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Volume Nr. 75, 11. Oktober 1984

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1984/85, 9. Wahlperiode, Band V, 71.-86. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 9. Wahlperiode 
75. Sitzung vom 11. Oktober 1984 
Wachsmuth 
sagen — nicht nur in der Ost- und in der internationalen 
Politik. — Vielen Dank! 
[Beifall bei der CDU und der F.D.P.] 
Stellv. Präsident Longolius: Weitere Wortmeldungen se 
he ich nicht. Wer der Beschlußempfehlung des Ausschus 
ses seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich 
um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — 
Bei einigen Enthaltungen so beschlossen. 
Lfd. Nr. 18, Drucksache 9/2108: 
Antrag der Fraktion der SPD über Umbenennung 
von Straßen Berlins 
Wird das Wort in der Beratung gewünscht? — Das ist 
nicht der Fall. Der Ältestenrat empfiehlt, den Antrag an 
den Ausschuß für Bau- und Wohnungswesen zu überwei 
sen. Wenn Sie dem folgen wollen, dann bitte ich um Ihr 
Handzeichen! — Danke! So beschlossen. 
Auf Wunsch der antragstellenden Fraktion soll die lfd. 
Nr. 19, Drucksache 9/2113, vertagt werden. Kein Wider 
spruch? — Dann ist das so beschlossen. 
Bevor ich jetzt den nächsten Tagesordnungspunkt auf- 
rufe, möchte ich fragen, ob der Dringlichkeit des Antrages 
der Fraktion der F.D.P. und der Fraktion der CDU über 
namentliche Kennzeichnung von Kontaktbereichsbeamten 
in Berlin widersprochen wird. — Das ist nicht der Fall. Ich 
rufe dann auf 
lfd. Nr. 20, Drucksache 9/2115: 
Antrag der Fraktion der AL über Kennzeichnung 
von Polizeibeamten in Berlin 
und den 
dringlichen 
Antrag der Fraktion der F.D.P. und der Fraktion der 
CDU über namentliche Kennzeichnung von Kon 
taktbereichsbeamten in Berlin, Drucksache 9/2162 
Das Wort in der Beratung hat der Kollege Kunzeimann. 
Kunzelmann (AL) (in antiker Polizeiuniform mit Zylin 
der und Kenn-Nummer): Herr Präsident! Meine Damen 
und Herren! Als Mitglied der Berliner Schutzmannschaft 
von 1850 unterbreite ich den Antrag der mir bisher unbe 
kannten Alternativen Liste, anscheinend aufgrund des 
vorliegenden Antrages eine zutiefst republikanische 
Organisation. 
Ich bin auch unserem Polizeipräsidenten Karl Ludwig 
Friedrich von Hinckeldey sehr dankbar, daß er trotz sei 
ner stockkonservativen Gesinnung an dieser Errungen 
schaft, nämlich an der Kennzeichnung unserer Schutz 
mannschaft, einer sehr unpreußischen Schutzmannschaft 
— wir sind ja die letzten, die die Revolution von 1848 ver 
teidigen —, daß also unser Polizeipräsident Karl Ludwig 
Friedrich von Hinckeldey den Antrag der Alternativen 
Liste unterstützt. 
[Röseler (CDU): Karneval ist doch noch nicht!] 
An vielen Punkten habe ich als Berliner Schutzmann 
hier große Probleme mit unserem Chef Karl Ludwig 
Friedrich von Hinckeldey, denn er ist unbestritten ein 
preußischer Demokratenfresser, er vertrieb Karl Marx, 
Jacoby und all die anderen 48er aus Preußen. Er ist vehe 
ment gegen alle bürgerlich-demokratischen Rechte in 
Preußen. Aber — und das möchte ich hier vor diesem 
Hause festhalten — er ist gegen die Auflösung der Schutz 
mannschaft, was sowohl der Zar in Petersburg als auch 
die Reaktion in Preußen mit dem König, dem bekannten 
Kleinlicht Friedrich Wilhelm IV., fordern. 
Unser stockkonservativer Polizeipräsident Hinckeldey 
scheut sich ja auch nicht davor, dem preußischen Militär 
den offenen Krieg zu erklären. Wer hätte es vor 1848 
gewagt, Offiziere aus Potsdam auf den Bahnhöfen von 
Berlin zu kontrollieren? — Ja letzte Woche haben zwei 
meiner Kollegen, zwei Schutzmänner der Berliner Schutz 
mannschaft, im Herrenhaus des Junkers von Rochow so 
gar einen Spielsalon ausgehoben. Ich möchte Ihnen 
meine persönliche Auffassung dazu sagen; Ich glaube, da 
hat sich unser Polizeipräsident von Hinckeldey etwas zu 
weit vorgewagt, denn ein Herrenhaus in Preußen zu 
nächtlicher Stunde zu durchsuchen, das ist in der Tat 
eine fast revolutionäre Aktion. 
Daraus geht aber hervor, daß Karl Ludwig Friedrich von 
Hinckeldey genau weiß, was er will. Und dies wissen auch 
die Bürger in dieser Stadt. Immerhin hat er den Berlinern 
fließendes Wasser gebracht. Daß in Berlin fiießendes 
Wasser existiert, haben wir diesem Polizeipräsidenten 
durch seinen Vertrag von 1852 mit zwei englischen In 
strukteuren zu verdanken. Er hat die modernste Feuer 
wehr Europas aufgebaut, und er hält an der 48er Errun 
genschaft der Kennzeichnung der Berliner Schutzmann 
schaft unbestritten gegen den König und die Reaktion 
fest. 
[Beifall bei der AL] 
Stellv. Präsident Longolius: Gestatten Sie eine Zwi 
schenfrage? 
Kunzelmann (AL); Bitte sehr! 
Stellv. Präsident Longolius: Bitte sehr, Herr Striek, Sie 
haben das Wort. 
Striek (SPD): Herr Kollege Kunzelmann, bemerken Sie, 
daß Sie im Augenblick etwas am Kopfe haben? 
[Heiterkeit bei der SPD und der CDU] 
Kunzelmann (AL); Ich dachte, Herr Kollege Striek, da 
ja Ihre Partei sich häufig auf die 48er beruft, Sie könnten 
eine sachkundigere Zwischenfrage stellen. 
[Beifall bei der AL] 
Unser Chef Karl Ludwig Friedrich von Hinckeldey ist 
ausgesprochen schlau. Sein Kontrakt mit dem Buchdrucker 
Litfaß ist unter unseren Kollegen echt begrüßt worden, 
denn um das wilde Plakatieren in dieser Stadt endlich zu 
verhindern, darf jetzt nur noch an diese Säulen des Buch 
druckers Litfaß geklebt werden. Ausgesprochen schlauer 
Schachzug! 
Und uns Schutzmänner will er zum starken Arm der 
preußischen Exekutive machen. Und er will es besser 
machen als all die 48er. Wie schrieb er doch kürzlich an 
den Ministerpräsidenten Bodo von Manteuffel? Ich zitiere: 
„Ich habe viel von diesen Demokraten gelernt. Es muß 
dahin gestrebt werden, daß sie ihren Einfluß vollkom 
men dadurch verlieren, daß die Polizei bessere Dinge 
bringt.“
	        
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