Abgeordnetenhaus von Berlin - 9. Wahlperiode
76. Sitzung vom 25. Oktober 1984
Lorenz, Gerald
quantitativ als auch qualitativ gedeckt worden ist, während
vorher das Chaos geherrscht hat! Wer soll Ihnen denn einen
solchen Quatsch glauben? - Die Tatsache ist eine andere: Wir
haben eine Miethöhe-das zeigt sich z. B. an diesem Problem
der Fehlsubventionierungsabgabe in den Sanierungsgebie
ten die im Verhältnis zu den Realeinkommen der vergange
nen Jahre im sozialen Wohnungsbau zunehmend zu einem
Problem geworden ist. Auch dies muß einen wieder darüber
nachdenken lassen, ob die Fehlsubventionierungsabgabe, so
wie sie - in Bonn, nicht in Berlin - strukturiert worden ist,
tatsächlich der richtige Weg ist. Man muß es anhand der
aktuellen Probleme sehen, und da ist die Miethöhe im sozialen
Wohnungsbau der Ausgangspunkt. Wenn Sie auf eine akzep
table Miethöhe für den Normalmieter im sozialen Wohnungs
bau - 100% - die Fehlsubventionierungsabgabe aufschlagen
würden, wäre das nirgendwo ein Problem - das Problem ist
aber, daß Sie mit Ihrer so hoch gelobten Mietobergrenzenre
gelung eine allgemeine Mietobergrenze von 8 DM pro Qua
dratmeter haben; das ist der Ausgangspunkt für die 90 bis
100% innerhalb der Einkommensgrenzen Liegenden. Wir
werden das der Öffentlichkeit sehr wohl noch bis zur Wahl
während des Wahlkampfes klarmachen können.
[Sen Franke; Ja, gern!]
Wenn Sie glauben, das als einen Wahlschlager benutzen zu
können - eine allgemeine Mietobergrenze im sozialen Woh
nungsbau von 8 DM/qm für den Normalverdiener -, dann weiß
ich nicht, wie Sie das begründen wollen.
[Braun (CDU): Mit sozialer Gerechtigkeit!]
In diesem Zusammenhang muß man einen kleinen Exkurs
zum Altbau machen, obwohl er heute nicht das Thema
bestimmt. Sie sollten mehr die offiziellen Statistiken lesen;
denn da gibt es in der nüchternen Zeitschrift „Berliner
Statistik“ vom März 1984 eine Überschrift zu der Mietentwick
lung in Altbauwohnungen, die lautet; „Preisexplosion bei
Altbaumieten“, dabei bezieht man sich auf die Jahre 1982 und
1983 - Herr Nagel hat die Zahlen schon genannt: 10,3% in
1982, 17,4% in 1983. Das wird in dieser sachlichen, nüchter
nen, amtlichen Zeitschrift des Statistischen Landesamtes als
die Preisexplosion bei Altbaumieten genannt; und da ist die
Zahl für 1984 noch gar nicht dabei.
[Beifall bei der SPD]
Ich komme zurück zu den Sozialwohnungen. Der Bedarf
hängt natürlich mit der Miethöhe zusammen. Das ist völlig
klar!
[Landowsky (CDU): Bei Miethöhe null ist der
Bedarf unendlich!]
-Ja, natürlich, aber mit solch einem Witzchen kann man sich
nicht aus dem Problem herausmogeln, Herr Landowsky. - Bei
einer stagnierenden Realmietobergrenze im sozialen Woh
nungsbau von 8 DM/qm für den Normalverdiener bei stagnie
renden Realeinkommen ist es eben das Problem, daß die
Nachfrage nicht mehr so vorhanden ist wie in früheren Jahren.
Das ist der einfache Zusammenhang, den Sie hochstilisieren
wollen zu einem besonderen Erfolg. Und Sie, Herr Senator,
scheuen da auch nicht vor Taschenspielertricks zurück, wie
Sie sie eben in Ihrer Rede vorgeführt haben, als Sie sagten,
Sie hätten die Kostenmiete von 31 DM/qm auf 28 DM/qm
gedrückt. Die Begründung könnten Sie doch Ihren eigenen
Unterlagen entnehmen: Die Zinsen sind inzwischen gesun
ken, und deshalb ist die Kostenmiete niedriger.
[Sen Franke: Nicht nur die Zinsen!]
Sie sagten dann, der Preis einer Wohnung liege heute unter
300000 DM, vorher habe er darüber gelegen- aber entschuldi
gen Sie bitte, die Wohnungen waren zu der Zeit, auf die Sie (C)
sich beziehen, auch größer; und heute bauen Sie kleinere
Wohnungen, dadurch kommt so ein Preis heraus! Sie hätten
mit den wirklichen Vergleichszahlen arbeiten müssen, alles
andere sind Taschenspielertricks, mit denen Sie nicht weiter
kommen.
Ich will Ihnen noch etwas sagen, was zu dem Bedarf paßt;
das betrifft die Förderungsprogramme. Was machen Sie? -
[Sen Franke: Eine vernünftige Politik!]
Das, was in der Öffentlichkeit als Sozialwohnung verstanden
wird, ist die Mietwohnung im 1. Förderungsweg. Diese Woh
nung wird von der Bevölkerung allgemein als Sozialwohnung
im Neubau betrachtet. Aber alle Senkungen in Ihren Förde
rungsprogrammen gehen zu Lasten dieser Wohnungen: 3500
in 1985,3000 in 1986, und das geht herunter auf 1900. Und was
geschieht für die Besserverdienenden oder die wirklich gut
Verdienenden? - Sie bauen außerhalb des 1. Förderungswe
ges ja nun nicht für die, die etwas überden Einkommensgren
zen liegen, sondern für die wird im 3. Förderungsweg gebaut.
Das heißt: Mieten von über 10 DM —
[Sen Franke: Wir bauen nach Bedarf!]
- Ich verstehe schon, daß Sie das so machen wollen, aber man
muß einmal erklären, welche Ideologie dahintersteckt. Man
muß vielleicht nicht sagen: Ideologie, sondern; welches Be
wußtsein. Sie wollen mehr für die Besserverdienenden bauen
und weniger für die eigentlichen Sozialmieter.
[Preuss (CDU): Das ist doch Quatsch!]
Das geht aus den nüchternen Zahlen hervor: Die Wohnungen
außerhalb des 1. Förderungsweges werden beibehalten; nach
der Finanzplanung sind es 1300 in jedem Jahr, und die Zahl (D)
wird nicht zurückgenommen. Zurückgenommen werden die
Sozialwohnungen von heute 4200 auf 1900. Auf wen achten Sie
also bei dem Bedarf?- Sie sagen: Der Bedarf ist gedeckt, - bei
den Leuten, die nur niedrige Mieten zahlen können,
[Landowsky (CDU): Sie haben doch heute schon
soviel Fehlbeleger! Wer soll denn da rein?]
Sie wollen bauen - zugegeben: Man muß auch in der Stadt
weiter Neubau betreiben, das ist völlig klar - und tun es
schwergewichtig nur für Leute, die besser verdienen, die
mehr Miete zahlen können.
Übrigens noch ein Wort zu der Zweckbindung der Fehlbele
gungsabgabe: Sie steht so im Gesetz —
[Landowsky (CDU): Da sparen wir andere Mittel!]
- Richtig! Ich wollte Ihnen vorwerfen, daß Sie so tun, als
würden mit der Fehlbelegungsabgabe nun endlich Mittel
dasein, um Obergrenzen zu finanzieren. So ist es aber nicht.
Lesen Sie noch einmal die Beratung des Gesetzes nach: Das
Fehlsubventionierungsgesetz ist entstanden in der Einschät
zung, daß wir mehr Wohnungsbau brauchen. Nun war in Berlin
dasNiveau im Vergleich mildem übrigen Bundesgebiet schon
recht hoch - übernommen aus sozial-liberaler Regierungszeit
-, und deswegen konnte man sagen, daß diese Mittel in die
allgemeinen Programme fließen. Aber grundsätzlich ist das
Geld für den Neubau. Wenn Sie sagen: Na gut, das geht alles in
einen Haushaltstopf! - dann haben Sie natürlich auch recht,
aber tun Sie nicht so, als könnten Sie erst jetzt mit der
Fehlsubventionierungsabgabe Mietobergrenzen finanzieren
- dem ist nicht so. Im übrigen - und das wissen Sie auch - ist
diese Mietobergrenzenregelung von Senator Ristock erfun
den worden; seit seiner Amtszeit gibt es Mietobergrenzen,
und Sie haben bei Ihren Regelungen - genau genommen -
diese fortgeschrieben, auch auf unsere Forderungen hin.
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