Jawohl! Wir wollen in diese Leerraumreserve hineingehen, 
[Longolius (SPD): Lernfähig! - Momper (SPD): 
Das geht aber schnell!] 
weil wir endlich aufhören wollen mit dem, was das Bewußtsein 
unserer Eltern und Großeltern noch geprägt hat, daß diese 
Stadt nämlich seit der Jahrhundertwende Wohnungsmangel 
gehabt hat. Nein, der Wohnungsmangel in dieser Stadt muß 
beseitigt werden - deswegen bauen wir auch diese 50000 
Wohnungen, Seit 1981 sind 32000 Wohnungen bezogen wor 
den; es befinden sich 17000 Wohnungen im Bau, und es 
kommen in 1985 noch einmal 7000 Wohnungen hinzu. 
[Momper (SPD): Und 35000 stehen leer! Das 
gehört auch dazu, nicht?] 
Daneben sind 120000 Wohnungen modernisiert worden. Das 
ist eine Aufbauleistung in Zeiten knapper öffentlicher Kassen, 
die unvergleichbar ist mit jedem anderen Ballungszentrum in 
der Bundesrepublik Deutschland. 
[Beifall bei der CDU und der F.D.P.] 
5056
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.