Abgeordnetenhaus von Berlin - 9. Wahlperiode
80. Sitzung vom 5. Dezember 1984
Stellv. Präsident Longolius
ne Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das
Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Bei
Enthaltungen der AL-Fraktion so beschlossen.
Lfd. Nr. 18c, Drucksache 9/2326:
Beschlußempfehlung des Ausschusses für Stadtent
wicklung, Umweltschutz und Verkehr vom
29. November 1984 zur Vorlage - zur Beschlußfassung
- über den 40. Änderungsplan vom 1. November 1983
zum Flächennutzungsplan von Berlin vom 30. Juli 1965,
Drucksache 9/2179
Das Wort in der Beratung hat der Kollege Dr. Meisner.
Dr. Meisner (SPD): Herr Präsident! Meine Damen und
Herren! Es handelt sich bei diesem 40. Änderungsplan zum
Flächennutzungsplan um die Ermöglichung der Erdefunkstel
le der Post. Es geht hier um die Frage der Berechtigung dieser
Anlage, denn das ist die einzige Möglichkeit, zu dem Ände
rungsplan etwas zu sagen, und es geht um den Standort.
Ich sage zur Berechtigung, daß die Post sich mit dieser
Satellitenkopfstation gewaltige Überkapazitäten im Fernmel
debereich schafft. Ein erwarteter Engpaß in den terrestrischen
Fernmeldeverbindungen und in diesem Kabel, das nach wie
vor unversehrt durch die DDR läuft, für 1985/86 wird als Anlaß
genommen, die Transportmöglichkeiten, die Transportwege
für die Medienpolitik des Bundespostministers zu schaffen.
Wir lehnen daher das Angebot aus medienpolitischen Grün
den ab.
Und die Frage nach dem Standort: Ich glaube, in der
Ausschußberatung hat sich gezeigt, daß keine ausreichende
Suche nach Alternativstandorten stattgefunden hat; die Se
natsverwaltung hat einfach die Argumente der Post jeweils
übernommen. Und es handelt sich nicht zuletzt auch um eine
weitere Verschandelung eines Erholungsgebiets für alle Ber
liner. Die SPD lehnt daher den 40. Änderungsplan ab.
[Beifall bei der SPD]
Stellv. Präsidentin Wiechatzek: Nächster Redner ist der
Abgeordnete Dr. Legien.
Dr. Legien (CDU): Frau Präsidentin! Meine Damen und
Herren! Die CDU-Fraktion wird diesem Änderungsplan zu
stimmen. Die Einrichtung der Post, um die es hier geht, ist
unabdingbar notwendig. Der Senat hat sich die Entscheidung
in der Standortfrage in keiner Weise leichtgemacht, sondern
es sind eine ganze Anzahl von zunächst möglich erscheinen
den Standorten geprüft worden. Und alle Gesichtspunkte
berücksichtigend hat sich der Senat dann für diesen konkreten
Standort entscheiden müssen.
Wir sind hier in Berlin auf jederzeit leistungsfähige Fern
meldeverbindungen angewiesen: wir können uns keine Pan
nen und keine Engpässe leisten, weder im gewerblichen noch
im privaten Bereich. Es gibt schon jetzt Überlastungen der
Fernsprechverbindungen. Die Landespostdirektion hat auf
grund der Ergebnisse eines wissenschaftlich einwandfreien
Prognoseverfahrens dargestellt, daß hier in den verschieden
sten Bereichen weitere Engpässe zu erwarten sind. Die
Wirtschaft richtet sich in immer stärkerem Maße auf Datenver
kehr aus; 1985 oder 1986 wird die Kapazität der bisherigen
Übertragungswege endgültig erschöpft sein, und das heißt,
daß neue zur Verfügung gestellt werden müssen. Ebenso ist
darauf hingewiesen worden, daß die technisch und politisch
vernünftigste Lösung eben diese Ausrichtung auf den Satelli
tenweg ist und daß wir töricht wären, wenn wir alle Hoffnungen
auf Verhandlungen mit der DDR über eine Glasfaserverbin
dung setzen würden. Denn Sie haben ja gehört, es ist in den
Ausschüssen vorgetragen worden, daß diese Verhandlungen
mit der DDR sehr schnell ins Stocken geraten sind. Und wenn
wir uns weiter darauf verließen, würde'eines Tages der (C)
Zeitpunkt kommen,
[Zuruf des Abg. Kunzelmann (AL)]
wo uns dann die Preise von der DDR diktiert werden können,
und das will doch wohl keiner.
[Tietz (AL): Sind Sie eigentlich gegen den Ost-
West-Dialog, Herr Legien?]
Hinzu kommt, daß die Post neue Dienste und die Digitalisie
rung ihrer Dienste plant. 1985 bis 1990 wird es das Kabelpilot
projekt geben, das auch die Heranführung von Programmen,
nicht nur die Einspeisung von hier produzierten Programmen
vorsieht, und darunter werden auch öffentlich-rechtliche Pro
gramme sein, um das nur einmal so nebenbei zu bemerken.
Und 1987 werden wir hier nicht nur die 750-Jahrfeier haben,
sondern wir werden wieder eine internationale Funkausstel
lung in unserer Stadt haben, und wir können nicht erwarten,
daß uns irgendwelche technische Glanzpunkte zugedacht
werden, wenn wir nicht einmal ausreichende Übertragungs
wege in Aussicht stellen können.
Berlin darf und kann nicht von der weiteren technischen
Entwicklung abgekoppelt werden, im Gegenteil, es soll im
Bereich der Telekommunikation zu einem Zentrum der Wei
terentwicklung werden. Deshalb stimmen wir zu.
[Beifall bei der CDU]
Stellv. Präsidentin Wiechatzek: Nächster Redner ist der
Abgeordnete Freudenthal.
Freudenthal (AL): Meine Damen und Herren! Herr Abgeord
neter Legien hat die Telekommunikationszukunft in rosigsten (D)
Zügen dargestellt; ich wäre damit vorsichtiger. Kollege Meis
ner hat dazu schon gesagt, daß sich die Post hier eine
Überkapazität schafft. Das möchte ich deutlicher darstellen.
Die Post hat im Ausschuß eine Grafik vorgelegt, aus der
deutlich hervorgeht, daß die Post zunächst sehr vorsichtig
ausgebaut hat. Wir kannten die Argumente der Post: Wenn mal
gemeckert wurde, daß man zu bestimmten Zeiten schlecht
durchkommt, dann wurde gesagt, man könne doch nicht für
jeden Spitzenbedarf bauen. Etwa 1980 begann dann eine neue
Politik, dann wurde rapide ausgebaut, soweit dies möglich
war. Und siehe da: Natürlich hat man im Gleichklang etwas die
Spitzen erhöhen können. Ich weiß aber nicht, ob das der Sinn
der Sache ist, so nach dem Motto: Jedes Angebot schafft sich
seine Nachfrage. - Doch das muß nicht unbedingt sein.
Der zweite Punkt: Die Post argumentiert im Zusammenhang
mit dieser Erdefunkstelle mit dem immensen Datenverkehr,
der befriedigt werden soll. Dabei sehe ich enorme Probleme,
denn die Datenübertragung in einem solchen Stil führt auch zu
erheblichem Mißbrauch. Weil eben die Datenverarbeitungsin
strumente vor Mißbrauch nicht oder so gut wie nicht geschützt
sind, ist es ein Problem, diesen immensen Datenaustausch so
leicht zu ermöglichen. Gerade in diesem Zusammenhang
sollten wir sehr viel vorsichtiger sein. Diese Erdefunkstelle,
dieser immense Kapazitätsausbau, führt zu einer Versu
chung, durch lukrative Preise für bestimmte Ausdehnungen in
diesem Bereich, durch Angebote auf Kosten lor Normalbenut
zer. Das führt also zu erheblichen Problemen, zu einer
unverhältnismäßigen Entwicklung, die eigentlich nicht er
wünscht ist. Ich glaube, deshalb ist die Investition nicht gut
überlegt. Wenn Sie das noch ausspielen gegen das Glasfaser
kabel durch die DDR, dann wird das sehr problematisch. Was
machen Sie mit der Überkapazität, wenn beides kommt? - Ich
glaube, das ist ein Punkt,
[Zuruf von der SPD: Ich glaube, denen fällt noch
was ein!]